Neues Rätsel Racing-Raritäten: Alles ganz anders

Von Mathias Brunner
​​​​​​​​​​Unser Rätsel «Racing-Raritäten» zeigt einen Rennwagen, bei dem sich viele Fans verwundert die Augen rieben. Wer flitzt hier um die Kurve? Wo und wann ist das Bild geschossen worden?

Aus dem Archiv unserer Partner der britischen Foto-Agentur LAT stellen wir bekanntlich jede Woche ein kleines Stück Motorsporthistorie vor. Das Vorgehen ist kinderleicht – sagen Sie uns, wer zu erkennen ist, wo und wann das Bild entstand (Beispiel: Jo Siffert, Monza, 1970) und gewinnen Sie mit etwas Glück einen kleinen Preis. Bitte Namen, Adresse, Geburtsjahr und Telefonnummer nicht vergessen. Schicken Sie Ihre Lösung an: mathias.brunner@speedweek.com. Einsendeschluss ist jeweils Sonntag der laufenden Woche, 24.00 Uhr.

Die richtige Lösung vom letzten Mal: Der Neuseeländer Denny Hulme fährt mit seinem McLaren M7A-Ford zum Sieg beim Grossen Preis von Kanada 1968, wir befinden uns auf dem Circuit Mont-Tremblant in der Provinz Québec.

Das Rennen führte damals über 90 Runden und dauerte fast zweieinhalb Stunden. Die Abstände waren enorm: Nur Sieger Hulme absolvierte die komplette Distanz, sein Stallgefährte und Firmengründer Bruce McLaren kam eine Runde zurück auf Platz 2, Dritter wurde BRM-Fahrer Pedro Rodríguez mit 88 Runden. Gewertet wurden nur noch Graham Hill als Vierter, Vic Elford als Fünfter (beide vier Runden zurück) und Jackie Stewart als Sechster (sieben Runden zurück).

Ferrari-Fahrer Chris Amon traf wieder mal das übliche Pech, in der 73. Runde wurde er von seinem Getriebe im Stich gelassen. Andere Fahrer, die führten oder auf Podestkurs waren, jedoch ausschieden oder zurückfielen: Dan Gurney mit gebrochenem Kühler, Jo Siffert wegen Öllecks, Jochen Rindt wegen Motorschadens, Graham Hill wegen Vibrationen, Johnny Servoz-Gavin wegen Drehers.

Der Grosse Preis von Kanada wurde zwei Mal in Mont-Tremblant ausgetragen, 1968 und 1970 (Ferrari-Doppelsieg, Jacky Ickx vor Clay Regazzoni). Heute befindet sich die Strecke im Besitz von Racing-Point-Teilhaber Lawrence Stroll, dem Vater des Formel-1-Piloten Lance Stroll. Der WM-Lauf in Québec verbreitete Camping-Charakter wie das Rennen auf dem Nürburgring, im Herbst verfärbten sich die ganzen Bäume so prachtvoll wie in Watkins Glen.

Der Neuseeländer Denny Hulme war ungefähr das Gegenteil eines redseligen Selbstverkäufers. Öffentliche Auftritte waren für ihn furchtbar, er war ein Mann des Leitsatzes «Lasst Taten sprechen». Der Formel-1-Weltmeister von 1967 wurde Bär genannt, weil er mit aufdringlichen Zeitgenossen recht ruppig werden konnte und am liebsten seine Ruhe hatte. «The Bear» passte auch gut zu seinem Körperbau, es brauchte schon einiges, um einen CanAm-McLaren so schnell wie er um die Ecken zu wuchten. Als Jody Scheckter 1973 zu McLaren kam, passte das wunderbar – der junge Südafrikaner war vergleichbar grummelig. Worauf ihm die Presse glatt den Spitznamen «Baby Bear» verpasste.

In der nordamerikanischen CanAm-Serie mit den grossvolumigen Sportwagen war Denny kaum zu schlagen – 22 Siege in 52 Rennen! Er und Bruce McLaren waren so überlegen, dass ihre Darbietungen in den Papaya-farbenen Rennern «The Bruce & Denny Show» genannt wurde.

1966 wurde Hulme von Ford um den Gesamtsieg in Le Mans gebracht. Firmenchef Henry Ford II wollte ein Fotofinish seiner tollen GT40-Rennwagen sehen, doch die französischen Organisatoren schenkten Bruce McLaren und Chris Amon den Sieg, weil die das Rennen von weiter hinten aufgenommen hatten. Hulme und Ken Miles gingen leer aus.

Hulme begann seine Karriere mit seriennahen Sportwagen, ein Förderprogramm in Neuseeland spülte ihn nach Europa. Legendär, wie er seine Formel-Junior-Renner bisweilen barfuss zu fahren pflegte (nein, wirklich). Seine Erklärung: «Ich habe auf diese Weise ein besseres Gefühl für das Pedal.»

1964 hatte sich Hulme bereits in die Formel 2 hochgearbeitet, im Team von Jack Brabham. Für Brabham gab er auch sein Formel-1-Debüt, in Monaco 1965. Zwei Jahre später war er Weltmeister, vor seinem Chef. 1968 wechselte er in den Rennstall seines Freundes und Landsmannes Bruce McLaren.

