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Forward-Chef Giovanni Cuzari: Was er mit Bradl plant

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl ist für Forward-Yamaha ein «perfect fit». Der Bayer suchte ein schlagkräftiges Team, Giovanni Cuzari einen starken Fahrer.

Forward Racing trat erstmals 2010 als Team in der Moto2-WM in Erscheinung, es ging teilweise aus dem Hayate-Team hervor, dem inoffiziellen Kawasaki-MotoGP-Team von 2009 mit Marco Melanbri.

Inzwischen hat sich Forward Racing (In der Moto2-WM fuhr Corsi in Sachsen auf Platz 3) auch in der Königsklasse einen Namen gemacht. Der Durchbruch gelang, als die Mannschaft des ehemaligen Rallye-Piloten und leidenschaftlichen Motorsportfans Giovanni «Gio» Cuzari vor einem Jahr als einziger Rennstall von Yamaha als Open-Class-Team auserkoren wurde.

Auch die Verpflichtung des bisher fahrlässig unterschätzten Aleix Espargaró (er wurde für 300.000 Euro bei Jorge Martinez freigekauft) erwies sich als genialer Schachzug.

Doch der Spanier (jetzt WM-Sechster) will endlich richtig Geld verdienen, deshalb liess er sich für 2015 und 2016 auf ein Suzuki-Abenteuer ein.

Mit Stefan Bradl (24) gelang Forward-Racing die Verpflichtung eines
ebenbürtigen Nachfolgers. Teambesitzer Giovanni Cuzari ist die Erleichterung anzumerken.

SPEEDWEEK.com hat sich mit dem 47-jährigen Italiener unterhalten.

Giovanni, Forward und Stefan Bradl sind sich recht rasch einig geworden. Was erwartest du vom neuen Fahrer in der kommenden Saison?

Ich persönlich erwarte, dass Stefan um den sechsten WM-Platz kämpfen wird. Ich schätze ihn mindestens so hoch ein wie Aleix.

Beim Sachsenring-GP sah es noch so aus, als würde Aleix Espargaró bei Forward bleiben. Das hätte gemeinsam mit Stefan Bradl ein starkes Team ergeben?

Ja, aber Aleix wird uns verlassen. Und ich bin überzeugt, dass Stefan identische Ergebnisse herausfahren kann, wenn nicht sogar bessere.
Stefan bestreitet bereits seine dritte MotoGP-Saison, er wird bis zum Jahresende viel Erfahrung haben. Er hat grosses Potenzial, er stand in diesem Jahr oft auf dem dritten oder vierten Startplatz. Er ist den grossen Vier oft dicht auf den Fersen.

Forward und Yamaha wollen auch 2015 um die beste Open-Class-Position streiten. Mit welchem Material kann Stefan Bradl rechnen?

Wir und die Yamaha-Rennmanager Tsuji, Nakajima und Jarvis wollen 2015 unbedingt wieder die Open-Class dominieren. Und nicht nur das. Wir kümmern uns bereits um die Zukunft.
Und wie du weißt, wird die Zukunft 2016 «Einheits-ECU» heissen. Wir sind in diesem Jahr das stärkste Team mit der Einheits-ECU von Magneti Marelli. Und wir sind nahe dran, 2015 mit den besten Factory-Teams mitzuhalten, die noch ihre eigene Software benützen dürfen.

Es fiel 2014 auf, dass es Yamaha nicht störte, wenn Espargaró schneller war als das Yamaha-Werksteam. Das sieht nach grossem Zusammenhalt innerhalb der Yamaha-Familie aus?

Ja, ja, Yamaha ist sehr ehrlich. Sie geben uns die besten Motoren, die besten Fahrwerke. Sie gehen sehr aufrichtig mit uns um und stellen uns ausgezeichnetes Material zur Verfügung. Wir können dadurch gegen die Besten kämpfen...

Stimmt es, dass Stefan Bradl im November beim Valencia-Test das neueste Yamaha-Chassis testen darf, dazu das von Ex-FTR-Designer Mark Taylor gebaute Forward-Chassis? Nachher kann er die besten Komponenten für sich auswählen?

