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Der MX-Jahresrückblick 2014 - Teil 3: Sept. bis Dez.

Von Thoralf Abgarjan
Ken Roczen ist US-Champion, doch die WM geht in ihre entscheidende Phase. Antonio Cairoli wird zum achten Mal Weltmeister. Die ersatzgeschwächte deutsche Nationalmannschaft erreicht beim MXoN Rang 5.
September

Ken Roczen sagt seine Teilnahme am Motocross der Nationen 2014 ab. Die deutsche Nationalmannschaft verliert damit ihr Zugpferd und scheidet als Favorit für das wichtigste Rennen des Jahres aus. Teamchef Hubert Nagl erklärt ein Ergebnis unter den ersten 5 als Wunschresultat, mit dem Aufgebot Max Nagl (MXGP), Marcus Schiffer (MX2) und Dennis Ullrich (Open).

Max Nagl stellt in der August-Pause sein Trainingsprogramm um und reist nach einem Abstecher zu den MX-Masters gut erholt zur finalen Überseerunde der WM nach Brasilien, wo der Deutsche prompt mit einem Doppelsieg gewinnt. Das Geheimnis des Erfolgs: Die gefundene Balance zwischen Trainings- und Erholungsphasen.

Antonio Cairoli wird in Brasilien vorzeitig und zum achten Mal Weltmeister. SPEEDWEEK.com titelt: «Antonio Cairoli auf dem Weg zur Legende

In der Klasse MX2 holt Jordi Tixier immer weiter auf den verletzten Jeffrey Herlings auf und steht in Brasilien auf dem obersten Treppchen. Doch Herlings will und muss noch einmal eingreifen und reist mit nicht komplett verheiltem Oberschenkelbruch zum Finale nach Leon in Mexiko. KTM steht dort vor einem ähnlichen Dilemma, wie im August in den USA, als es um die beiden Werkspiloten Ryan Dungey und Ken Roczen ging. Klar ist jetzt bereits, dass das ein KTM-Pilot den MX2-Titel gewinnen wird. Jedoch ist für Jordi Tixier 2015 kein Platz mehr unter dem Zelt in Orange. Er gilt als zu fehleranfällig und muss sich nach einem neuen Brötchengeber umschauen. Tixier wird KTM also definitiv verlassen, Herlings hingegen wird bei KTM bleiben. Welcher Weltmeister ist den Mattighofenern in dieser Situation genehmer? Formal werden beide Teamkollegen natürlich gleichgestellt, aber vor dem letzten Rennen in Leon liegt eine unglaubliche Spannung in der Luft und Team-Manager Stefan Everts muss gute Miene zu dem ungleichen Spiel machen, denn nur einer seiner beiden Schützlinge kann am Ende den Titel gewinnen. Natürlich war «The Bullet» die gesamte Saison über ein ungeschlagener Dominator. Aber Jordi Tixier hat seine Hausaufgaben gemacht, sukzessive Punkte geholt und schließlich dem enormen Druck der Rückkehr von Herlings und der angespannten Situation im Team nicht nur standgehalten, sondern Lauf 1 des Finales souverän gewonnen. Der zweite Lauf von Mexiko wird nicht nur das aufregendste Rennen des Jahres, es wird wahrscheinlich als eines der spektakulärsten Motocross-WM-Finals überhaupt in die Geschichtsbücher eingehen.

Triumph und Tragödie, Freude und Trauer, Sieg und Niederlage: Selten lagen sie so nah beieinander wie beim Finale in Mexiko. Der Mut und die Stärke von Herlings waren beispielhaft, aber was Jodi Tixier nach dem Zwischenfall mit Alexander Tonkov zeigte, war zweifelsfrei einer Weltmeisterehrung würdig und so titelte SPEEDWEEK.com nach dem Finale: «Der Respekt gilt beiden.» 

Den ADAC MX Masters Titel hatte sich Dennis Ullrich bereits vor dem Finale im Talkessel von Teutschenthal in Holzgerlingen gesichert, aber das Rennen auf der WM-Stecke im Talkessel war geprägt von zahlreichen, teils schweren Unfällen. Marcus Schiffer erleidet bei einem Massensturz eine Fraktur der Wirbel C3, C4 und C5, sowie eine schwere Beschädigung einer Bandscheibe und dazu noch weitere Brüche. Schiffer hat bei diesem Crash noch Glück im Unglück, denn einer Querschnittslähmung entgeht der Kölner auch Dank der Erstversorgung vor Ort nur ganz knapp. Aber für das Motocross der Nationen, das nur eine Woche später in Lettland stattfindet, fällt er aus. Team-Manager Hubert Nagl ist entsetzt, als sich auch sein Ersatzfahrer Henry Jacobi am Auge verletzt. Jacobi kann letztendlich doch in Kegums antreten und liefert dort sogar bemerkenswerte Leistungen ab.

Brian Hsu wird nach seinem EMX125-Europameistertitel Junioren-Weltmeister und ebenfalls für die Nationalmannschaft als zweiter Ersatzfahrer nominiert. 

