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Mercedes: Wie die Hamilton-WM-Party in die Hose ging

Von Mathias Brunner
Da hatte Lewis Hamilton noch Spass am Austin-GP-Wochenende

Da hatte Lewis Hamilton noch Spass am Austin-GP-Wochenende

​Alle gingen nach der Pole-Position von Lewis Hamilton in Austin davon aus: Der Engländer würde in Texas locker seinen fünften Titel einfahren. Das ist nicht passiert, und das hat ganz verschiedene Gründe.

Nach dem Grossen Preis der USA erkannten wir bei Mercedes-Benz einige fassungslose Gesichter: Wie konnte es passieren, dass Lewis Hamilton nach seiner Pole-Position nur Dritter werden konnte; wieso musste die WM-Party des Engländers verschoben werden?

Auf den ersten Blick schien die Antwort zu lauten: falsche Rennstrategie. Aber so simpel ist das nicht. Mercedes wäre nicht Mercedes, würde die Texas-Niederlage einfach hingenommen. Fast mit Fallen der Zielflagge in Austin begann bei den Dauer-Weltmeistern die Analyse. Die Silbernen haben nicht so viele GP-Siege und WM-Titel eingefahren, hätten sie aus den spärlichen Niederlagen nichts gelernt.

«Es gab jede Menge, die wir in diesem Rennen besser hätten machen können», wusste der bisherige und bald neue Weltmeister Lewis Hamilton nach der Besprechung mit seinen Ingenieuren. Wir haben auf verschiedenen Ebenen nicht optimal gearbeitet, und das Resultat hat nicht schön ausgesehen. Die Dinge sind ein wenig gegen uns gelaufen, doch wir haben bereits einige Erklärungen, die durchaus Sinn machen. Das liegt nicht alleine an der Strategie. Das liegt am Speed, der uns abhandengekommen ist, und wir glauben, dass wir den Gründen dicht auf den Fersen sind.»

Die moderne Formel 1 ist unfassbar komplex – mit Rennwagen, die hochsensibel auf geringste Veränderungen der Aussen- oder Pistentemperatur reagieren. Schon wenige Grad können das Reifenmanagement auf den Kopf stellen. Einfach gesagt: Der Silberpfeil war schnell bei eher kühlem Wetter in der Quali, der Wagen war nicht mehr so schnell bei wärmerem Wetter im Rennen. Teamchef Toto Wolff hat mal gewitzelt: «Das Auto ist halt ein Engländer.»

Aber ernsthaft: Der Unterschied zwischen Samstag und Sonntag war zunächst mal das Wetter. Zehn Grad Unterschied sind kein Pappenstiel. Die Pirelli-Techniker witterten Ungemach und verlangten, dass die Reifendrücke nach oben korrigiert werden. Valtteri Bottas sagt: «Das Auto hat sich auf Reifen mit höherem Druck anderes angefühlt als bei den Dauerläufen im letzten freien Training. Wenn Pirelli so etwas macht, dann ist das für alle gleich, in der Theorie jedenfalls. Aber Fakt ist, dass die Autos anders auf so etwas reagieren.»

Wärmeres Wetter und höhere Reifendrücke, das begünstigt, dass die Walzen überhitzen und Blasen werfen – was am (gelb markierten) weichen Pirelli deutlich zu erkennen war. Der Reifen baute nicht gleich ab als die weicheren Mischungen superweich und ultraweich, denn die Hitze wurde eher gespeichert.

Ein weiterer Punkt: Mercedes schien in Texas mit steiler gestellten Flügeln zu fahren als Ferrari und Red Bull Racing. Das zeigte sich auch bei den Topspeed-Messungen. Steilere Flügel, das ist prima in den Kurven, aber es erhöht die Last auf die Reifen noch mehr. Es half Hamilton auch nicht, in den Luftturbulenzen hinter dem Ferrari von Kimi Räikkönen fahren zu müssen.

«Das alles kam unerwartet», gibt Mercedes-Teamchef Toto Wolff zu. «Als wir sahen, dass sich die weichen Pirelli nicht wie erwartet verhalten, ahnten wir, dass wir in Schwierigkeiten stecken.»

Mindestens aus psychologischer Sicht half es wenig, dass die Silberpfeile vor dem Rennen zerlegt werden mussten – wegen Schwierigkeiten mit der Wasserpumpe. Ob Mercedes mit einer gewissen Sicherheitsmarge fuhr, wird nicht verraten.

Hamilton verrät hingegen: «Ich muss über Trümmerteile gefahren sein, denn der Unterboden war beschädigt. Es kam irgendwie alles zusammen. Bei einem ramponierten Boden kannst du dir schnell mal ein paar Zehntelsekunden pro Runde abschminken.»

Leicht verwirrend: Bottas fuhr eine Einstopp-Strategie und sagte nachher, ein Zweistopper wäre wohl besser gewesen. Hamilton fuhr eine Zweistopp-Strategie und hätte einen Einstopper bevorzugt. Unterm Strich waren beide Autos zu langsam als mehr herauszuholen als die Ränge 3 (Hamilton) und 5 (Bottas).

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