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Formel-1-Wunderkinder: Glücklich wurden nur wenige

Von Mathias Brunner
​​Viel Talent und noch mehr Geld haben Lance Stroll 2017 einen Platz bei Williams gesichert. Der Kanadier gab sich demütig. Er weiss – für einige Wunderkinder wurde der Traum von der GP-Karriere zum Albtraum.

Als der Kanadier Lance Stroll zum Grossen Preis von Australien 2017 antrat, war er der zweitjüngste Grand-Prix-Fahrer, mit 18 Jahren und 148 Tagen. Nur Max Verstappen war noch jünger, als er zwei Jahre zuvor in Melbourne das Rennen aufnahm. Stroll hat im Verlauf seiner ersten Grand-Prix-Saison bewiesen, dass er Talent hat, aber das hatten vor ihm auch viele andere blutjunge Rennfahrer – und doch ist für sie aus der grossen Karriere nichts geworden. Wer zu früh in die Königsklasse aufstieg, für den erwies sich der vermeintliche Segen als Fluch.

Wir haben uns die zehn jüngsten Formel-1-Fahrer der WM-Historie seit 1950 angeschaut und sind der Frage nachgegangen, was aus ihnen geworden ist. Konnten die Wunderkinder die Erwartungen erfüllen? Die Antwort ist verblüffend.

Max Verstappen (NL)
Formel-1-Debüt: Australien 2015 (17 Jahre und 166 Tage)
Wird auf ewig der jüngste Formel-1-Fahrer bleiben, denn der Autoverband FIA hat inzwischen Richtlinien für junge Piloten erlassen, samt Mindestalter 18. Beendete seine erste WM-Saison als Zwölfter. Wurde im Mai 2016 von Toro Rosso zu Red Bull Racing versetzt und bedankte sich mit dem Sieg in Barcelona. Wurde WM-Fünfter 2016. Gewann 2017 in Malaysia und Mexiko zwei weitere Rennen und schloss die WM nur deshalb als Sechster ab, weil sein Auto im ersten Teil der Meisterschaft so unzuverlässig war. Kein Zweifel: Ein kommender Weltmeister.

Lance Stroll (CDN)
Formel-1-Debüt: Australien 2017 (18 Jahre und 148 Tage)
Leistete sich bei den Vortests und an den ersten Rennwochenenden einige Fehler. Konnte erst bei Saisonlauf 7 die ersten Punkte einfahren, ausgerechnet in seiner Heimatstadt Montreal. Ab da lief es besser: Sensationeller dritter Rang in Baku, in einem chaotischen Rennen, in welchem viele die Nerven verloren, Stroll sie aber behielt. Dritte Punktefahrt in Folge in Östereich. Später Siebter in Monza, Achter in Singapur und Sepang, Sechster in Mexiko. Das ergab einen zwölften WM-Schlussrang, für den sich der Québecois nicht schämen muss.

Jaime Alguersuari (E)
Formel-1-Debüt: Ungarn 2009 (19 Jahre und 125 Tage)
Wurde Ende 2011 nach 46 Rennen bei Toro Rosso ersetzt – zu wenig Perspektive, zu Red Bull Racing aufzusteigen. Wurde damit mit 21 Jahren zum jüngsten Formel-1-Arbeitslosen. Später bei Pirelli als Testfahrer engagiert. Ohne Geldgeber im Rücken wenig Aussicht auf ein GP-Comeback. Highlights: zwei Mal Rang 7 (in Monza 2011 und Südkorea 2011). Arbeitet heute als DJ, vom Rennsport bitter enttäuscht.

Mike Thackwell (NZ)
Formel-1-Debüt: Kanada 1980 (19 Jahre und 182 Tage)
Wurde im GP-Sport nur fünf Rennen alt. Konnte mit unterlegenem Material von Arrows, Tyrrell und RAM-March nie zeigen, welch vorzüglicher Rennfahrer er war. Drehte dem Sport ernüchtert den Rücken und wurde Hubschrauber-Pilot. Highlight in der Formel 1 – keines, keine einzige Zielankunft!

Ricardo Rodríguez (MEX)
Formel-1-Debüt: Italien 1961 (19 Jahre und 208 Tage)
Der jüngere Bruder von Pedro galt als künftiger Weltmeister – falls er überleben würde. Die Risiko-Bereitschaft war, gemessen am Sicherheits-Standard von Strecken und Fahrzeugen, Russisch Roulette auf Rädern. Stürzte im Training zum Heim-GP von Mexiko 1962 in der überhöhten Peraltada-Kurve zu Tode. Highlight: Rang 4 in Spa-Francorchamps 1962 als Ferrari-Werksfahrer.

