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Marcel Schrötter: «Titelkampf ist noch offen»

Von Günther Wiesinger
Marcel Schrötter liegt in der Moto2-WM 39 Punkte hinter Leader Alex Márquez auf dem sechsten Zwischenrang. Der 26-jährige Kalex-Pilot hat die Titelhoffnungen aber noch nicht aufgegeben.

Marcel Schrötter aus dem deutschen Dynavolt Intact GP Team hat in seiner dritten Saison mit dem Rennstall aus Memmingen auf der Kalex bereits drei Pole-Positions erobert und zuletzt in Sachsen den insgesamt vierten Podestplatz. Der erste gelang ihm 2018 in Misano, nach diesem Befreiungsschlag eroberte er 2019 Rang 3 in Doha, Rang 2 in Texas und Platz 3 beim Heim-GP.

Der 26-jährige Pflugdorfer hat inzwischen 166 GP-Einsätze absolviert, er liegt in der WM-Tabelle an sechster Position, es fehlen 39 Punkte auf Leader Alex Márquez. Den Moto2-WM-Titel hat der Bayer trotzdem noch nicht abgeschrieben.

Marcel, hast du eine Erklärung, warum Alex Márquez mit dem neuen Hinterreifen plötzlich vier von fünf Rennen gewinnen konnte?

Das ist eben das Enttäuschende. Vorher war es genau umgekehrt. Tom und ich haben damit eher gespielt, wir konnten zu jeder Zeit den Unterschied machen. Bei den Rennen wie in Argentinien war Márquez in den ersten fünf, sechs Rennrunden zügig unterwegs, dann ging’s beim ihm in den Keller. Dann haben Tom und ich gesagt: ‚Jetzt geben wir es uns halt.‘

Inzwischen ist die Situation ganz anderes. Jetzt spielt sich Márquez mit uns. Und wenn er sagt: ‚Okay‘, dann fährt er davon. Ich habe bis Barcelona noch mehr Probleme gehabt als Tom. Er war von den Rennpositionen her mit dem breiten neuen Hinterreifen besser dabei. Aber in Le Mans und Mugello hat sich Tom auch nicht hundertprozentig wohl gefühlt.

Entweder hat Marc VDS für diesen neuen Reifen ein ganz anderes Setting als wir. Oder sie haben ziemlich viel gefunden, was zu diesem Reifen passt, was ihm taugt. Oder dieser Reifen kommt einfach dem Fahrstil von Márquez zugute. Denn er sieht auch ziemlich sicher aus auf dem Motorrad.

Das ist das Fragezeichen, das wir haben.

Aber in Assen waren wir näher dran. Ich habe beim Dienstag-Test in Barcelona Fortschritte gespürt und konnte deshalb das FP1 in Assen kaum erwarten. Ich war neugierig, ob wir der Spitze wieder näher gekommen sind.

Du warst nach dem FP3 in Assen an vierter Stelle, 0,642 sec hinter der Bestzeit von Remy Gardner. Aber auf Platz 2 fehlten nur 0,047 sec. Also hofften die deutschen Fans auf eine Glanzleistung von dir beim Sachsenring-GP. Wie liegt dir die Strecke?

Heimvorteil gab es dort keinen für uns, weil ich seit zehn Jahren dort genau so viel fahre wie alle anderen WM-Piloten. Der Heimvorteil entsteht nur durch die Zuschauer. Die Stimmung spornt und an, und das gibt Extra-Motivation. Man will beim Heim-GP besonders gut sein.

Das Trainieren dort ist ziemlich schwierig. Erstens ist es weit von Bayern weg, zweitens gibt es beschränkte Lärmtage. Trotzdem haben wir am Wochenende beim GP von Deutschland unsere Ziele gut umsetzen können.

Ich wollte wieder vorne anknüpfen und bin entsprechend motiviert gewesen. Nach dem dritten Platz gehen wir mit noch mehr Selbstvertrauen in die Sommerpause. Wir waren ja auch in den letzten Grands Prix nicht hoffnungslos zurück.

Aber wenn man vorher überall ums Podium kämpft, drei Pole-Positions erreicht und dann nur Sechster, Siebter und Achter wird, ist das schon ein bisserl enttäuschend. Aber ich habe auf dem Sachsenring mein Allerbestes gegeben, weil ich unbedingt ums Podium und den Sieg kämpfen wollte.

Der Sachsenring ist ein Linkskurs. Liegt dir das?

Ja, wenn es linksrum geht, tu ich mich leichter. Dann fühle ich mich wohler in den Kurven. Irgendwie habe ich in Linkskurven weniger Probleme. Das war schon immer so, auch auf dem Cross-Motorrad. Ich fühle mich von der Position her, wie man das Gas hält und wie man den Körper bewegen kann, in den Linkskurven wohler.

Du bist in der WM jetzt an sechster Position, was ist da noch möglich? Musst du den Titel abschreiben? Der Rückstand wächst, Leader Alex Márquez hat schon vier Rennen gewonnen.

Das Ziel ist nach wie vor, um den Titel zu kämpfen. Wir lagen vor Assen 38 Punkte zurück, jetzt sind es 39. Theoretisch ist noch alles möglich. Wir sind in der Lage, Rennen zu gewinnen. Das ist das Ziel. Wenn man Rennen gewinnen kann, schaut es bei den Punkten rasch anders aus.

Wir haben noch nicht einmal die erste Saisonhälfte vorbei. Es kann noch so viel passieren. Nach dem deutschen WM-Lauf haben wir immer noch eine lange Saison mit zehn Rennen. Unser Ziel ist ganz klar, wieder ganz nach vorne zu kommen.

Ich bin froh, dass wir am Wochenende den Anschluss vor der Sommerpause wiedergefunden haben. Denn wir müssen zumindest aufs Podium fahren, sonst wird’s mit der Weltmeisterschaft schwierig, zumindest wenn weiter die gleichen Fahrer gewinnen. Aber bisher ist alles in Reichweite. Wir müssen einfach wieder ganz nach vorne kommen.

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