DTM: Die Tops und Flops aus Spielberg

Von Andreas Reiners
Die Tops und Flops aus Spielberg

Die Tops und Flops aus Spielberg

Strafenchaos, Disqualifikation, Gelbe Flaggen, strahlende Gewinner, tobende Verlierer: Die Liste der Tops und Flops aus Spielberg ist lang.

Tops:

BMW: Mit dem ersten Punkt unserer Liste arbeiten wir einen Großteil des sechsten Saisonrennens bereits ab. Denn die Münchner waren dominant. Nach dem Dreifach-Sieg 2013 nun ein Vierfach-Erfolg in Spielberg. BMW ist derzeit der Hersteller der Stunde. Nebenbei lösten die Münchner auch Audi als Führender in der Herstellerwertung ab. Natürlich kam der chaotische Verlauf den BMW-Piloten auch entgegen. Doch dazu später mehr.

Marco Wittmann: Zusatzgewichte? Na und? Verpatzter Start? Egal. Chaos an der Spitze? Kein Problem: Marco Wittmann hat derzeit in der DTM alles im Griff. Nicht nur seine Nerven nach einem sehr schwachen Start (von Platz drei auf sieben), sondern auch die Konkurrenz, die er trotz Performance-Gewichte dominiert. Deshalb ist es auch vollkommen verdient, dass der Youngster in seiner gerade erst zweiten DTM-Saison dem Titel entgegenfährt (Zum Interview). 95 Punkte hat er auf dem Konto, 39 Zähler sind es bis zum Zweiten Mattias Ekström.

Timo Glock und Augusto Farfus: Beide feierten ihre besten Saisonresultate. Und beide haben nun 33 Punkte auf dem Konto. Glock stand erstmals seit seinem Sieg in Hockenheim 2013 wieder auf dem Podium. Spielberg scheint ihm zu liegen, auch 2013 fuhr er als Dritter auf das Podium. Farfus, der nach der Vizemeisterschaft 2013 in dieser Saison gefühlt nur so mitfährt, setzte mal wieder ein Ausrufezeichen. Vor allem durch seine harten, aber immer fairen Duelle mit Robert Wickens. Warum es für ihn nicht zum Sieg reichte, erklären wir weiter unten.

Martin Tomczyk: Ein kleiner Befreiungsschlag. Der Ex-Meister hatte eine lange Durststrecke hinter sich, acht Punkte nur und immerhin drei Nullnummern. Tomczyk zeigte sich nahezu ratlos, haderte mit den anhaltenden Problemen. In Spielberg fuhr der Rosenheimer, der vor der Saison zum Schnitzer-Team gewechselt war, auf Platz vier. Und rief sich mal wieder in Erinnerung. Vor allem bei seinem Chef.

Timo Scheider: Noch ein Ex-Meister, der tief durchatmen kann. Auch Scheider hatte eine schwierige Saison, mit einigen Pannen und Patzern. In Spielberg fuhr der zweimalige Champion ein souveränes Rennen und immerhin von Startplatz 14 auf Rang fünf. So soll es weitergehen (Zum Interview).

DTMDA: Diese Abkürzung steht für die neue Fahrer-Gewerkschaft (DTM Driver Association). In Spielberg nahm die Vereinigung offiziell ihre Arbeit auf. Die Idee dahinter, mehr Einfluss zu bekommen und alle Fahrer mit einer Stimme sprechen zu lassen, ist richtig und wird von den Herstellern nach eigener Aussage auch unterstützt. Nun bleibt nur noch die Frage der Umsetzung in der Praxis und wie viel Einfluss die DTMDA am Ende dann tatsächlich hat. Ein kleiner Wermutstropfen: In Mattias Ekström macht ausgerechnet einer nicht mit, der mit seiner Erfahrung und seinen Ideen hätte helfen können (Zum Bericht). Seine Gründe? Nicht so ganz nachzuvollziehen.