Ja, exakt. Das gilt auch für 2015. Selbst wenn uns Yamaha wieder Chassis und Schwingen anbietet, können wir Stefan auch ein Forward-Chassis in die Box stellen. Dann kann er sich entscheiden.

Euer Technik-Direktor Sergio Verbena hat angekündigt, das Team habe zwischen dem Sachsenring-GP und Indy eine neue Schwinge für Aleix Espargaró designt und angefertigt?

Ja, das ist richtig. Wir haben für Indy ein neues Chassis und neuen Schwingen für die Bikes von Aleix und Colin.

Der renommierte deutsche Elektronik-Ingenieur Dirk Debus hat in den letzten zwei Jahren in der Forward-Box eine wertvolle Rolle gespielt. Er wird im Team bleiben?

Ja, Dirk wird in den nächsten zwei Jahren Bestandteil unseres Teams sein.

Dank Dirk Debus hat Forward einen klaren Vorsprung beim Einsatz der Einheits-ECU, die 2016 für alle Teams und Werke Pflicht wird?

Richtig. Ich muss Dirk bei diesem Thema einen grossen Dank aussprechen. Die 2D-Seite ist sehr wichtig für uns. Dirk Debus und seine beiden Mitarbeiter Tex Geissler und Sander haben grossen Anteil an der Schlagkraft unseres Teams.

Stefan Bradl hat aber nur für ein Jahr unterschrieben. Warum?

Ich habe Stefan auch einen Zwei-Jahres-Vertrag angeboten. Aber ich wollte ihn nicht in die Enge treiben... Wir müssen einander zuerst kennenlernen. Wir wollen gemeinsam etwas aufbauen.
Ich habe in dieser MotoGP-Saison erkannt, dass leider niemand die Vereinbarungen einhält. Im Grunde würde für die Zukunft auch ein Handschlag ausreichen.
Wir haben mit Stefan folgendes vereinbart: Wenn er 2015 vor dem Sachsenring-GP sehr happy bei uns ist und bei uns weiterfahren will, werden wir froh und erleichtert sein.
Aber wenn er ein finanziell sehr reizvolles Angebot von einem Werksteam erhält, werden wir diesem Aspekt Verständnis entgegenbringen und unserem Fahrer nicht im Weg stehen.
Wir dürfen nicht vergessen, dass diese jungen Männer auf unseren Motorrädern ihr Leben riskieren. Sie leben für diesen Sport und bringen grosse Opfer. Wenn Stefan 2016 in einem Werksteam mehr Geld verdienen kann als bei uns, werden wir ihn gehen lassen.

Stefan Bradl sieht bei Yamaha bessere Aufstiegsmöglichkeiten als bei Honda.

Ja, denn Jorge Lorenzo wird nur für ein Jahr unterschreiben. Und die Dorna will nicht lauter Spanier in der Weltmeisterschaft haben. Deshalb könnte sich für Stefan nach der Saison 2015 eine grosse Türe öffnen.

Du hast beim Sachsenring-GP gesagt: «Ich liebe die Deutschen. Mein erster Arbeitsplatz war in Deutschland.»

Richtig. Mein erstes Geld habe ich in Altenkirchen verdient. (Dann fährt er in makellosem Deutsch fort: «Ich weiss, Entschuldigung, aber mein Deutsch ist nicht so gut.»)

Bisher haben die deutschen Firmen die MotoGP-Klasse noch nicht als Werbeplattform entdeckt. Der Markt wäre vorhanden?

Die Wahrheit ist, dass der deutsche Markt momentan der beste der Welt ist. Ich bin für alle interessierten deutschen Firmen offen.
Unser Hauptsponsor NGM Mobile steht kurz davor, in Deutschland ein sehr grosses Geschäft abzuschliessen. Zu 90 Prozent wird NGM eine neue Niederlassung in Deutschland gründen.
Auch deshalb sind wir sehr froh, die Zusammenarbeit mit Stefan gestern schriftlich besiegelt zu haben.

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