Morddrohungen wegen Alonso-Strafe

IDM Fahr-Tipps von Papa Krummenacher

Kolumne von Daniela Weingartner
Daniela Weingartner

Daniela Weingartner

Auf dem Hockenheimring fand das Finale der diesjährigen IDM Superstock 600 statt. Eine Saison mit vielen Erfahrungen und Eindrücken ging damit zu Enden. Vor den Plänen 2017 kommt erst mal Urlaub.

Nach dem IDM Ausflug in die Superbike-WM ging es für uns Schlag auf Schlag eine Woche später weiter beim Saisonfinale der IDM in Hockenheim. Nach meinem Schlechtwetterdebakel am Lausitzring freute ich mich umso mehr auf beste Wetteraussichten. Das letzte Mal IDM, wie ich sie kennenlernen durfte und das allererste Mal begleitete mich meine Mum auf die Rennstrecke. Als wir im Auto am Donnerstag starteten, ließ ich sogleich verlautbaren: «Gejammert wird aber nicht! Mitgehangen, mitgefangen! Wenn du dich das ganze Wochenende nur beschwerst, bleibst du zu Hause.» Die Mutter war noch nie auf einer Rennstrecke, deshalb hatte ich Bedenken. Auch TTT – Terrorterrier Tinka – war wieder an Bord, an die jeglicher Apell wie so immer ungehört vorbei ging und welche bis zum Ende des Wochenendes einige Leichen zu verzeichnen hatte. Réne und Marion Dünki halfen mir wie schon am vorangegangen Wochenende abermals und hatten dafür meine Yamaha R6 aus logistischen Gründen im Schlepptau.

Gegen Mittag startete die Familie Weingartner, erledigte noch Einkäufe, Tanken und erreichte um 16 Uhr in zyklischen Kreisen den Hockenheimring. Glücklicherweise durften wir sogleich ins Fahrerlager, nachdem ich mehrere Male erklären musste, dass ich Teilnehmer der IDM bin. Meine Seriosität konnte leider nicht durch meine freundlich winkende Mum und den gefährlich bellenden Kampfhund unterstrichen werden, weshalb ich den Ordnern alle Eintrittskarten dieser Welt präsentieren musste. Aber schließlich erhielten wir die Erlaubnis, einzufahren und begaben uns sogleich in den Bereich für die Superstock 600, in welchem bereits erbitterte Kämpfe um Stellflächen tobten.

Nach kleineren Diskussionen ließen wir uns Richtung Zaun vertreiben und standen schließlich am lautesten Platz des gesamten Fahrerlagers. Nun war unsere Abstimmung leider nicht optimal, und wir erfuhren, dass Familie Dünki mitsamt Yamaha R6 und dem Pavillon erst gegen 19 Uhr anreisen würde. Dies hieß für uns, Kampfterrier Tinka durfte alle Arbeit leisten und musste den Stellplatz so gut wie möglich verteidigen. Kein Millimeter darf zurückgewichen werden. So saßen wir im dumpfen sonoren Geschrei der im Kreis rasenden Rennautos in der Sonne und warteten etliche Stunden, bis ich noch eine Runde zu Fuß mit Triple-T um die Strecke drehte. Bis ich zurück war, waren auch schon die Dünkis mit der R6 angereist und hatten fast schon alles aufgebaut. Wow! Wir ließen den Abend mit einem Ratsch ausklingen.

Am nächsten Tag begrüßte uns die Sonne und ich machte mich auf, meinen ersten Turn in diesem Jahr auf dem Hockenheimring zu drehen. Hier muss man ja gehörig in die Bremse greifen, was leider nicht zu meinen Paradedisziplinen gehört. Nach den wenigen Runden musste ich mich sogleich fragen, wie ich es letztes Jahr geschafft hatte, hier eine 1.36,00 zu fahren. Dies erschein mir an diesem Tag so unglaublich weit weg.

Im zweiten Turn konnte ich mich auch nur leicht steigern. Ich kämpfte, aber kam einfach nicht weiter. Die Kommentare, dass ich jetzt schnell fahren müsse, machten es nicht besser. Als würde ich mit Absicht langsam fahren und womöglich sogar noch vor der Ziellinie bremsen.

Der dritte Turn in der Superstock 600 war zugleich unser erstes Qualifying, weshalb ich mich von Dunlop mit neuen Reifen ausstatten ließ. Ich setzte mich auf meine Yamaha R6 und fuhr ein wenig demotiviert aus dem Pavillon durchs Fahrerlagerlabyrinth um die Ecke, als mir ein ADAC Jüngling entgegen kam, ich erschrak, bremste und kippte sogleich nach innen um. Anfängerfehler: Voll eingelenkt bremsen und weil man ein Zwerg ist, findet man sich plötzlich wie ein Käfer auf dem Rücken liegend verzweifelt unter dem Motorrad wieder. Pfffff! Das fängt ja gut an, jetzt haut es mich schon im Fahrerlager hin.

