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Nico Rosberg, ist Red Bull kein Mercedes-Gegner mehr?

Von Mathias Brunner
Der Schnellste nach vier Tagen Bahrain-Test relativiert die Leistung von Mercedes: «Auch wir sind in Sachen Standfestigkeit noch nicht dort, wo wir gerne sein möchten.»

Im Pressesaal von Bahrain sitzt mir gegenüber ein englischer Fotograf. Er ist sichtlich happy: «Vor dem ersten Jerez-Test habe ich Geld auf die Weltmeister gesetzt, drei beträchtliche Sümmchen – einen Teil auf Lewis Hamilton, einen Teil auf Nico Rosberg, einen Teil auf Mercedes als Konstrukteurs-Champion.» Wenn wir den Bahrain-Test als Massstab heranziehen, dann stimmt der Fahrplan für den Wettfreund: Im Fahrerlager hat längst die Meinung Überhand gewonnen, dass die Silberpfeile allen anderen Rennställen um mindestens eine Nasenlänge voraus ist. Erstaunlicherweise kann sich der schnellste Mann – Nico Rosberg – dieser Ansicht nicht anschliessen. Wir wollten wissen, wieso.

Nico, wir sind alle von euren Rundenzeiten ziemlich baff. Wie hat sich das im Auto angefühlt heute?

Sehr gut! Das war für uns ein guter Tag. Wir haben uns am Morgen auf eine Quali-Simulation konzentriert, spielten also das ganze Prozedere durch, besonders auch im Hinblick darauf, wie sich dabei die Balance des Fahrzeugs verändert. Das hat gut geklappt und, was mir ganz wichtig ist, ich habe mich im Wagen sehr wohl gefühlt. Ich fühle mich im Cockpit zuhause, alles ist ganz nach meinem Geschmack. Also konnte ich nach Herzenslust angreifen. Das war cool!

Am Nachmittag dann haben wir eine Rennsimulation abgespult. Die haben wir zu Ende gebracht, und das ist ein weiterer wichtiger Schritt in der Saisonvorbereitung. Aber Angst haben hier alle, auch wir: das Auto ist dazwischen ja auch mal kaputt gegangen. Also haben auch wir in Sachen Zuverlässigkeit noch viel zu tun. Vor allem deshalb, weil es bei den ersten Rennen der Saison nur um Standfestigkeit gehen wird. Aber ich darf trotzdem behaupten, dass wir in Sachen Zuverlässigkeit ebenfalls bei den Besten sind. Jedoch nochmals: sicher kann sich keiner sein.

Wieviel gab es im simulierten Rennen zu tun?

Ich werde hier jetzt nicht alles verraten, was so an Bord zu erledigen ist, aber langweilig ist es mir jedenfalls nicht geworden!

Was könnt ihr als Team aus diesen vier Bahrain-Testtagen mitnehmen?

Wir haben unglaublich viel gelernt. Und wichtig ist dabei jede Runde, denn mit jeder lernst du wieder neue Aspekte dieser Rennwagen kennen. Wir haben viel kleine Nickligkeiten aufdecken können, die eben nur dann auftreten, wenn du viel am Fahren sind, also war das doppelt wichtig – fahren und eben Fehler finden. Nun müssen wir diesen Defekten auf den Grund gehen und sie im Idealfall schon für den kommenden zweiten Bahrain-Test beheben. Denn das Ziel ist es natürlich, in Australien die Zielflagge zu sehen.

Wo steht Mercedes genau?

Natürlich sieht das alles ganz gut aus, ich bin auch zufrieden, dass ich die Renndistanz heute zu Ende fahren konnte. Aber der Defekt von heute zeigt auch, dass wir noch immer viel Arbeit haben. Gemessen an anderen Rennställen stehen wir in Sachen Standfestigkeit gut da. Aber das ist keine Versichungerung, dass es in knapp drei Wochen in Australien auch so läuft. Wir müssen den Mercedes absolut kugelsicher machen. Und das ist eine wahre Herkules-Aufgabe.

Was kannst du über den Speed sagen?

Das ist noch schwerer einzuschätzen, denn ich glaube schon, dass die anderen nicht so viel Sprit rausgenommen haben wie wir.

