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Jonas Folger: «Habe manche Dinge einfach ignoriert»

Von Günther Wiesinger
Für den neuen Yamaha-MotoGP-Testfahrer Jonas Folger beginnt die Saison morgen so richtig mit dem Kampf gegen alle Stars in Sepang. Aber nach dem Burn-out fühlt sich Jonas noch nicht in allerbester Form.

Als Valentino Rossi beim GP von Deutschland 2018 mehrmals betonte, er habe sich vor dem WM-Lauf auf dem Sachsenring in die Daten von Jonas-Folger 2017 vertieft und nicht zuletzt deshalb im Rennen Platz 2 errungen, zeichnete sich ab, dass der Bayer in Zukunft bei Yamaha wieder eine Rolle spielen wollte. Zur Erinnerung: Rookie Folger kämpfte 2017 beim Heim-GP gegen Marc Márquez lange um den Siegm er wurde nur um 3,3 sec besiegt. Viñales und Rossi landeten nur auf den Rängen 4 und 5, sie verloren 14,9 und 15,2 sec auf den Weltmeister aus Spanien. Ein unerklärliches Debakel für das Werksteam das sich mit immer neuen Chassis-Updates beschäftigte und damit auf keinen grünen Zweig kam.

«Wir können nicht bei den Grand Prix neue Chassis testen und zwei verschiedene Versionen in der Box haben. Es wäre Aufgabe eunes Testteams, die neuen Chassis zu bewerten. Aber usnere japansichen Testfahrer sind zu langsam», wetterte Rossi im Hinblick auf Nakasuga und Nozane. «Uns die testen nur auf japanischen Rennstrecken, die sich von denen in Europa unterscheiden.»

Tatsächlich: Mit einem Jahr Verspätung erhörte die Japaner den Wunsch des neunfachen Weltmeisters und bildeteten ein europäisches Testteam nach dem Vorbild von Ducati, KTM und Honda. Und beim Misano-GP im September betätigte Teammanager Massimo Meregalli: «Wir sind uns mit Jonas einig.»

Jonas Folger hat GP-Siege in den Klassen 125 ccm, Moto3 und Moto2 gefeiert, er glänzte 2017 in seiner ersten MotoGP-Saison bei 

Mit SPEEDWEEK.com sprach Jonas in aller Offenheit über die schwierigste Zeit seines Lebens.

Jonas, du warst schon mit zehn Jahren wegen einer ominösen Krankheit einmal in Lebensgefahr. Wir haben 2011 in Brünn erlebt, wie du am Donnerstag beim Rundgang um die Strecke zusammengeklappt bist. Du hast deshalb Startverbot bekommen. Du hast deine Krankheitssymptome aber nie wirksam bekämpft, weil du niemanden enttäuschen wolltest – die Teams nicht, die Sponsoren nicht, die Fans nicht?

Ja, genau, ja.

Man darf als Sportler und Rennfahrer keine Schwäche zeigen? Deshalb wurde jahrelang immer alles vertuscht?

Ja, bei mir sind öfters solche Erschöpfungszustände passiert. Brünn 2011 war auch so eine Sache. Das waren schon so Vorzeichen.
Ich bin halt menschlich so gestrickt, wie ich bin. Ich habe manche Dinge einfach ignoriert oder mental über mich ergehen lassen.
Das hat mich letztendlich irgendwann in die Knie gezwungen und niedergestreckt.

Ja, mei, so ist das Leben. Daraus lernt man. Ich gehe jetzt damit offen um.

Dein Papa Jakob hat mir vor einem Jahr erzählt, du durftest nach den Zusammenbruch in Japan 2017 einige Zeit lang nicht Fernsehen, kein Radio hören, kein Internet nutzen, kein Handy, keine Aufregung, nur entspannen, beim Fenster rausschauen und jede Anstrengung vermeiden. Wie bekämpfst du diese Krankheit? Einfach mit den Kräften haushalten? Oder ist auch eine Diät notwendig?