Fernando Alonso (E)
Formel-1-Debüt: Australien 2001 (19 Jahre und 218 Tage)
Formel-1-Champion 2005 und 2006 (mit Renault). Mit etwas Glück könnte er bereits fünffacher Champion sein – Alonso schrammte mit McLaren 2007 sowie mit Ferrari 2010 und 2012 jeweils knapp am Titel vorbei. 2013 letztmals mit Ferrari siegreich, ab 2015 bei McLaren-Honda. Gilt auch heute noch als einer der besten Piloten. Und als einer der vielseitigsten: Grosses Debüt 2017 beim Indy 500, 2018 tritt er mit Toyota in der Langstrecken-WM an. Und hofft, mit McLaren-Renault endlich auch wieder in der Formel 1 Spitzenränge einfahren zu können.

Esteban Tuero (RA)
Formel-1-Debüt: Australien 1998 (19 Jahre und 320 Tage)
Von der argentinischen Regierung zum Aufstieg in die Formel 1 gedrängt. Vom GP-Renner komplett überfordert. Schloss sich teilweise heulend in die Hotelzimmer ein und wollte nicht zum Training erscheinen! Fuhr danach jahrelang mässig erfolgreich in der argentinischen Tourenwagen-Meisterschaft. Formel-1-Highlight: Rang 8 in Imola 1998.

Chris Amon (NZ)
Formel-1-Debüt: Belgien 1963 (19 Jahre und 324 Tage)
So wie Stirling Moss der beste Fahrer ist, der nie Weltmeister wurde, war Chris Amon vielleicht der beste Fahrer, der nie einen Grand Prix gewonnen hat. Unzählige Male lag der stille Kettenraucher in Führung – nur um den so lange ersehnten Triumph im Rahmen der Formel-1-WM durch ein Missgeschick oder technischen Defekt zu verlieren. Schaffte es auch immer wieder, seine Karriere schlecht zu timen. So verliess er Ferrari desillusioniert vor der Saison 1970 und der Renaissance der Roten mit Jacky Ickx und Clay Regazzoni. Formel-1-Abenteuer mit einem Eigenbau war ein Desaster. Wurde im Zeitraum von 14 Jahren 96 Grands Prix alt. Highlights: Drei zweite Ränge (Deutschland 1968, Belgien 1970, Frankreich 1970). Gewann in fast jeder Kategorie, in der er antrat, auch in der Formel 1 – aber Silverstone 1970 und Argentinien 1971 zählten eben nicht zur Weltmeisterschaft. Chris Amon verstarb anfangs August 2016.

Daniil Kvyat (RU)
Formel-1-Debüt: Australien 2014 (19 Jahre und 324 Tage)
Nach einem Jahr bei Toro Rosso zu Red Bull Racing befördert, beendete die Saison 2015 einen Rang vor Daniel Ricciardo auf Schlussplatz 7. Musste 2016 nach dem Russland-GP bei RBR Max Verstappen weichen und zu Toro Rosso zurückkehren. Noch vor dem Ablauf der Saison 2017 wurde der Russe aus dem Red-Bull-Förderprogramm entlassen.

Esteban Ocon (F)
Formel-1-Debüt: Belgien 2016 (19 Jahre und 345 Tage)
Kam 2016 zu Manor, als dort dem Indoniesier Rio Haryanto die Kohle ausgegangen war. Der GP3-Champion von 2015 begann eine tolle Serie. Er brachte den schwachen Manor ständig ins Ziel. Mit Platz 12 in Brasilien als Highlight. Seit 2017 sitzt der Mercedes-Schützling in einem Force-India-Renner. Die Zielankünfte gingen weiter, nun aber in den Top-Ten. Bis und mit Lauf 18 in Mexiko erreichte Ocon 17 Platzierungen unter den besten Zehn, mit fünften Rängen in Barcelona und Mexiko-Stadt. Seine Duelle mit dem genervten Sergio Pérez gingen unter die Haut. In Brasilien fiel Ocon aus, weil er über seinen Landsmann Romain Grosjean stolperte. Am Ende wurde er WM-Achter. Im Fahrerlager gilt als klar: Früher oder später sitzt dieses Naturtalent in einem Silberpfeil.

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