Flops:

Rennleitung: Ja, die Rennleitung hat eine Menge zu tun. Und ja, die Entscheidungen müssen sehr oft sehr schnell getroffen werden. Im Fall von Robert Wickens (Zum Bericht) und Pascal Wehrlein (Zum Bericht) verlief das ganze Prozedere aber sehr unglücklich. Beide waren in Runde 22 nach dem Reifenwechsel praktisch zeitgleich zu früh von ihrer Crew wieder in die Fastlane der Boxengasse entlassen worden. Wickens behinderte Glock, Wehrlein fuhr Wittmann ins Auto.

Die Untersuchungen ergaben zunächst: «No further Action» bei Wehrlein, Durchfahrtsstrafe bei Wickens. Die restliche Geschichte beim Kanadier ist schon jetzt DTM-Geschichte. Und eine Tatsachenentscheidung, wie die Rennleitung im Anschluss immer wieder betonte. Diese Tatsachenentscheidung machte sie später bei Wehrlein aber wieder rückgängig und bestrafte ihn mit einer Startplatzversetzung. Was dafür sorgte, dass der Ärger vor allem bei Mercedes groß war (Zum Bericht). Und auch bei den Fans, die bei dem ganzen Strafen-Wirrwarr kaum noch durchblicken.

Mercedes: So schnell kann es gehen: Nach dem Qualifying noch die großen Gewinner, waren die Stuttgarter nach dem Rennen in Spielberg die großen Verlierer. Keine Frage, ein Unsafe Release kann immer passieren. Wie Mercedes sich in der Situation verhielt, sorgte aber für reichlich Stirnrunzeln. Zunächst gab es eine telefonische Rücksprache mit Motorsportchef Toto Wolff, der nicht vor Ort war und von DTM-Manager Wolfgang Schattling vertreten wurde. Es ist verständlich, dass Mercedes den Verdacht hegte, die Rennleitung habe die Vorfälle von Robert Wickens und Pascal Wehrlein (siehe Rennleitung) verwechselt. Allerdings hätte den Verantwortlichen auch klar sein müssen, dass die Durchfahrtsstrafe gegen Wickens eine Tatsachenentscheidung war, gegen die kein Einspruch möglich ist. So hat man zumindest die Möglichkeit verpasst, den Kanadier die Strafe absitzen zu lassen. Punkte wären nämlich locker noch drin gewesen.

Robert Wickens: Es ist vollkommen verständlich, dass der Kanadier einen riesigen Hals hatte. Ein Unsafe Release ist nur selten die Schuld des Fahrers, der sich auf die Freigabe seiner Mannschaft verlassen muss. Auch seine Auslegung («Es war regelkonform») ist zumindest nachvollziehbar, denn es war in der Tat eine knappe Geschichte. Doch an der Tatsachenentscheidung gibt es nichts zu rütteln. Und die wurde dem Kanadier auch an Start-Ziel angezeigt. Heißt: Auch wenn über Funk nichts kam, hätte er eigentlich Bescheid wissen müssen. Dass er nach der Disqualifikation fast noch Augusto Farfus abschoss (Zum Bericht) und in der Einfahrt der Boxengasse fast in einen Reifenstapel krachte, war allerdings völlig unnötig. Denn es trübte das Gesamtbild nach einer zuvor sehr starken eigenen Leistung gewaltig.

Jamie Green: Alles sah nach einem genialen Coup aus. Im Nachhinein stellte sich die Aktion des Briten aber als Eigengtor heraus (Zum Bericht). Der Audi-Mann ignorierte in Runde 22 den Teamfunk und fuhr auf den Optionsreifen eine Runde länger als die Konkurrenz. Eine Runde zu lange, wie sich zeigte. Am Ende wurde es Platz acht statt das Podium. Top allerdings: Green gab seinen eigenen Fehler unumwunden zu.

