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Ferrari ohne Führung: Ciao, Sergio Marchionne
​Die Nachricht erschütterte die Autowelt: Am 25. Juli wurde bekannt, dass Fiat/Chrysler-Geschäftsleiter und Ferrari-Präsident Sergio Marchionne verstorben ist. Erinnerungen an den charismatischen Autokonzernchef.
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Traurige Nachricht am 25. Juli 2018: Der frühere Ferrari-Präsident Sergio Marchionne verstarb im Zürcher Universitätsspital. Der Fiat-Sanierer wurde 66 Jahre alt. Zunächst war von einer Operation an der Schulter die Rede, doch bald schon wurde im italienischen Blätterwald offen über eine schwere Krebserkrankung des Italo-Kanadiers spekuliert.
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Monate zuvor hatte Marchionne beim Weihnachts-Mittagessen von Ferrari keine Kerzchen angekündet, sondern gleich den ganzen Baum: Er hatte klargemacht, dass er von seinem Team mehr erwartet ("Rang 2 ist kein schönes Ergebnis"). Und beim Thema Formel-1-Reglement kam der damalige Fiat/Chrysler-CEO richtig in Fahrt: "In einer idealen Welt würde ich mir die Formel 1 so vorstellen – wir haben einen Satz Reifen und Vorgaben beim Motor, und alles Andere würde ich freigeben." Seine Worte haben noch heute Sprengkraft, sie sind aus verschiedenen Perspektiven beängstigend aktuell, daher möchte ich ihn gerne zitieren. Marchionne damals: "Wenn wir heute einen Fahrzeugbereich um einen Millimeter zu breit gestalten, dann gibt’s was auf die Ohren. So ist es doch unmöglich, ein kreatives Auto herzustellen! Am liebsten wäre mir, wir würden die ganzen Regeln aus dem Fenster werfen. Ich würde alles komplett freigeben, dann würden wir sehen, wozu die Techniker fähig wären. DAS wäre eine Herausforderung." "Aber nein, stattdessen haben wir Vorschläge, welche dazu führen, dass alle Fahrzeuge früher oder später gleich sind. Am Ende unterscheiden sie sich nur noch durch die Farbe. Wenn das die Formel 1 der Zukunft sein soll, dann ist Ferrari innerhalb von drei Sekunden raus. Ich finde es wichtig, dass die Ingenieure ohne Fesseln arbeiten können. Doch wir haben das im Laufe der Jahre mehr und mehr eingeschränkt, auch bei der Aerodynamik." Der Spitzenmanager mit kanadischem und italienischem Pass hatte in den Monaten zuvor wiederholt gedroht: Wenn Ferrari nicht bekommt, was Ferrari will, dann ist Ferrari weg. In Marchionnesisch hatte sich das so angehört: "Wenn sich der Sport in die richtige Richtung entwickelt, dann sind wir offen, über alles zu reden. Aber wenn aus dem Sport eine Art Supermarkt werden soll, dann interessiert mich das nicht die Bohne." "Die Formel 1 gehört fest zur Geschichte von Ferrari. Und ich werde alles tun, um die Position von Ferrari im Sport zu schützen und zu wahren. Aber wir bleiben nicht um jeden Preis und auch nicht aus rein geschäftlichen Gründen. Die Formel 1 hat etwas Edles, etwas Nobles, das ist kein Sport wie jeder andere, wir wollen das bewahren helfen, und es sollte hier nicht nur rein ums Geschäft gehen." McLaren-CEO Zak Brown: "Sergio Marchionne hat für Fiat Unfassbares geleistet. Er war immer der eher unverblümte Typ, und er hat sich für Ferrari vehement ins Zeug gelegt." Bis hin zur Drohung, die Formel 1 zu verlassen. Schlagzeilen-trächtiges Säbelgerassel von Ferrari ist nichts Neues. Designer Gustav Brunner hat in den 80er Jahren für Ferrari ein IndyCar gebaut, weil die Italiener dem GP-Sport den Rücken wenden und sich neu orientieren wollten. Was nicht passiert ist. Der elegante Wagen steht im Museum, bei einem Rennen ist er nie eingesetzt worden. Der grosse Enzo Ferrari hat immer wieder mit Ausstieg gedroht, ab und an hat er die Rennwagen zuhause gelassen oder in einer anderen Farbe als Rot lackiert. Aber Ferrari ist der Formel 1 immer treu geblieben. Tenor im Internet, von Fans und Fachleuten zugleich: Ferrari wäre komplett verrückt, die Formel 1 zu verlassen. Denn Ferrari braucht die Formel 1 genau so wie die Formel 1 Ferrari braucht. Mit Lancia feierte Cesare Fiorio tolle Erfolge in der Rallye-WM: Mitte der 60er Jahre baute der Turiner eine Abteilung auf, die in den 70er Jahren zur vollen Blüte kam. Unter der Leitung von Fiorio gewannen Lancia und Fiat sieben WM-Titel. Cesare Forio war auch für das Sportprotoypenprogramm von Lancia verantwortlich. 1989 berief ihn Fiat auf den Posten des Ferrari-Rennchefs. Doch der Turiner geriet zwischen die Fronten der GP-Stars Nigel Mansell und Alain Prost. Ende 1990 ging der Brite, von den Machtspielen des Franzosen zermürbt, und wurde durch den jungen Jean Alesi ersetzt. Prost verlor den Titel 1990, und nach dem Ausfall beider Ferrari-Fahrer in Imola 1991 wurde Rennleiter Fiorio entlassen. Fiorio hat auch als 79-Jähriger den Kontakt zum Motorsport nie verloren und war deshalb immer wieder als Formel-1-Experte in den italienischen Medien präsent. So trat er etwa als Rennexperte für den Staatssender RAI auf. Fiorio nach dem Erbeben bei Ferrari, als Teamchef Maurizio Arrivabene keinen neuen Vertrag mehr erhielt und Mattia Binotto zum neuen Ferrari-Steuermann aufstieg: "Als Marchionne noch die Hand am Formel-1-Projekt hatte, entwickelten sich die Ergebnisse vorteilhaft. Aber Arrivabene hatte keine Rennerfahrung, er kam aus der Werbung, vielleicht hat ihm das letztlich gefehlt. Unter Marchionne konnte der Abstand zu Mercedes begrenzt werden, das Auto hat sich dem Silberpfeil bedrohlich genähert, und das ist das Verdienst von Binotto. Als wir Marchionne verloren haben, schien Ferrari keine Führung mehr zu haben." Ferrari hat sich am Todestag des früheren Präsidenten simpel verabschiedet: Ciao Sergio.
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