Du bist bei einigen Buchmachern von 20:1 im vergangenen Herbst auf 8:1 als Weltmeistertipp heruntergekommen. Hast du ein WM-Titel-fähiges Auto?

Das kann ich heute unmöglich sagen, dazu ist es einfach zu früh. Denn wir wissen noch nicht, was die anderen machen. Das Gefühl stimmt, die Marschrichtung auch, aber das ist auch alles.

Was ist für den Fahrer 2014 die grösste Herausforderung?

Der Umgang mit den ganzen Systemen – Energierückgewinnung, Turbomotor, Sprit, elektronisch gesteuerte Bremse. Der Spritverbrauch allein wird ein grosses Thema. Bahrain ist traditionell eine Piste, wo es mit dem Verbrauch immer knapp wird, und es war heute nicht leicht, mit den 100 Kilo Kraftstoff durchzukommen.

Hat sich das Thema Red Bull Racing als direkter Gegner schon erledigt?

Auch das lässt sich heute noch nicht beantworten. Natürlich fällt auch auf, dass die mehr Probleme mit der Standfestigkeit haben. Aber so wie wir ja auch ständig etwas entdecken und auszumerzen versuchen, so geht es auch Red Bull.

Fühlst sich das Attackieren im Auto anders an als mit dem 2013er Wagen?

Du spürst einfach gut, dass du weniger Abtrieb hast, dazu die härteren Reifen, also rutschst du in den Kurven mehr. Und wir sind auf den Geraden schneller. Das sind die grössten zwei Unterschiede.

Welche Schwankungen in Rundenzeiten erwartest du für die Rennen?

Weniger grosse als vor einem Jahr. Aus dem einfachen Grund, weil wir rund 50 Kilo weniger Sprit in einen Grand Prix mitnehmen als zuvor. Das schont die Reifen.

Wo stehst du beim Verständnis der Reifen?

Auch hier tappen wir noch immer in Neuland herum. Wir lernen jeden Tag hinzu. Weil wir weniger Abtrieb fahren, weil die Motoren die Reifen anders belasten, weil wir mehr reutschen, weil wir weniger Sprit an Bord haben, aus all diesen Gründen hatten wir jetzt zum Teil Probleme, die Temperatur in den Reifen zu halten. Früher haben hier die Reifen zum Überhitzen geneigt. Das sind auch ganz neue Herausforderungen.

Jenson Button sagte gestern nach seiner Rennsimulation, fast jede Runde habe sich anders angefühlt. Würdest du das auch sagen?

Nein, den Eindruck hatte ich heute nicht. Nichts hat sich ungewöhnlich angefühlt, abgesehen von den Eindrücken, die ich schon geschildert habe.

Was sind die Schwerpunkte für den zweiten Bahrain-Test?

Weiterhin die Standfestigkeit. Die müssen wir zu hundert Prozent hinbekommen. Wir haben nur noch vier Tage, aber es gibt noch so viele Probleme. Die müssen wir alle auf die Reihe bekommen.

Bahrain-Test, Tag 4

1. Nico Rosberg (D), Mercedes W05, 1:33,283 (89)?
2. Jenson Button (GB), McLaren MP4/29-Mercedes?, 1:34,957 (66)
3. Kimi Räikkönen (FIN), Ferrari F14 T, 1:36,718 (81)
4. Felipe Nasr (BR), Williams FW36-Mercedes?, 1:37,569 (87)
5. ?Pastor Maldonado (YV), Lotus E22-Renault?, 1:38,707 (59)
6. Sergio Pérez (MEX), Force India VJM07-Mercedes, 1:39,258 (19)
7. Daniel Ricciardo (AUS), Red Bull Racing RB10-Renault, 1:39,837 (15)
8. Jean-Eric Vergne (F), Toro Rosso STR9-Renault?, 1:40,472 (18)
9. Kamui Kobayashi (J), Caterham CT05-Renault, 1:43,027 (17)
10. Marcus Ericsson (S), Caterham CT05-Renault, 1:45,094 (4)
11. Adrian Sutil (D), Sauber C33-Ferrari, ohne Zeit (7) *
12. Jules Bianchi (F), Marussia MR03-Ferrari, ohne Zeit (4) *
* nur Installationsrunden

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