Verfolger: Sie patzen reihenweise: die Verfolger von Marco Wittmann. Zu dessen eigener Stärke kommt die Schwäche der Konkurrenz hinzu. Alle ernsthaften Verfolger waren beim Qualifying in Spielberg unter ferner liefen. Nach Platz sieben im Rennen ist im Grunde nur noch Mattias Ekstzröm mit 56 Punkten und somit 39 Zählern Rückstand ein ernsthafter Verfolger. Der Dritte Bruno Spengler hat bereits 53 Punkte Rückstand auf Wittmann. Das Problem: Ekströms Probleme beim Qualifying. Zwar macht der Schwede immer zahlreiche Plätze gut (in Spielberg waren es mal wieder acht), aber um noch ein Wörtchen mitreden zu können, braucht der zweimalige Champion eins: Siege.

Audi: Audi in der Krise? Ja, in der Siegkrise. Im Qualifying in Spielberg erlebten die Ingolstädter mit nur einem Auto in den Top Ten schon ein Debakel, im Rennen landete immerhin ein Quartett unter den besten Zehn. Aber: Audi ist als einziger Hersteller in dieser Saison noch ohne Sieg. Der letzte Erfolg liegt nun schon genau ein Jahr zurück. Am 4. August 2013 gewann Mike Rockenfeller in Moskau. Seitdem? Tote Hose. Die Folge: In der Herstellerwertung droht BMW zu enteilen. In der Fahrerwertung ist Wittmann fast schon außer Reichweite. Wie sagte Mattias Ekström, der einzig verblieben Wittmann-Verfolger? Es ist an der Zeit, Gas zu geben.

Teamorder: Die Teamsituation in der DTM ist eine Besondere. Denn immerhin acht bzw im Fall von Mercedes sieben Fahrer treten für einen Hersteller an. Dass man ab einem gewissen Zeitpunkt der Saison an eine Stallregie denkt, ist nachvollziehbar. Schön für den Fan vielleicht nicht, aber nachvollziehbar. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich gewesen, dass Wittmann während des Rennens beim Überholen von Timo Glock und Augusto Farfus keine große Gegenwehr bekam. Auch war es abzusehen, dass Audi-Mann Mattias Ekström am Ende noch an Jamie Green vorbeizog. Was aber ein wenig nervt: Dass die Hersteller bei diesem Thema wahnsinnig rumeiern: Alle machen es, jeder sieht es, aber kaum einer gibt es zu.

Gelbe Flaggen: Als Antonio Felix da Costa seinen BMW in der zwölften Runde abstellen musste, wurden Gelbe Flaggen geschwenkt. Heißt für die Piloten: In diesem Sektor muss zwingend verlangsamt werden. An und für sich eine völlig sinnvolle Regelung, alleine aus Sicherheitsgründen. «Ich bin komplett vom Gas. Aber weil ich in der Runde zuvor in diesem Sektor zwei Autos überholt hatte, war ich dann unter Gelb wohl keine halbe Sekunde langsamer. Nach der Strafe war das Rennen für mich quasi zu Ende. Ob die Strafe so Sinn macht oder nicht, sei dahingestellt», sagte beispielsweise Audi-Pilot Nico Müller. Er war einer von sage und schreibe fünf (!) Piloten, die in dem Sektor zu schnell fuhren. Und deren Rennen aufgrund einer Durchfahrtsstrafe daraufhin zerstört war.

Neben Müller waren noch sein Markenkollege Edoardo Mortara, Mercedes-Mann Daniel Juncadella sowie die BMW-Piloten Joey Hand und Maxime Martin betroffen. Mortara sagte anschließend vielsagend: «Es gab besondere Entscheidungen der Rennleitung ...» Das Reglement sorgt immer wieder für Diskussionen. Oft auch zurecht. In Spielberg war es offenbar problematisch, konstant langsamer zu fahren, da das Ende des zweiten Sektors in einer Kurve liegt. Aber im Grunde ist es ja fast schon eine Bankrotterklärung, dass ein Quintett offenbar nicht in der Lage ist, die Regelung unter Gelben Flaggen zu beachten. Und alle anderen 18 haben es ja anscheinend problemlos hinbekommen.

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