China-GP-Sieger Daniel Ricciardo: «Ich hatte Zweifel»

Von Mathias Brunner
Klar durfte das Rennstiefel-Schlürfen nicht fehlen

Klar durfte das Rennstiefel-Schlürfen nicht fehlen

​Daniel Ricciardo (28) hat in Shanghai beste Werbung in eigener Sache gemacht: Der Australier ist für 2019 ohne Vertrag. Nach dem Rennen gab der Australier zu: Er hatte Zweifel an der Strategie von Red Bull Racing.

Im Anschluss an den Grossen Preis von Bahrain gab es Kritik für Mercedes-Fahrer Valtteri Bottas. Viele Fans fanden: Die Attacke gegen Leader Sebastian Vettel kurz vor der karierten Flagge, das war eher ein Angriffchen als etwas Ernsthaftes.

Daniel Ricciardo erlebte das alles vor einer Woche im Hotelzimmer in Bahrain, denn sein Wagen war schon kurz nach dem Start stehengeblieben. Im Fahrerlager des Shanghai International Circuit sagte der Australier: «Also ich hätt’s wenigstens versucht, mir Vettel zu kaufen. Ich meine, wir reden hier von der letzten Runde, da musst du doch alles probieren. Ich sah mir das an und brüllte im Hotelzimmer: “Greif an! Los, los, los, los!“ Das wollen doch die Fans sehen. Aber es passierte nicht.»

Den Mund vollnehmen, das kann jeder. Taten folgen lassen, ist ein wenig schwieriger. Wenn jedenfalls Mercedes einen Piloten suchen würde, der wirklich attackieren kann, dann sollten sich Toto Wolff und Niki Lauda den China-GP nochmals in Ruhe ansehen: Daniel Ricciardo zeigte ein wunderschönes Manöver nach dem anderen, einige davon wie aus dem Formel-1-Lehrbuch, andere suchen wir darin vergeblich. Denn Ricciardo schafft es immer wieder, von so weit hinten Schwung zu holen und sich auf Gegner zu werfen, dass die meisten Rivalen überrumpelt werden. So auch in China.

Sky-GP-Experte Martin Brundle: «Nach solch einem Rennen kommst du zum Schluss – Ricciardo ist der beste Angreifer der Formel 1. Ich staune immer wieder, von wie weit hinten er einen Angriff beginnt, und doch schafft er es nicht nur um die folgende Kurve, sondern auch am Gegner vorbei, das alles wohlgemerkt ohne Kollision. Seine Manöver sind Sonderklasse und ein wahrer Leckerbissen zum Anschauen.»

Ricciardo nach seiner phantastischen Darbietung: «Unser Speed auf weichen Reifen war nicht von dieser Welt. Als wir in der Safety-Car-Phase sofort neue Walzen ausfassten, war ich nicht ehrlich gesagt davon überzeugt, dass diese Pirelli bis zum Schluss halten würden.»

Aber dann zeigte sich ein Phänomen, das wir schon im Wintertest beobachten konnten und das entscheidend für weitere Siege von Red Bull Racing 2018 sein wird: Das RBR-Chassis geht mit den Reifen sanfter um als die Autos von Ferrari und Mercedes.

Daniel: «Als mir im Wagen klarwurde, welch tolles Tempo wir fahren können, sagte ich mir – diese Chance lass ich mir nicht entgehen! Es ist schon seltsam: All meine Siege scheinen auf leicht verrückte Art und Weise zustandezukommen. Vor allem bin ich happy, wie sich die Arbeit der Mechaniker bezahlt gemacht hat. Nach dem Motorproblem im dritten freien Training ist es nur ihnen zu danken, dass ich überhaupt noch in die Qualifikation gehen konnte. Dieser Sieg ist ihr Sieg.»

Und was ist nun mit dem Vertrag für 2019? Daniel lacht: «Schaden kann ein Sieg sicher nicht. Aber die ersten Rennen einer Saison sind oft turbulent, sobald wir nach Europa kommen, normalisiert sich das ein wenig. Bislang war das ein Hin und Her zwischen Ferrari, Mercedes und uns. Jedes Team hatte Momente, in welchen sie glänzen konnten. Ich finde das hochspannend, so soll das für die Fans sein.»

Mit seinem Sieg hat sich Ricciardo auf Rang 4 im WM-Zwischenklassement vorgearbeitet, mit 37 Punkten liegt er hinter WM-Leader Sebstian (54), Lewis Hamilton (45) und Valtteri Bottas (40), hinter dem Australier folgen Kimi Räikkönen (30), Fernando Alonso und Nico Hülkenberg (je 22) sowie Max Verstappen (18).

Einer der Gründe, warum Daniel Ricciardo so viele Sympathien geniesst: Er fährt bärenstarke Rennen, aber er stellt seine Teamgefährten in den Vordergrund. Der Australier bescheiden: «Ohne die schnellen Hände meiner Jungs im Training hätte ich nicht gewonnen. Ohne das kluge Vorgehen in der Safety-Car-Phase hätte ich nicht gewonnen. Das war eine mutige Entscheidung und die siegbringende. Dann musste ich nur noch den Rest auf der Rennstrecke erledigen.»

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