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Toyotas geheime Hallen: SPEEDWEEK.com durfte rein

Von Martina Müller
Windkänale, Motorenprüfstände, Simulator und alles was es braucht, um erfolgreiche Rennwagen herzustellen. Bei Toyota im Großraum Köln entstehen nicht nur die TS050 Hybrid für die Sportwagen-WM, sondern noch viel mehr.

Marsdorf zeigt das gelbe Ortsschild am Zielort. Hört sich zunächst an, wie vom anderen Stern, doch danach ausschauen tut es eher nicht. Mitten im Großraum Köln und unweit des Autobahn-Kreuzes von A1 und A4 befindet sich ein Industriegebiet mit Baumarkt, Möbelhaus, Sportgeschäft und Fernfahrer-Imbiss. Grundsätzlich also eher irdische Etablissements. Doch nach einigen Links- und Rechtsabbiege-Manövern erscheint die Hausnummer 7 der Toyota-Allee. Hinter deren Zäunen und Mauern verbirgt sich eine der größten und bestausgestattetsten Motorsportfabriken der Welt. Hier sitzt die Toyota Motorsport GmbH (TMG). Einfach hinein spazieren ist selbstverständlich nicht möglich. Nur falls der eigene Name auf einer beim Pförtner hinterlegten Liste zu finden ist, wird Einlass gewährt.

Im Hinterhof eines recht weitläufigen Gebäudekomplexes lassen sich einige LKW erkennen, die mit den Logos von 'Toyota Gazoo Racing' beklebt sind. Diese dienen dafür, die TS050 Hybrid aus der Sportwagen-WM (FIA WEC) zu den jeweiligen Rennstrecken zu befördern. Und auch beim Betreten des Haupthauses fällt sofort ins Gesicht, dass auf diesen Hallen nicht nur Motorsport drauf steht, sondern auch drin ist. Angesicht zu Angesicht steht der Besucher mit dem TF110, dem für die Saison 2010 entwickelten Formel-1-Rennwagen, der durch den Toyota-Ausstieg aus der Königsklasse zum Ende der Saison 2009 jedoch niemals Grand-Prix-Luft schnuppern durfte.

Im oberen Stockwerk fällt neben einer idyllisch angelegten Terrasse zunächst die recht groß dimensionierte Kantine auf, die wie die meisten Anlagen im Vorfeld des Formel-1-Einstiegs von 2002 projektiert wurde und in der zu Spitzenzeiten circa 700 Mäuler in zwei Schichten gefüttert werden mussten. «Heute essen hier auch die Kollegen der Toyota Kreditbank mit uns», erklärt Hausherr und Direktor des Toyota-LMP1-Teams Rob Leupen. Aktuell arbeiten für TMG noch circa 300 Fachkräfte. Und dass diese speziell ausgewählte internationale Spezialisten sind, belegen auch die in englischer Sprache gehaltenen Speisepläne.

Begonnen hatte alles im Jahr 1979 als Rallye-Ass Ove Andersson sein 'Toyota Team Europe' von Brüssel nach in die Toyota-Allee verlegte. Insgesamt besteht die Anlage heute aus über 30.000 Quadratmetern Nutzfläche, von deren Standard selbst das ein oder andere aktuelle Formel-1-Team nur träumen kann. 'Marsdorf' – dieser Name ist hier absolut Programm. Saubere Böden in modernen Einrichtungen, in denen in die Arbeit vertieft wirkende Menschen daher schlendern. So wird es wohl tatsächlich einmal in einem Dorf auf dem der Erde am nächsten gelegenen Planeten aussehen – falls er jemals besiedelt werden sollte.

Nicht nur einer, nein sogar zwei Up-to-Date-Windkanäle sind natürlich ebenfalls vorhanden. In diesen wird auch immer wieder ganz geheim an aktuellen Formel-1-Rennwagen getüftelt. Den Grund für die Fremdnutzung kennen die jeweiligen Teams der Königsklasse natürlich nur selbst. Doch es heißt, dass die beiden TMG-Gebläse teilweise sehr viel bessere Werte liefern würden, als Andere. «Die Windkanal-Zeit für unsere WEC-Autos ist auf 800 Stunden pro Jahr begrenzt. Also vermieten wir die restliche Kapazität an andere Projekte», so Leupen weiter.

Neben dem TS050 Hybrid aus der FIA WEC oder dem Motor für den Toyota aus der Rallye-WM entsteht bei TMG noch sehr viel mehr Hochtechnologie – nicht nur aus dem Motorsport. «Wir haben hier über 60 Projekte im Jahr. Das LMP1-Programm ist nur eines davon. Grundsätzlich sind wir in der Lage, ein komplettes Fahrzeug bei uns im Hause zu bauen. Wir haben auch eigene Motorenprüfstände und natürlich auch eine Produktion. Dort fertigen wir zum Beispiel das Monocoque für den TS050 Hybrid», ist Leupen berechtigterweise immens stolz. Auch ein Simulator fehlt selbstverständlich nicht.

Doch neben all den so zukunftsorientierten Facilities vergisst Toyota nicht die eigene Vergangenheit. Über einen mit Betonwänden gesicherten Flur gelangt der Besucher an eine riesige in braun gehaltene Stahltür. Hinter dieser verbirgt sich eine Rennwagen-Sammlung, die Motorsport-Enthusiasten regelrecht die Sprache verschlagen lässt. Fein sortiert nach den Themengebieten Rallye, Formel 1 und Sport-Prototyp stehen hier jene Erzeugnisse, mit denen Toyota in den letzten Jahrzehnten weltweite Motorsport-Geschichte schrieb.

Ganz hinten in einer dunklen Ecke befindet sich auch der heimliche Star: Die Straßenversion des TS020. Diese wurde nötig, damit Toyota im Jahre 1998 an den 24 Stunden von Le Mans teilnehmen konnte. Rennfahrzeuge der damaligen GT1-Klasse mussten von einem Straßenauto abgeleitet sein. Also entstand das extravagante Gefährt. Mehr als insgesamt 20 Kilometer soll der Wagen jedoch nie gefahren sein.

Beim Verlassen dieser so unwirklich erscheinenden Anlage mitten im Industriegebiet von Köln-Marsdorf und dem nicht endend wollenden Reflektieren über das Gesehene wird einem nicht nur bewusst, wie professionell der Motorsport in der Spitze heutzutage geworden ist, sondern auch, wie gut TMG im Vergleich zu vielen Mitbewerbern aufgestellt ist. Sollte die Menschheit irgendwann einmal tatsächlich zum Mars fliegen, dann sicherlich nur von hier aus. Ein Autobahn-Anschluss an A4 und A1 wäre ja auch schon vorhanden.

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