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Langweiliger Motorsport? Phillip Island als Gegenteil

Kolumne von Günther Wiesinger
Die zwei schnellsten Piloten auf Phillip Island: Jorge Lorenzo (99) und Marc Márquez (93)

Die zwei schnellsten Piloten auf Phillip Island: Jorge Lorenzo (99) und Marc Márquez (93)

Wir brauchen uns ja nichts vorzumachen: Motorsport kann langweilig sein. Aber er kann auch atemberaubend, aufregend und abwechslungsreich gestaltet werden. Siehe Phillip Island.

In der Formel 1 kann man sich mitunter die wahren Überholmanöver pro Rennsaison an den Fingern einer Hand abzählen. Besonders jene, bei denen nicht das DRS (drag reduction system) im Spiel war, bei dem also der Hintermann den Heckflügel flacher stellen kann, um den wehrlosen Vordermann hinterrücks zu überwältigen.

Positionswechsel werden vorrangig an der Box vorgenommen, die Flinkheit der Reifenwechsler ist genau so entscheidend wie die Fahrkunst der Chauffeure.

So widerfahren uns in der Formel 1 regelmässig weitgehend aktionsarme Darbietungen, keiner überholt den Gegner, der ursprüngliche Sinn des Motorsports geht verloren.

Wir haben genug solche Wettbewerbe gesehen. Und Mercedes gewinnt sowieso immer. Das läuft für Bernie Ecclestone langsam auf Geschäftsschädigung hinaus.

In der Formel 1 müssen die TV-Kommentatoren mangels Ereignisreichtum über Reifenmischungen plaudern und über Zwei- oder Drei-Stopp-Strategien fachsimpeln, um Abwechslung ins Spiel zu bringen. Oder über merkwürdige Rückversetzungen, Token oder sonst einen schwer begreiflichen Unsinn.

Bei den meisten MotoGP-Rennen bleibt uns diese Langeweile erspart.

Gut, wir vergessen natürlich rasch. Dass Marc Márquez 2014 die ersten zehn Rennen alle gewonnen hat, gehört der Vergangenheit an. Ein Betriebsunfall. Wird nicht mehr so rasch vorkommen.

Der gestrige Australien-GP auf Phillip Island war ein absolutes Highlight. Eine Zweirad-Affäre, über die wir noch lange mit Begeisterung sprechen werden.

Es sollte ein Duell zwischen WM-Leader Valentino Rossi und Herausforderer Jorge Lorenzo werden. Aber die Fans bekamen viel mehr zu sehen. Ihnen wurde ein episches Gefecht von vier Piloten dargeboten – mit Rossi, Lorenzo, Márquez und Iannone in den Hauptrollen.

Man konnte diese Namen jederzeit durcheinander mischen, die Reihenfolge änderte sich in den 27 packenden Runden pausenlos. Die Zuschauer kamen kaum zum Verschnaufen. Kaum hatte das Rennen begonnen, waren nur noch acht Runden zu fahren; so fühlte es sich zumindest an.

27 glorreiche Runden.

Sicher, Jorge Lorenzo lag die meiste Zeit in Führung. Aber sein Vorsprung pendelte zwischen 0,6 und 1,3 Sekunden, es ging hin und her.

Und als man meinte, die Reihenfolge wäre festgelegt, da schoss Rossi an Márquez vorbei, der Spanier konterte umgehend, plötzlich schnappte sich Iannone beide auf einen Streich, er machte das sogar zweimal, es ging drunter und drüber.

Soll ich den entscheidenden Moment herausgreifen, den «killer move», wie die Engländer sagen?

Geht nicht. Es gab Dutzende.

Aber die Ehre fiel am Schluss Marc Márquez zu, der natürlich in der WM nichts mehr zu verlieren hat und deshalb in der letzten Runde alles aufs Spiel setzen konnte. Er zeigte ein waghalsiges Bremsmanöver, er demonstrierte Fahrzeugbeherrschung in Vollendung, er überwältigte Lorenzo, er drehte mit 1:29,280 sec in der letzten Runde seine schnellste Rennrunde, Lorenzo büsste in dieser Runde 1,1 Sekunden auf den Sieger ein.

Jetzt durchatmen. Denn am nächsten Sonntag in Sepang/Malaysia wird es in diesem Stil weitergehen.

Und jetzt schon vormerken: Sonntag, 8. November, 14. Uhr. Showdown beim Finale in Valencia.

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