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Blamage in Las Vegas: Kanaldeckel als tödliche Gefahr

Von Mathias Brunner
Carlos Sainz mit seinem Ferrari

Carlos Sainz mit seinem Ferrari

​Blamage für die F1 als Ausrichter des Las Vegas-GP und für die FIA: Rahmen eines Kanaldeckels kaputt, zwei Autos beschädigt, Training nach zehn Minuten abgebrochen. Kanaldeckel bleiben eine tödliche Gefahr.

Nach knapp zehn Minuten des ersten Trainings auf dem neuen Las Vegas Strip Circuit war alles vorbei: Carlos Sainz’ Ferrari blieb nach einem üblen Schlag stehen. Wie sich herausstellte, war der Betonrahmen eines Kanaldeckels gebrochen und hat dann den Wagen von Sainz beschädigt. Auch Alpine meldet Schäden am Auto, am Renner von Esteban Ocon.

Die FIA brach das Training ab, nun müssen alle Kanaldeckel auf dem mehr als sechs Kilometer langen Kurs geprüft und notfalls repariert werden. Wie lange das dauert, weiss gegenwärtig keiner.

Es ist derzeit nicht klar, wie es zum Bruch des Gullydeckel-Rahmens kommen und wie ein allfällig schlampig gearbeiteter Rahmen übersehen werden konnte.

Kanaldeckel? Moment mal, da war doch was! Genau – auch das erste freie Training zum Grand Prix von Aserbaidschan 2019 in Baku musste nach dem Unfall von George Russell abgebrochen werden. Lose Kanaldeckel bleiben im Motorsport eine tödliche Gefahr.

Der Vorfall heute in Las Vegas ist fast eine Kopie des Zwischenfalls von Baku: Nachdem George Russell über einen losen Kanaldeckel gefahren ist und sein Williams schwer beschädigt wurde, konnte das erste freie Training zum Aserbaidschan-GP nicht wieder aufgenommen werden.

Fachkräfte schwärmten auch damals aus, um die Kanaldeckel zu sichern. Das klingt einfach, ist es aber nicht – rund um den Kurs des Baku City Circuit gibt es beispielsweise 320 solcher Kanaldeckel!

So ungewöhnlich ist es nicht in der Formel 1, dass Drainagen zur tödlichen Gefahr werden. 2018 ist in Monaco Ähnliches passiert. Nur einer konnte damals am Trainings-Donnerstag in Monte Carlo die Red Bull Racing-Piloten stoppen – ein Kanaldeckel. Max Verstappen befand sich auf einer extrem flotten Runde, als im zweiten freien Training die rote Flagge gezeigt wurde. Wie sich herausstellte, gab es ein Problem an einem Gully-Deckel ausgangs Casino-Platz Richtung Mirabeau.

Der frühere Rennleiter Charlie Whiting (im März 2019 verstorben) begab sich vor Ort. Wie aus dem Nichts tauchte ein Lieferwagen mit Schweissgerät und Fachpersonal auf. Die Monegassen sind in solchen Fällen extrem fit, denn es gab dort nicht zum ersten Mal Ärger mit Kanaldeckeln.

Am ersten Monaco-Trainingstag 2016 wurde vom Mercedes von Nico Rosberg ein Kanaldeckel aus seiner Verankerung gehoben, der nachher den McLaren-Honda von Jenson Button traf. Nach dem Zwischenfall wurde ein Ersatzdeckel beschafft und erneut mit dem Schweissbrenner festgemacht. Grundsätzlich werden alle Kanaldeckel vor einem Rennwochenende auf dem Strassenkurs besonders verschweisst oder gesichert. Doch beim betreffenden Deckel reichte das offenbar nicht.

Aber wieso nicht? Wie sich herausstellte: In der 25 auf 25 Zentimeter grossen Platte hatte sich ein Riss gebildet. Als immer und immer wieder Formel-1-Renner darüberfuhren, brach der Deckel – obschon er an vier Punkten verschweisst worden war. Es handelt sich übrigens um eine massive Platte, kein Gitter, das Gitter befindet sich dahinter. Die Platte wird normalerweise geöffnet, um die Drainage zu inspizieren.

Die FIA-Regelhüter baten daraufhin die Rennorganisatoren, sämtliche Kanaldeckel noch einmal zu überprüfen. Was am Donnerstagabend bis in die Nacht hinein erledigt wurde. Eine ähnliche Inspektion gab es nach dem Zwischenfall 2018.

2010 crashte Rubens Barrichello oben am Casino schwer. Wie sich später herausstellte, hatte sich der Brasilianer offenbar an einem Kanaldeckel den Reifen aufgeschlitzt. Die Williams-Techniker glauben, dass damals der Vorderreifen des Renners den Deckel herausgesaugt hat, daraufhin wurde der Hinterreifen lädiert. In Runde 31 platzte der Reifen und bei Tempo 260 war «Rubinho» nur noch Passagier.

Aber Ärger gab es nicht nur in Monaco, sondern auch auf dem Sepang International Circuit von Malaysia. Ein kurioser Crash hatte 2017 in Malaysia für eine vorzeitiges Ende des zweiten freien Trainings gesorgt – und für einen stark beschädigten Haas-Boliden. Romain Grosjean wurde Opfer eines losen Gully-Deckels, der seinen rechten Hinterreifen explodieren liess.

In Baku 2016 löste sich in der Boxengasse ein Abflussdeckel, als der damalige Williams-Fahrer Valtteri Bottas ein wenig nahe an der Boxenmauer entlangfuhr. Der Deckel wurde auf die Bahn geschleudert, zum Glück traf das Metallbruchstück niemanden.

Der Genfer hatte Glück im Unglück und blieb beim Unfall unverletzt. Für den Schaden von rund 750.000 Dollar kamen die malaysischen Rennorganisatoren auf. Für solche Fälle sind sich versichert.

2005 fuhr der frühere McLaren-Pilot Juan Pablo Montoya in Shanghai über einen Kanaldeckel, der sich wie eine wütende Schlange aufgestellt hatte. Unterboden und Kühler wurden beschädigt.

1990 fuhr der Spanier Jesus Pareja beim Sportwagen-WM-Lauf auf dem Circuit Gilles Villeneuve über einen losen Kanaldeckel, der Tank seines Porsche 962 wurde aufgeschlitzt, der Gruppe-C-Renner begann zu brennen. Pareja kam zum Glück rechtzeitig aus seinem Auto heraus.


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