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Ist es noch MotoGP oder NASCAR?

Kolumne von Peter Clifford
Wie nahe liegt 2012 das MotoGP-Feld zusammen?

Wie nahe liegt 2012 das MotoGP-Feld zusammen?

Ich bezweifle, dass 2012 die Claiming-Rule-Teams so stark sind, dass sie ins finanziell überlebenswichtige Fernsehen kommen. Ein Blick in die NASCAR-Serie würde helfen.

Die Saison 2012 in der MotoGP-WM verspricht ein Leckerbissen zu werden. Die fundamentalen Änderungen der Regeln eröffnen ungeahnte, neue Möglichkeiten. Zunächst ist da die Rückkehr zu den 1000-ccm-Maschinen. Die grössere Power der Bikes sollte den Rennen mehr Würze verleihen, obwohl die Elektronik den Fahrern hilft, die Kraft unter Kontrolle zu halten.

Die andere grosse Änderung ist die Möglichkeit, in der MotoGP seriennahe Motoren aus dem Superbike-Bereich einzusetzen. Das ermöglicht mehr Teams die Chance, eigene Motorräder zu bauen, um in die Königsklasse einzusteigen.

Natürlich ist es sehr unwahrscheinlich, dass diese Bikes den Werksmaschinen Paroli bieten können. Sie dürfen zwar drei Liter mehr Benzin verwenden als die etablierten Gegner. Das ist essentiell, weil die Neueinsteiger nicht die ausgeklügelten elektronischen Systeme, welche die Benzinzufuhr exakt regeln, zur Verfügung haben. Die Werksteams haben in den letzten Jahren viel Geld investiert und die Entwicklung vorangetrieben. Die Werke haben auch genügend Budget, um die besten Fahrer zu bezahlen oder die Traktionskontrollen weiter zu verbessern. Damit ist ihnen der Vorsprung auf die Einsteiger gewiss.

Solange sich an ihrer Dominanz nichts ändert, werden die grossen Hersteller nichts gegen die neuen Regeln einwenden. Das Problem an dieser Konstellation ist, dass die privaten Claiming-Rule-Teams normalerweise nicht im Fernsehen zu sehen sind. Ohne TV-Präsenz lockt man keine Sponsoren an.

Heutzutage hat man verloren, wenn man nicht im Fernsehen zu sehen ist. Ein Blick in die amerikanische NASCAR-Serie zeigt, wie es funktioniert. Natürlich werden auch bei NASCAR die Autos an der Spitze im TV gezeigt – aber die Rennen sind choreographiert, mit vielen Pace-Car-Phasen bleibt das Feld zusammen und wird immer wieder durcheinander gewirbelt. So haben alle Fahrer die Chance, irgendwann im Rennen vorne mitzufahren und so ins Fernsehen zu kommen.

Hinzu kommt, dass das ganze Feld dieselbe Wagen-Silhouette fährt, die Aerodynamik und die Technik sind strikt reglementiert. Einzig bei den Motorenherstellern gibt es Unterschiede. Das garantiert ausgeglichene Rennen.

Werden wir dasselbe in der MotoGP sehen? Wird die Dorna die Regeln so gestalten, dass die CR-Teams mithalten können und Chancen auf TV-Präsenz haben?

Die grossen Werke werden das zulassen, solange sie Rennen gewinnen. Die Benzinregel könnte dazu führen, dass die CR-Teams mehr oder weniger konkurrenzfähig sind. Safety-Car-Phasen wären ein grösserer Eingriff in die Rennen als bisher, aber wer weiss, vielleicht werden sie benötigt.

Auch in der Moto2 könnte man ein Safety-Car ins Auge fassen. Im Jahr 2010 waren die Rennen der neuen Klasse völlig unberechenbar, viele Teams bekamen ihre Chance, sich am Fernsehen zu präsentieren. Dieses Jahr schaut das anders aus. Nun liegen Woche für Woche dieselben Fahrer an der Spitze. Wenn das so weitergeht, werden viele Teams finanzielle Probleme bekommen oder Pleite gehen.

Moto2 erinnert ohnehin an NASCAR. Man fährt mit Einheitsmotoren, nur bei den Chassis gibt es Unterschiede. Genau andersrum als bei NASCAR – aber dahinter steckt diesselbe Idee und ergibt denselben Effekt.

Vielleicht hilft ein Blick auf die Formel 1 statt zur NASCAR-Serie. Die diesjährige Formel 1 ist zweifellos aufregender geworden mit KERS und dem verstellbaren Heckflügel. Diese Elemente im Motorradsport einzuführen, ist allerdings schwer vorstellbar. Einfacher zu übernehmen wären die Boxenstopps und die Pflicht, verschiedene Reifentypen zu verwenden.

Das würde die MotoGP definitiv komplett durcheinanderwirbeln.


SPEEDWEEK-Kolumnist Peter Clifford war MotoGP-Teamchef von Red Bull Yamaha WCM und arbeitet heute in verantwortlicher Position im Red Bull Rookies Cup.

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