Brasilien-GP São Paulo: Wurzeln in der Schweiz
Die Formel 1 ist vom Grand Prix der USA über den WM-Lauf von Mexiko also weiter zum Traditions-GP von Brasilien gezogen, nicht wahr? Nein, eigentlich nicht wahr. Denn, von den meisten Fans und Fachleuten ignoriert, handelt es sich beim kommenden Rennen um den Grossen Preis von São Paulo.
2023 wurde eine Vertragsverlängerung bestätigt zwischen Formula One Management, der FIA und den Organisatoren des Traditions-GP im Stadtteil Interlagos. Aufgrund der finanziellen Unterstützung der Stadt und des Bundesstaates São Paulo wurde beschlossen, dass der Grand Prix nicht mehr nach Brasilien benannt wird. Das Abkommen gilt bis einschliesslich Ausgabe 2030.
Die Beteiligung der Stadt beträgt umgerechnet 19 Millionen Euro, die Höhe der Beteiligung des Bundesstaates ist nie kommuniziert worden.
Der Grosse Preis von Brasilien findet im Rahmen der Formel-1-WM seit 1973 statt (1972 war eine Hauptprobe ohne WM-Status), die ersten fünf WM-Läufe sowie die Rennen von 1979 und 1980 gingen auf dem «Autódromo José Carlos Pace» von Interlagos in São Paulo über die Bühne.
1978 sowie von 1981 bis 1989 war das «Autódromo Internacional Nelson Piquet» in Rio de Janeiro Austragungsort. Von 1990 bis 2019 kehrte die Königsklasse nach Interlagos zurück. 2020 konnte das Rennen wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden.
Offiziell heisst die Rennstrecke «Autódromo José Carlos Pace», sie trägt den Namen des 1977 mit dem Flugzeug abgestürzten Brabham-Piloten. Damit ist die brasilianische Bahn eine von drei Strecken im WM-Programm, die nach Rennfahrern benannt sind (die anderen sind das Autódromo Hermanos Rodríguez in Mexiko-Stadt, nach Pedro und Ricardo Rodríguez, und der Circuit Gilles Villeneuve in Montreal).
Immer wieder fragen uns Leser: Wieso wird der Rundkurs in Brasilien gemeinhin als «Interlagos» bezeichnet?
Die Antwort ist verblüffend, denn die Wurzeln reichen in die Schweiz! Im Jahre 1926 wollte der in Venezuela geborene Brite Louis Romero Sanson, Besitzer eines Bau-Unternehmens, das Gebiet der heutigen Rennstrecke im Sinne einer Stadterweiterung nutzen. Geplant war «Balneário Satélite da Capital», eine Satellitenstadt mit Wohnhäusern, enormen Sportstadien, das Ganze eingebettet zwischen zwei Wasser-Reservoirs.
Romero Sanson verpflichtete den Franzosen Alfred Agache mit der Architektur, der schon in Rio de Janeiro neue Stadtviertel entworfen hatte. Agache sah sich das Gelände an und fand, es erinnere ihn an die Region von Interlaken in der Schweiz. Aus Interlaken (zwischen den Seen) wurde in portugiesischer Sprache Interlagos.
Die meisten Pläne von Romero Sanson und Agache wurden von der Weltwirtschaftskrise beendet. Heute liegt die Rennstrecke auch nicht mehr ausserhalb der Stadt, sondern ist längst Teil einer Metropole geworden, in deren Grossraum 22,6 Millionen Menschen wohnen.










