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Sebastian Vettel: Frisch und frech

Kolumne von Christian Danner
Christian Danner, ein scharfer Beobachter.

Christian Danner, ein scharfer Beobachter.

Hinter der wundervollen Leichtigkeit des Seins von Sebastian Vettel steckt viel Substanz.

Wenn ein junger Pilot in die Formel 1 kommt, wird er beobachtet: Wie gibt sich der? Wie redet er? Und vor allem, wie fährt er im Stress eines F1-Wochenendes, wo auf einmal alle Augen auf ihn gerichtet sind? Da hat Sebastian Vettel von Anfang an einen natürlichen, fröhlichen, frischen und im positiven Sinne frechen Eindruck hinterlassen.

Bis dahin gut und schön, aber: Dass er diese Vorgabe dann im Rennwagen mit unglaublicher Professionalität und unheimlichen Talent kombinieren konnte, das hat mich zunächst verblüfft, dann beeindruckt.

Vettel hat verstanden, was andere Talente oft nicht begreifen. Du kannst zwar wie Tonio Liuzzi locker lässig herumlaufen, der König der Tanzfläche und der Hahn im Korb bei den Mädels sein, aber du darfst nie aus den Augen verlieren, dass du im Auto knallhart gefordert bist.

Umgekehrt kannst du im Auto zwar das Meiste richtig machen, aber ausserhalb des Fahrzeugs unfreundlich und überfordert und einfach negativ daherkommen. Das geht heute eben auch nicht.

Klar, der Einstieg von Vettel hätte besser nicht klappen können. Bestzeit im allerersten Training, das er gefahren ist, auch wenn es nur freitags war. Dann aber musst du diesen Highlight-Charakter beibehalten. Und zwar jedes Rennwochenende. Das klappt nur, wenn man sich bei allem Talent aufs Wesentliche konzentriert.

Was mir im weiteren Verlauf seiner Karriere besonders gefallen hat, ist Vettels Fähigkeit, Zusammenhänge zu vereinfachen. Das empfinde ich als äusserst wohltuend. Vettel bricht die Komplexität des Renn-

fahrerdaseins auf eine simple Formel herunter: Ich fahr ja nur ein Rennauto! Daran erkennt man, dass er sich selbst nicht zu wichtig nimmt, und das ist eine der Grundvoraussetzungen, wenn du weiter an dir arbeiten möchtest, um noch besser zu werden.

Auf Vettel wird jetzt allerdings erheblich mehr zukommen: mehr Medien, mehr Aufmerksamkeit, mehr Rummel und vor allem mehr Missgunst. Auch von den anderen Fahrern. Da wird ihm diese Fähigkeit, zu vereinfachen und sich aufs Wesentliche zu konzentrieren, eine grosse Hilfe sein.

Paradebeispiel war mal im Fernsehen die Frage, wie ein kompliziertes F1-Lenkrad funktioniert. Sebastian hat geantwortet: «Na ja, das ist ganz einfach, wenn man nach links dreht, fährt das Auto nach links, und wenn man es nach rechts dreht, fährt es nach rechts.»

Das hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Egal, wie viele Knöpfe drauf sind. Bei Vettel steckt hinter dieser wundervollen Leichtigkeit des Seins viel Substanz, und das ist auf seinem weiteren Weg ganz wichtig.

Die Formel 1 nagt an dir, und zwar bei jedem Test, bei jedem Training, bei jedem Rennen, speziell, wenn es mal nicht so läuft. Das kann dich leicht die Frische kosten, die du eben brauchst, um im GP-Auto Leistung zu bringen.

Dazu gehört auch eine Portion Glück, oder sagen wir lieber Fortune. So wie sie Napoleon von seinen Generälen gefordert hat. Ganz egal wie talentiert sie auch waren. Es gibt eben solche und solche Rennfahrer.

Ich wünsche Sebastian, dass ihm diese Fortune immer treu bleibt.

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