Umstrittenes Veto-Recht Ferrari: Widerstand wächst

Von Mathias Brunner
Ferrari bekommt in der Formel 1 eine Extrawurst gebraten

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​Es ist eine von vielen Merkwürdigkeiten im komplizierten Reglement der Formel 1: Ferrari kann Änderungen des Reglements via Veto-Recht abwürgen. Der Widerstand gegen das umstrittene Recht wächst.

Diese Frage taucht immer wieder auf: Stimmt es wirklich, dass Ferrari ein Veto-Recht besitzt, um allfällige Änderungen im Reglement abzuwürgen, sofern die dem berühmten Sport- und Rennwagenhersteller nicht genehm sind?

Im November 2015 erklärte der frühere Ferrari-Rennchef und heutige FIA-Präsident Jean Todt in einer Medienrunde im Rahmen des Mexiko-GP: «Das Veto-Recht von Ferrari geht auf die 80er Jahre zurück, als das so genannte Concorde-Abkommen entstand (gewissermassen die Formel-1-Verfassung, welche die sportlichen und finanziellen Verbindungen zwischen FIA, Formula One Management und den Rennställen regelt, die Red.). Enzo Ferrari fühlte sich in Maranello gegen die ganzen englischen Teams isoliert. Keiner sollte überdies vergessen, dass Ferrari damals das einzige Team war, welches das komplette Auto selber gebaut hat. Ferrari forderte eine Art Schutz. Die FIA hat ihm dies zugesichert. Seither ist dieses Veto-Recht immer aufrechterhalten worden. Als ich dann Präsident wurde, habe ich zur Frage gestellt, ob das noch zeitgemäss sei. Serien-Promoter Bernie Ecclestone war dafür, dass Ferrari dieses Recht behält. Und die anderen Teams haben zugestimmt.»

Das Veto-Recht von Ferrari gegen Formel-1-Änderungen war ein derart gut gehütetes Geheimnis, dass selbst der damalige Teamchef Ross Brawn erst nach Jahren bei der Scuderia davon erfahren hat!

Erst Ende 2005 – acht Jahre nach seinem Stellenantritt in Maranello – erfuhr er von diesem Privileg, wie er in seinem Buch «Total Competition» erklärt. Darin erzählt Brawn, dass er jahrlang nichts vom Veto-Recht wusste, als er etwa gegen eine Regeländerung ankämpfte, die keine Reifenwechsel während der Rennen mehr erlaubte. Brawn war überzeugt, dass diese Anpassung nur vorgenommen werden sollte, um die Ferrari-Bridgestone-Dominanz von Michael Schumacher zu brechen. «Ich wusste damals nicht, dass wir ein Vetorecht hatten. Wir haben nie Gebrauch davon gemacht, und ich glaube nicht, dass Jean Todt das jemals in Erwägung gezogen hat – denn wir wussten, dass es im Kern falsch war.»

Todt hat das Vorgehen von Ferrari nicht vergessen, wie er in seiner Mexiko-Runde betonte: «Ein Veto-Recht ist wie eine Schusswaffe. Man sollte sehr vorsichtig damit sein, wie man sie einsetzt.»

Seither wächst der Widerstand. Bei einer FIA-Runde verschiedener Teamchefs in Monte Carlo sagt Claire Williams: «Um ehrlich zu sein, ist dieses Veto-Recht nur albern. Ich finde ohnehin, dass unser Sport viel zu diplomatisch geworden ist. Die Formel 1 und die FIA sollten das Reglement viel vehementer an sich reissen. Das Prinzip der Kollegialität funktioniert nicht, wenn Rennställe mitreden, welche alle nur die eigenen Vorteile im Auge haben. Wenn du die DNA der Formel 1 schützen willst, klappt das per Komitee nicht.»

Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner findet das Veto-Recht «ziemlich verstaubt. Wenn wir schon ein frisches Reglement machen, dann könnten wir auch gleiches Recht für alle einführen.»

Renault-Teamchef Cyril Abiteboul: «Jeder von uns versteht die besondere Rolle von Ferrari in diesem Sport. Das soll bei kommerziellen Abkommen durchaus berücksichtigt werden, aber vielleicht nicht, wenn es ums Reglement geht. Ich halte es nicht gut, wenn Fortschritt einseitig blockiert werden kann.»

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