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Lin Jarvis: Die Stärken und Schwächen von Viñales

Von Günther Wiesinger
Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Motor Racing, hat mit Maverick Viñales einen der besten MotoGP-Piloten unter Vertrag. Der Spanier hat neben etlichen Stärken aber auch klare Schwachstellen.

Maverick Viñales kam 2017 ins Movistar-Yamaha-Werksteam, nachdem er auf der Suzuki GSX-RR in Silverstone seinem ersten MotoGP-Sieg gefeiert hatte.  Er siegte damals in Doha, Las Termas und Le Mans, also bei drei der ersten fünf Rennen, aber in der WM fiel er schließlich hinter Márquez und Dovizioso auf Platz 3 zurück.

2018 musste er in der WM Rossi den Vortritt lassen, auch 2019 lag er in der WM-Tabelle bis zum zweiten Platz beim Sachsenring-GP hinter Rossi.

Im Vorjahr wirkte Viñales oft deprimiert, doch im Winter 2018/2019 dominierte er die Testfahrten. Und bei den letzten beiden Rennen in Assen und Sachsen kassierte er 25 Punkte – gleich viele wie WM-Spitzenreiter Marc Márquez auf der Repsol-Honda.

Man kann sich vorstellen, dass auch das Yamaha-Management 2018 und in der ersten Saisonhälfte 2019 zweifelte, ob Maverick die geeignete neue Nummer 1 bei Yamaha sei, während sich Rossis Karriere dem Ende zuneigt.

«Man macht sich immer Sorgen, wenn du Fahrer siehst, die schwierige Zeiten durch machen», sagt Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Motor Racing. «Im Fall von Maverick würde ich sagen, er hat seine Stärken und seine Schwächen… Seine Stärke ist: Selbst wenn er niedergeschlagen und deprimiert ist, kann er sich weiter enorm für das Training motivieren, sich weiter pushen, weiter kämpfen – und dann zurückkehren an die Spitze. Seine Schwäche besteht darin, dass er sich zu leicht in eine Negativspirale verwickeln lässt. Er erfängt sich dann – und landet dann ohne großen Aufwand in einer positiven Spirale. Er erreicht also unheimliche Höhen. Aber wenn Maverick einen schlechten Tag hat, ohne dass er sich wirklich am Ende der Welt befindet, wenn also alles halb so schlimm ist, dann zeigt sich bei ihm die Tendenz, dass seine Launen auf und ab wandern. Das halte ich auch für eine Schwäche. Denn du musst also Rennfahrer in der Lage sein, die Situation ins rechte Lot zu rücken und in der Zone zu bleiben, die zum Erfolg führt. Wenn es Maverick gelingt, in seiner Wohlfühlzone zu bleiben, kann er wirklich unglaubliche Leistungen abrufen.»

Braucht Maverick für die Phasen solcher Negativspiralen einen Mentaltrainer? Jarvis: «Ich weiß nicht, ob er einen hat. Die Fahrer betrachten alle Blinkwinkel ihrer Vorbereitung. Er hat jedenfalls an den Rennstrecken keinen Mentaltrainer dabei.»

Immerhin hat Viñales nach der Saison 2018 neben seiner Startnummer (12 statt 25) auch seinen Crew-Chief Ramon Forcada gegen seinen jüngeren Landsmann Esteban Garcia getauscht.

Inzwischen hat das Team bemerkt, dass sich Viñales in der Vergangenheit beim Set-up Freitag und Samstag oft mehr um eine einzelne schnelle Runde als um die Rennpace gekümmert hat. Dieser Fehler wird jetzt ausgemerzt. Erste Erfolge dieser sinnvollen Methode sind zu erkennen.

«Der neue Crew-Chief hat sich bei Maverick auf jeden Fall positiv ausgewirkt», ist Lin Jarvis überzeugt. «Klar, Ramon Forcada hat ein umfangreiches Wissen, enormes technisches Können und viel Erfahrung. Aber Ramons Schwachstelle ist die persönliche Kommunikation. Dazu kommt, dass er fast 40 Jahre älter ist als Maverick. Es gab also einen riesigen Generationenkonflikt und Altersunterschied. Esteban Garcia ist einerseits jünger, außerdem hat er einen anderen Zugang zum Fahrer, einen menschlicheren Approach. Seine Ankunft im Team hat sich für Maverick sicher als Vorteil erwiesen. Und wir haben mit Julián Simón einen neuen ‚Track Analyst‘ gefunden. Er ist ein Spitzenmann. Die Kombination mit den neuen Teammitgliedern Esteban als Crew Chief und Julián als neuem Riding Coach hat sich für Maverick ausgezeichnet bewährt. Gleichzeitig hat das SIC-Yamaha-Team mit Wilco und Ramon durch diese personellen Wechsel profitiert.»

MotoGP
 Ergebnis, Sachsenring:

1. Marc Márquez. 2. Viñales. 3. Crutchlow. 4. Petrucci. 5. Dovizioso. 6. Miller. 7. Mir. 8. Rossi. 9. Morbidelli. 10. Bradl. 11. Rabat. 12. Pol Espargaró. 13. Iannone. 14. Nakagami. 15. Abraham. 16. Syahrin. 17. Bagnaia. 18. Oliveira.

WM-Stand nach 9 von 19 Rennen:
1. Márquez 185. 2. Dovizioso 127. 3. Petrucci 121. 4. Rins 101. 5. Viñales 85. 6. Rossi 80. 7. Miller 70. 8. Quartararo 67. 9. Crutchlow 67. 10. Pol Espargaró 56. 

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