Casey Stoner: Dorna verhindert sein Comeback nicht

Kolumne von Günther Wiesinger
Casey Stoner am 29. Oktober 2012: Sechster Sieg beim Heim-GP in Serie

Casey Stoner am 29. Oktober 2012: Sechster Sieg beim Heim-GP in Serie

Der Wahrheitsgehalt mancher vermeintlicher Neuigkeiten im MotoGP-Sport ist nicht der Rede wert. Besonders in Zusammenhang mit Casey Stoner wird viel Unsinn verzapft.

Besonders die australischen Medien versteifen sich auf die irreführende Behauptung, das bisher nicht zustande gekommene MotoGP-Comeback von Casey Stoner seit auf einen Rachefeldzug von GP-Promoter Dona zurückzuführen.

Doch diese obskuren Verschwörungstheorien sind an den Haaren herbeigezogen. Das hindert freilich auch europäische Nachahmungstäter nicht, ihren Lesern die gleichen unerträglichen Märchen vorzutragen – unter Berufung auf ominöse «Insider-Kreise».

Die Dorna verhindere Wildcard-Einsätze von Stoner und habe auch dessen Comeback auf der LCR-Honda des verletzten Stefan Bradl 2013 beim Phillip-Island-GP untersagt, wird uns da von leichtgläubigen und schlecht informierten Kollegen auf die Nase gebunden.

Naja, halten wir uns lieber an die Fakten.

Casey Stoner hat am Donnerstag beim Le-Mans-GP 2012 seinen Rücktritt per Jahresende verkündet, zwei Jahre war er damals bei Repsol-Honda gefahren, auch ein 11-Millionen-Euro-Angebot für 2013 konnte den reisemüden Australier und Jungvater damals nicht umstimmen.

Stoner fuhr dann 2013 in der zweiten Division der australischen «V8 Supercars», die Erfolge blieben aus.

Und dann hätte er aus heiterem Himmel 2013 statt Bradl (Knöchelbruch eine Woche vorher in Sepang/Malaysia) in Phillip Island versuchen sollen, an alte Erfolge anzuknüpfen?

Zur Klarstellung: Stoner war nach dem Valencia-GP 2012 nie mehr auf eine MotoGP-Rennmaschine gestiegen. Er hätte geistig umnachtet sein müssen, falls er in Erwägung gezogen hätte, zehn Monate später ohne eine Testrunde (Bradl stürzte sechs Tage vor dem ersten Australien-GP-Training) auf die LCR-Honda zu steigen? Die Fans und die Medien hätten aber klarerweise eine Fortsetzung seiner unnachahmlichen Phillip-Island-GP-Siegesserie erwartet...

Diese Idee wirkt noch unsinniger, wenn man die weiteren Hintergründe betrachtet. Bradl stürzte 2013 in Sepang im FP4 am Samstag, er liess den gebrochenen Knöchel noch am selben Abend in Kuala Lumpur operieren, denn er war WM-Sechster und wollte auf jeden Fall versuchen, sieben Tage später in Australien wieder zu fahren und zu punkten.

Deshalb schaute sich LCR-Honda nie nach einem Ersatzfahrer um. Und tatsächlich spulte Bradl im FP1 in Australien 17 Runden ab, ehe er gemeinsam mit Teambesitzer Lucio Cecchinello entschied, das Comeback um eine Woche bis Motegi/Japan zu verschieben.

Nur ein Humorist könnte ?erwarten, Stoner hätte dann innerhalb von zwei Stunden für das FP2 in Phillip Island als Ersatzfahrer herbeigezaubert werden können. Er hatte keine Lizenz, wohl keine Versicherung, keinen Vertrag – er war nur zwecks einer Honda-Parade mit Doohan und Gardner zu Gast auf Phillip Island.

Ausserdem: Casey Stoner bestritt die MotoGP-WM 2006 für LCR, dann wechselte er ins Ducati-Werksteam. Das erzürnte die Honda-Manager, deshalb untersagten sie Stoner damals die Teilnahme am MotoGP-Test nach dem Valencia auf Ducati. Der bedauernswerte Lucio Cecchinello musste Casey diese unliebsame Botschaft überbringen. Seit diesem Tag straft ihn Stoner mit Nichtachtung, er grüsst ihn nicht einmal.

Diese Konstellation hätte eine Zusammenarbeit beim Australien-GP 2013 nicht gerade erleichtert.

Es war auch zu lesen, Stoners Wildcard-Anträge für Phillip Island seien von der Dorna torpediert und abgelehnt worden.

Tatsache ist viel mehr: Es gab nie welche.

2013 wäre es aus den erwähnten Gründen sinnlos gewesen, 2014 war nie die Rede davon, es hätte nur die WM-Kampagne von Marc Márquez beeinträchtigt. Es existierte keine Crew, die Casey würdig betreuen hätte können.

Und HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto hat in Texas 2015 deutlich klargestellt, dass Casey Stoner in den letzten zwei Jahren alle seine Comeback-Wünsche ausgeschlagen habe.

Dazu erklärte Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta beim Texas-GP vor zwei Monaten im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com sehr deutlich: «Casey ist ein fantastischer Fahrer. Aber er kann in der MotoGP-WM nur fahren, wenn er ein Team und ein Motorrad hat.»

2013 und 2014: Staring und Parkes als neue «Lokalhelden»

Nach dem Rücktritt von Stoner hiessen die MotoGP-Fahrer aus Australien beim Phillip-Island-GP Bryan Staring (Gresini Honda CRT) und Broc Parkes (Paul Bird Motorsport). In dieser Phase gingen die Zuschauerzahlen im Vergleich zur Stoner-Ära um die Hälfte zurück.

In so einer Situation hätten sich die profitorientierten Dorna-Manager selbst den Vorwurf der Geschäftsstörung machen müssen, wenn sie als Rechte-Inhaber und WM-Promoter beim Philllip-Island-GP ?für ihren langjährigen Vertragspartner und GP-Promoter «Australian Grand Prix Corporation» ?einen aufsehenerregenden MotoGP-Einsatz von Casey Stoner verhindert hätten.

Besonders nach Casey sechs triumphalen Phillip-Island-Siegen (von 2007 bis 2012) hintereinander.

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