Zwei Jahre lang schon setzte Bruce McLaren in der Formel 1 Autos mit eigenem Namen ein, doch die Rennwagen wurden von Kinderkrankheiten geplagt – 1966 und 1967 wurde der Neuseeländer jeweils WM-14. 1968 sollte alles besser werden.

Das neue Modell M7A (nach einem Entwurf von Robin Herd, ausgeführt von dessen Nachfolger Gordon Coppuck) wurde im Frühling präsentiert und debütierte am 17. März beim nicht zur WM zählenden Formel-1-Rennen in Brands Hatch, dem Race of Champions: Die Wagen in Papaya-Orange von Bruce McLaren und Denny Hulme schlugen ein wie der Blitz – Bruce gewann von Pole aus.

Tyler Alexander, langjähriger Wegbegleiter von Bruce McLaren, im Januar 2016 verstorben, erinnerte sich: «Ich weiss nicht mehr, was wir nach dem Lauf in Brands an den Autos machen mussten, aber es muss aufwändig gewesen sein. Ich weiss jedenfalls noch, dass ich bei der Fahrt zum folgenden Rennen in Silverstone, der BRDC International Trophy, selig im Rennwagen schlief, während der Lastwagen mit der kostbaren Fracht Richtung Northamptonshire rumpelte ...» In Silverstone lief es noch besser: Doppelsieg, Denny Hulme vor Bruce McLaren.

Zeitsprung nach Spa-Francorchamps, damals dritter Lauf zur Formel-1-WM 1968. Tyler Alexander erzählte weiter: «Denny fuhr stark, dann aber gab es Probleme mit der Halbwelle. Bruce war solide unterwegs, vor allem aber lief sein Wagen standfest, und so fand er sich kurz vor Schluss auf Rang 2 wieder. Zu Beginn der letzten Runde dann helle Aufregung – Leader Jackie Stewart brachte seinen Matra für ein paar Liter Sprit an die Box. Ich zeigte bei McLaren damals die Boxentafeln. In der Runde zuvor hatte Bruce den Mexikaner Pedro Rodríguez im Nacken. Mir blieb keine Zeit, um Bruce ein «P1» für Platz 1 auf die Tafel zu stecken, da kam er auch schon angebraust. Ich wies ihm mit dem Zeigefinger auf die Strecke, keine Ahnung, wieso ich das machte, aber mir fiel nichts Besseres ein. Als Bruce über die Ziellinie fuhr, hatte er mit anderen Worten nicht den geringsten Schimmer, dass er in Führung lag.»

Bruce McLaren erinnerte sich später in seiner internationalen Kolumne (geschrieben von einem anderen seiner Wegbegleiter, dem Journalisten Eoin Young) an diesen Moment: «Ich zischte über die Linie, dabei winkte ich dem Mann mit der karierten Flagge kurz zu. Dann fuhr ich hinten an der Box durch, um den Wagen beim Renntransporter zu parken. Ich dachte: Rang 2 in Belgien, gar nicht mal übel. Vor allem nicht, weil ich in Spanien ausgefallen war und mir in Monaco einen Dreher geleistet und das Auto zerknüllt hatte. Hinter unserer Box waren so viele Leute, dass ich nicht mehr weiterkam. Ich wunderte mich ein wenig über den Rummel.»

«Der erste Mann, der an meinem Wagen war – Cyril Atkins, ein BRM-Mechaniker. Er faselte etwas von Boxenstopp und Stewart und seinem Piloten Rodríguez, und er seufzte: ‘Was für ein Finale!’ Als er mein reichlich ratloses Gesicht sah, dämmerte ihm langsam etwas. ‘Du bist die Nummer 1’, grinste er. Ich dachte nur – wovon spricht der Kerl? Ich fahre doch mit Startnummer 5. Da brüllte Atkins: ‘Du hast gewonnen, Bruce! Weisst du das denn nicht?’ Ich hatte es wirklich nicht gewusst, und selten habe ich süssere Wort vernommen.»

Hulme gewann für McLaren 1968 in Italien und Kanada, 1969 in Mexiko, 1972 in Südafrika, 1973 in Schweden, 1974 in Argentinien. Als er 1974 in Kyalami am brennenden Wrack seines früheren McLaren-Stallgefährten Peter Revson stand, schwor er sich, Ende 1974 den Helm an den Nagel zu hängen. Und das tat er auch.

Mitte der 80er Jahre setzte er sich den Helm allerdings wieder auf, um Tourenwagenrennen zu fahren. Am 4. Oktober 1992 rollte sein BMW M3 bei einem Rennen auf dem grandiosen Mount Panorama Circuit von Bathurst langsam zu Seite. Als Streckenposten zum Wagen kamen, fanden sie Hulme leblos im Cockpit. Er hatte einen Herzanfall erlitten. Denis Clive «Denny» Hulme wurde 56 Jahre alt.

Zum neuen Rätsel ein kleiner Tipp: Als der abgebildete Rennwagen in diesen Farben auftauchte, gingen die Brauen hoch – huch, was war denn nun passiert? Wieso diese Lackierung? Auf einmal schien alles anders zu sein.

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