Nachdem ich unter dem Motorrad hervorgezogen wurde und den Weg slalomfahrenderweise auf die Strecke gefunden hatte, war ich aufgrund des Vorfalls so sauer, dass ich sogleich in der ersten fliegenden Runde um zwei Sekunden schneller fuhr und eine 1.38 hinknallte. Zwischendrin fuhr ich in die Boxengasse, erkundigte mich nach dem Zustand der Reifen und haute unter Einsatz meines Lebens nochmals eine 1.37 raus. Nun war ich zwar immer noch eine Sekunde von meinem Wochenendziel, einer 1.35, entfernt, aber grundsätzlich sah es nun besser aus.

Den ganzen Tag über machten nicht nur Gerüchte über die Zukunft der IDM die Runde, sondern auch eine gut organisierte Diebesbande, welche das Fahrerlager um allerlei Wertgegenstände erleichterte. In der Fahrerbesprechung wurden wir darauf hingewiesen, Achtsamkeit walten zu lassen und etwaige Langfinger auf jegliche Art und Weise festzusetzen. Tinka, welche ebenfalls der Fahrerbesprechung beiwohnte, nahm diesen Auftrag nur allzu ernst, indem sie ihre Terrorherrschaft ausweitete und jedweden, welcher sich meinem Pavillon näherte, entweder die Zehen abbiss und diese als Trophäe um ihren Hals hängte oder den Grenzverletzern gleich an die Kehle sprang. Differenzieren war noch nie ihre Stärke.

Der Samstag hielt für uns in der Superstock 600 das zweite Qualifying und unser erstes Rennen bereit. Ich entschied mich neu zu bereifen, um nochmals eine schnellere Runde fahren zu können. Dieses Mal schaffte ich es ohne Sturz durchs Fahrerlager und fuhr meine erste Runde im zweiten Qualifying, bog in die letzte Kurve ein, beschleunigte und huch, fand mich hoch über dem Tank wieder, ein kräftiger Tritt in den Asphalt begleitete meinen Versuch, mein highsidendes Motorrad wieder einzufangen, was mir Gott sei Dank gelang. Wie immer atmete ich innerlich durch und tat nach außen so, als wäre das Absicht gewesen.

Die nachfolgenden Runden versuchte ich vergeblich, bessere Zeiten zu fahren, was mir nicht gelang, da meine Yamaha R6 beim Rausbeschleunigen aus den Kurven mehrere Male auskeilte und es sich anfühlte, als hätte ich den hölzernen Reifen einer Droschke aus dem 18. Jahrhundert montiert. Ich fuhr zwischenzeitlich in die Boxengasse und fragte meine Helfer, wie mein Reifen aussieht. Ich wurde fälschlicherweise mit einem positiven Zeugnis wieder raus geschickt und versuchte nochmals alles, konnte mich aber trotz vollem Einsatz nicht mehr steigern. Als ich zurück im Fahrerlager abstieg und meinen Reifen betrachtete, erschrak ich, denn dieser sah aus, als hätte ich auf der Seite einen Burn-Out gewagt.

Ich brachte den Reifen zu Dunlop und bekam sofort als Ersatz einen neuen Reifen montiert, da sich bei diesem einen Exemplar wohl eine Fertigungsunschärfe eingeschlichen hatte. Der Ersatzreifen, über welchen ich mich sehr gefreut habe, funktionierte wieder wie gewohnt perfekt.

Fürs Rennen war Mama als Gridgirl eingeteilt und Andi und Réne kümmerten sich um das Wohl der Reifen. Vorm Rennen wurde mir nochmals das Mantra des schnell Fahrens eingehämmert, worauf ich trotzig antwortete: «Ich hab bezahlt! Ich fahr so langsam, wie ich will!» Woraufhin mir meine schlechte Einstellung vorgeworfen wurde. Es war sozusagen beste Stimmung.

Na gut, ich stieg auf die R6, fuhr die Warm-up-Runde und stellte mich auf meinen Startplatz, auf welchem bereits Andi und René mit den Capit-Reifenwärmern standen. Doch ich wartete auf mein Gridgirl, welches fast um ein Haar auf halber Strecke der Start-Ziel-Geraden sprintend und schnaufend in der Startaufstellung zusammengebrochen wäre. Es fehlte nicht viel und wir hätten beim Start nen Bogen um meine Mum fahren müssen, während sie anschließend von den Streckenposten mit einer Trage von der Strecke getragen worden wäre. Jetzt weiß ich schon, wieso alle so junge Mädels als Schirmhalterinnen haben: Die können einfach noch schneller laufen.