Die Amerikaner wollten nach den Niederlagen von Lommel 2012 und Teutschenthal 2013 endlich Revanche und treten mit Ryan Dungey, Eli Tomac sowie dem frisch gebackenen 250er-Champion Jeremy Martin im lettischen Kegums zum Motocross der Nationen an. Aber auch 2014 schaffen es die US-Boys nicht, sich gegen die versammelte WM-Elite durchzusetzen. Frankreich hat so viele gute Fahrer zur Auswahl, dass sie es sich leisten können, auf MX2-Weltmeister Tixier zu verzichten: Ein echtes Luxusproblem, von dem die Deutschen nach der Absage von Ken Roczen und der Verletzung von Marcus Schiffer weit entfernt sind. Aber dennoch erreicht das Team von Hubert Nagl das erklärte Ziel: Rang 5 ist unter diesen Umständen ein mehr als respektables Ergebnis.

Der amerikanische MX2-Pilot Jeremy Martin stürzt im Qualifikationsrennen zum MXoN am Samstag und bricht sich dabei die Zehe. So gehandicapt erreichen die Amerikaner in Kegums aber immerhin noch knapp das Podium und Belgien wird Vizeweltmeister. Frankreich triumphiert mit einem überragenden Gautier Paulin, der jedes Rennen gewinnt und seine Teamkollegen Steven Frossard und Dylan Ferrandis mitzieht.

Trotz des Pechs, das die US-Boys in Kegums auch haben, wird klar: Die Kräfteverhältnisse zwischen AMA und WM haben sich verschoben. Das Niveau der WM hat im Vergleich zu den US-Serien deutlich nachgezogen.

Das schweizer Team landet mit Einsatz und Courage auf einem respektablen siebten Rang.

Oktober

Ryan Villopoto wechselt in die WM. Am 1. Oktober erfolgt endlich die überfällige, offizielle Bekanntgabe. Auch wenn sich Kawasaki lange zierte: Mit der Verpflichtung von Tyla Rattray, dem Weggang von Paulin zu Honda und der Entlassung von Frossard aus dem Kawasaki-Team, waren zu diesem Zeitpunkt alle Weichen für diesen Coup gestellt.

Viele weitere Teams geben nun auch ihre schlecht gehüteten Geheimnisse preis: Paulin geht zu Honda, Nagl zu Husqvarna, Searle zu KTM, Febvre zu Yamaha, Baggett zu Suzuki, Barcia zu Yamaha und so weiter und so fort.

In den USA findet bereits eine erste Standortbestimmung Mitte Oktober in Las Vegas beim hoch dotierten Monster-Energy-Cup statt. Trey Canard gewinnt beinahe die Millionenprämie, die dem Sieger aller drei Final-Rennen winkt, aber er scheitert durch ein Missgeschick. Davi Millsaps zeigt sich nach seiner Verletzungspause in ausgezeichneter Form und holt den Gesamtsieg in Las Vegas.

Am 23. Oktober findet eine Anhörung von James Stewart vor dem internationalen Disziplinargericht der FIM in der Schweiz statt. Stewart wurde im April positiv auf Doping getestet. Der Ausgang lässt nichts Gutes erwarten.

November

Das traditionsreiche Supercross von Paris findet 2014 im Fußballstadion von Lille statt, weil das «Palais omnisport de Paris Bercy» rekonstruiert wird. Eli Tomac wird in Lille «König von Bercy».

Nach langer Pause taucht auch James Stewart wieder auf und gewinnt das «Bull Straight Rhythm».

Justin Barcia stürzt beim Supercross in Genua schwer und erleidet einen Pneumothorax, eine lebensbedrohliche, innere Verletzung des Brustbereichs und der Lunge. Eli Tomac ist in bestechender Form und dominiert auch dieses Rennen.

Der 62jährige Venezolaner Vito Ippolito bleibt FIM-Präsident. Er setzt sich gegen die von seinem Gegenkandidaten Jorge Viegas angeführte Reformbewegung durch, welche den Einfluss der Promoter schwächen und die Macht der FIM stärken wollten. Viegas scheitert. Alles bleibt beim Alten.

Dezember

Auch das Supercross von Genf wird von einem schweren Unfall überschattet: Der Franzose Romain Berthomé erleidet ein Schädel-Hirn-Trauma und liegt im Koma. Der Sieg seines Landsmannes Marvin Musquin wird so zur Nebensache.

James Stewart erhält von der FIM wegen eines positiven Dopingtests am 12. April in Seattle (Washington) eine Sperre von 16 Monaten. AMA-Chef Rob Dingman schreibt an den FIM-Präsidenten Vito Ippolito einen Brief und argumentiert, dass die nachgewiesenen Amphetamine aus einem Arzneimittel stammten, die Stewart wegen einer langwierigen Erkrankung verabreicht seien. Auch Stewart selbst kündigt Revision gegen die Sperre an.

Der Ausgang der Saga Stewart ist nach wie vor offen. Tatsache ist aber, dass Stewart 2014 mehrfach durch unerklärliche Ausfälle aufgefallen ist. War eine Krankheit die Ursache? Niemand weiß es verlässlich.

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