Nein. Ich habe einen Plan, so wie ich mich auf das Comeback vorbereitet habe. Aber eine Diät spielt dabei keine Rolle.

Es gab im Oktober und November 2017 widersprüchliche Informationen, auch von deiner Seite. Es war vom Pfeifferschen Drüsenfieber die Rede, dann vom Epstein Barr-Virus. Aber Poncharal und Moore haben dann erklärt: «Es ist ein Burn-out.» Ist das die Wahrheit?

Ja, die Wahrheit ist… Mei, jeder hat sich so seinen eigenen Reim darauf gemacht. Aber im Endeffekt war es ein klassisches Burn-out. Ja. Aber ist halt so. Ist halt passiert.

Davon waren schon etliche andere Spitzensportler betroffen,  zum Beispiel Bundesliga-Fußballer Jan Simak, Triathlet Jan Frodeno oder Skispringer Sven Hannawald. Auch bei ihnen war der Akku irgendwann leer.

Ich habe so gesehen nichts falsch gemacht, ich bin einfach so gestrickt, wie ich bin. Ich bin halt so aufgewachsen. Ich bin vielleicht nicht so stabil wie vielleicht 95 Prozent von den anderen Fahrern, was das betrifft. Deswegen ist das passiert.

Jetzt kann ich diese Symptome bekämpfen, dagegen arbeiten und mich in dieser Hinsicht bessern.

Du hast also manchmal gespürt: «Mein Körper braucht jetzt ein Pause.» Aber du hast ihm keine gegönnt, weil das nächste Rennen vor der Tür stand?

Termine halt einfach. Termine, und dazu die Selbsterwartung natürlich. Und die Erwartung von außen natürlich.

Wie gesagt: Jeder Sportler ist anders gestrickt. Der eine kann sich nur auf sich selber fokussieren, dem ist alles andere scheißegal. Das war halt bei mir nicht so. Ich bin da ein bisschen anders.

Das ist mir dann leider in der MotoGP, wo ich unbedingt hinwollte, über den Kopf gewachsen. Die Belastung ist immer stärker geworden. Ich habe nicht gewusst, wie ich damit umgehen muss. Und irgendwann ist das Mentale betroffen gewesen.

Du warst 2017 schon vor dem Spielberg-GP mit den Kräften am Ende. Du hast dort niedergeschlagen gewirkt. Dann kam der 300 km/h-Crash in Silverstone. In Aragón hast du im Rennen keinen Gegner mehr überholen können. Du warst völlig erschöpft und hast gehofft, am freien Wochenende vor Japan wieder fit zu werden.

Ja…

Mir ist aufgefallen, dass du mehrere Jahre hindurch nach der Winterpause gut bei Kräften warst, in Katar, Jerez und Le Mans Top-Ergebnisse erzielt hast, manchmal auch in Mugello noch, dann ging es bergab. Nach der Sommerpause warst du wieder erholt und bei Kräften. Stimmt dieser Eindruck?

Ja, es war schon immer so. Das war das Muster von mir. Es hat dann oft geheißen: «Nimm dir eine Auszeit.»

Das war schon 2011 nach dem Brünn-GP so, wo ich heimgereist bin und alle Untersuchungen habe machen lassen. Dann haben die Ärzte zu mir gesagt: «Du brauchst eineinhalb Jahre Auszeit.»

Ich habe entgegnet: «Ich kann mir keine eineinhalb Jahre Auszeit nehmen. Ich muss in zwei Wochen schon wieder in Misano sein und Rennen fahren.» Das geht halt einfach nicht, wenn man für den Rennsport lebt.

Du warst in deiner Moto2-Zeit bei AGR im Frühjahr zweimal auf dem Podest und hast dann zehn Rennen lang kaum einen Punkt geholt. Du hast dann oft Ausreden suchen müssen, um die schwachen Ergebnisse zu erklären. Auch 2016 bei Intact.

Es ist ja kein Geheimnis, dass sich bei einem Sportler zu 90 Prozent alles im Kopf abspielt. Das ist einfach so.

Das weiß jeder, der Sport betreibt.

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