Ich startete in die Einführungsrunde und stellte mich vor die rote Ampel, die erstaunlich spät erlosch. Wir sprinteten alle in die erste Kurve. Es war nicht mein bester Start, aber auch nicht mein schlechtester. Vor mir gab es wie so oft Kontaktsport in Kombination mit Motorsport, was wenige Kurven später dazu führte, dass drei meiner Konkurrenten nebeneinander in die Kurve wollten, was in den Airfences der Sachskurve endete. Unser Rennen wurde abgebrochen und wir warteten in der Boxengasse auf den Re-Start.

Beim Quick-Restart des Rennens startete ich etwas schlechter und verschaltete mich in der ersten Runden ein paar Mal so dermaßen, dass ich beinahe geradeaus musste. Dies führte dazu, dass der Zug sehr bald abgefahren war und niemand mehr vor mir. Meine Rundenzeiten waren nicht gut und ich versuchte in jeder Runde, mich zu steigern, was mir einfach nicht gelingen wollte. Ich musste an den Spruch eines weisen Mannes denken: «Entweder es läuft leicht oder gar nicht.» Ich entspannte mich, indem ich mir dachte: «Es ist perfektes Wetter, die Yamaha R6 läuft super, die Reifen funktionieren perfekt, ich hab die Strecke für mich allein und ich hab hier nun einfach nur Spaß am Fahren.» Und plötzlich, wie von selbst, wurden meine Rundenzeiten besser und ich konnte meine Bestzeit zum Ende des Rennens doch noch marginal steigern. Manchmal ist es einfach verrückt.

Mit den Erkenntnissen aus dem Samstag versuchte ich auch das Rennen am Sonntag anzugehen und klebte sogar meinen Laptimer ab. Zwar bevorzuge ich es, sofort enttäuscht zu werden, statt erst am Ende des Rennens, aber es war einen Versuch wert. Das übliche Prozedere zum Rennbeginn startete, bis darauf, dass Mum zur Vermeidung eines Marathonlaufs mit Schirm einen Frühstart bevorzugte und bereits in der Startaufstellung auf mich wartete.

Nach der Einführungsrunde, in welcher traditionell alle durch die Gegend trödeln, rolle ich auf meinen Startplatz. Die Ampel erlosch und ich startete passabel. Ich versuchte, dran zu bleiben, was mir wie vorhergesehen nicht gelang. Auch wenn meine Neugierde es mich nicht aushalten liess und ich auf der Start-Ziel-Geraden wieder die Sicht zu meinem Laptimer befreite, genoß ich trotz allem meine letzten Runden in diesem Jahr und wurde am Ende noch mit meiner besten Rundenzeit an diesem Wochenende belohnt.

Vielen Dank an meine Mum, welche mir moralisch den Rücken gestärkt hat und diesen ganzen Rennzirkus bereitwillig mitgemacht hat. Größtmöglichen Dank auch an René und Marion Dünki, sowie Andi für die Hilfe. Danke an Papa Krummenacher für die vielen fahrerischen Tipps. Besonderer Dank auch an Sepp Hofmann für die besondere Unterstützung am Wochenende und das gesamte MotorEvents-Team, welches trotz aller Widerstände und Schwierigkeiten eine tolle Saison 2016 auf die Beine gestellt hat. Ebenfalls möchte ich allen Fans und Zuschauern danken, sowie all meinen Sponsoren, welche mich in unterschiedlichster Art und Weise unterstützt haben. Danke an alle Leser meiner Kolumne und an Esther Babel, welche mir die Chance zur Veröffentlichung bei SPEEDWEEK.com gegeben hat.

Gratulation an Bryan Schouten, welcher die IDM Superstock 600 2016 für sich entscheiden konnte, sowie ebenfalls an Christian Stange und Kevin Wahr. Meine erste IDM-Saison schließe ich mit dem 13. Platz in der Superstock 600 ab. Für mich war die gesamte Saison sehr anstrengend und hat mich sehr viel Kraft gekostet, weshalb ich stolz bin, es durchgezogen zu haben. Es hat mir sehr viel Freude bereitet, in den professionellen Motorsport einzutauchen und sowohl neue Strecken, neue Umstände und neue Leute kennenzulernen. Die gesamte Saison wird mir in bester Erinnerung bleiben. Für 2017 gibt es bereits vage Pläne und auch Angebote, welche ich in den nächsten Monaten genau überdenken werde. Aber wisst ihr was: Ich brauch jetzt erst mal Urlaub!

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