History: Rennlegende Bruce McLaren – die Wahrheit

Von Mathias Brunner
​Vor 50 Jahren gewann der Traditionsrennstall McLaren in Belgien den ersten Grand Prix. Firmengründer Bruce McLaren erlaubt in einem neu aufgelegten Buch Einblicke in den Rennsport der 60er Jahre.

Der Neuseeländer Bruce McLaren sah das Leben als Herausforderung. Und er war bereit, dafür den höchsten Preis zu bezahlen. «Etwas gut zu machen, ist so erstrebenswert, dass es nicht töricht sein kann zu sterben, wenn man sich verbessern will. Es ist eine Vergeudung des Lebens, nichts aus seinen Fähigkeiten zu machen. Denn ich bin der Überzeugung: Das Leben sollte nicht in Jahren bemessen werden, sondern in Errungenschaften.»

Bruce McLaren sprach diese Worte bei der Beisetzung seines Freundes, des Rennfahrers Tim Mayer, Bruder des späteren McLaren-Teamchefs Teddy Mayer. 1970 hätten die Worte nicht passender sein können, als Bruce McLaren selber zu Grabe getragen wurde.

Am 2. September 1963 wurde die «Bruce McLaren Motor Racing Ltd.» gegründet. Der 26jährige Neuseeländer stellte eine kleine, verschworene Truppe zusammen, um in einer bescheidenen Werkstatt in New Malden (Surrey/England) Rennwagen zu bauen. Aus diesem zarten Pflänzchen ist der zweiterfolgreichste Formel-1-Rennstall der Welt erwachsen: nur das grosse Ferrari ist älter und hat mehr Siege eingefahren. Aus einer Handvoll Weggefährten wurden rund 2000 Fachkräfte der McLaren-Gruppe.

Ironischerweise entstand Team Bruce McLaren aus dem Wunsch heraus, für die Winter-Meisterschaft «Tasman Series» einen Formel-1-Renner umzubauen. Charles Cooper, für dessen Rennstall der damals 26jährige Bruce in der Königsklasse antrat, war jedoch der Ansicht, dass ein Formel-1-Renner aus dem eigenen Hause diese Aufgabe ohne grössere Umbauten meistern würde.

Sein Veto zwang Bruce zum Alleingang und setzte somit den Grundstein einer unvergleichlichen Erfolgsgeschichte.

Aus der historischen Perspektive war dies der entscheidende Auslöser, der auch die spätere Überlegenheit von McLaren begründet. Für Bruce war nur das Beste gut genug, und seine Nachfolger übernahmen diese Einstellung, allen voran Ron Dennis, heute folgt diesem Anspruch der McLaren-Direktor Zak Brown.

Der Aufwand von McLaren zahlte sich aus, der Neuseeländer gewann die Tasman Series. Mit dem Erfolg kam der Wunsch nach einem Aufstieg in die Formel 1, und als dort 1966 ein neues Motoren-Reglement eingeführt wurde, stieg McLaren ein.

Zu Beginn nutzten die Rennställe so ziemlich jeden Antriebsstrang, der angeboten wurde. McLaren setzte 1966 auf einen Zweiliter-BRM-V8-Motor und den italienischen Serenissima-V8, weil der eigentlich geplante Ford-V8 ungeeignet war, und 1967 auf den BRM-V12, bevor sich der DFV-V8 von Cosworth durchsetzte. Ab 1968 kamen die ersten Grand-Prix-Erfolge.

Lange konnte Bruce McLaren die Erfolge seines Rennstalls nicht geniessen: Am 2. Juni 1970 kam er bei einem CanAm-Test in Goodwood ums Leben, nachdem sich die Heckverkleidung des Rennwagens gelöst hatte.

McLarens Tod war eine Tragödie, welche die Rennsport-Welt weit über die Grenzen der Formel 1 hinaus erschütterte, so gross war Bruces Ansehen in der internationalen Szene. Dass sowohl das Formel-1- als auch das CanAm-Projekt weitergeführt werden konnten, zeigt, wie weitsichtig Bruce die Geschicke seines Teams geplant hatte. Auch das IndyCar-Projekt wurde fortgesetzt.

McLarens Wegbegleiter sagten der Belegschaft nach der Hiobsbotschaft aus Goodwood, sie können am folgenden Tag zuhause bleiben. Aber alle erschienen zur Arbeit. Weil Bruce McLaren nichts Anderes getan hätte.

Auch in der Formel 1 ging die Erfolgsgeschichte weiter: 1973 trat McLaren mit dem von Gordon Coppuck entworfenen M23 an, einem der erfolgreichsten Rennwagen der GP-Historie. Emerson Fittipaldi und James Hunt holten damit 1974 und 1976 die ersten beiden WM-Titel für McLaren.

Ende der 70er-Jahre folgte dann die zweite Krise, die Erfolge wurden spärlicher und die Sponsoren nervös. Schliesslich vermittelte Titelsponsor Marlboro zwischen McLaren und Ron Dennis, der erfolgreich in verschiedenen Nachwuchsformeln unterwegs gewesen war.

Der erste Sieg des neu organisierten Unternehmens, das nun unter dem Namen «McLaren International» auftrat, feierte McLaren 1981 beim Grossbritannien-GP in Silverstone. Später durfte das neue Bündnis mit Niki Lauda (1984), Alain Prost (1985, 1986 und 1989), Ayrton Senna (1988, 1990 und 1991), Mika Häkkinen (1998 und 1999) und zuletzt 2008 mit Lewis Hamilton den Fahrer-Weltmeistertitel feiern.

Wie war das Rennfahrerleben in den 60er Jahren?

Die britische «Evro Publishing» hat «From The Cockpit» aus dem Jahr 1964 neu aufgelegt. Bruce McLaren führte rund um die Welt sein Tonbandgerät mit, er zeichnete immer wieder seine Gedanken auf, die er dann nach Hause zu seiner Familie schickte. Basierend auf diesen Bändern entstanden die verblüffenden Erinnerungen des Neuseeländers.

«From The Cockpit» ist deshalb so lesenswert, weil Bruce McLaren alle Dinge beim Namen nennt, im Guten wie im weniger Guten, politische Korrektheit gab es damals nicht. Entwaffnend, mit einer beinahe kindlichen Arglosigkeit, beschreibt McLaren eine Kindheit, die ihn zwei Jahre lang ans Bett fesselte, seinen Aufstieg bei bescheidenen Rennen in Neuseeland, die aufregende Reise ins Mutterland des Motorsports nach England, und auf einmal war der Wunderknabe der damals jüngste GP-Sieger, als er 1959 in Sebring den Grossen Preis der USA gewann, mit 22 Jahren und 104 Tagen.

Dieser Rekord hielt bis Ungarn 2003, dann wurde Bruce von einem späteren McLaren-Piloten abgelöst, von Fernando Alonso.

Der Impuls zu «From The Cockpit» kam Bruce McLaren im Krankenhaus, nach einem Unfall auf dem Nürburgring. McLaren spricht über seine Karriere bis 1964, und jede Zeile davon fesselt.

Bruce McLaren: From the Cockpit
Evro Publishing (England)
ISBN-13: 978-1-910505-14-4
Format 14 x 20 cm
280 Seiten
20 Fotos
Text in englischer Sprache
Für rund 23 Euro im Fachhandel

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