Alain Prost: «Lewis Hamilton, der perfekte GP-Pilot»
Neun WM-Titel auf einen Blick
Der Franzose Alain Prost hat in der Formel 1 den Professortitel ehrenhalber bekommen. «Le professeur» wurde der 199-fache GP-Teilnehmer wegen seiner detailtreuen Abstimmungsarbeit genannt. Im Schnitt konnte er jedes vierte Rennen gewinnen, 51 Grands Prix, nur drei Fahrer siegten öfter – Sebastian Vettel (52), Lewis Hamilton (71) und Michael Schumacher (91).
Heute arbeitet Prost als Sonderberater von Renault, der 63-Jährige ist bei jedem Grand Prix vor Ort, um sich auf dem Laufenden zu halten. In Mexiko streut Champion Prost einem anderen Champion Rosen, Lewis Hamilton: «Lewis ist der beste Fahrer seiner Generation», hält Prost in der Gazzetta dello Sport fest. «Ich war gespannt darauf zu erleben, wer sich 2018 als nächster Fahrer den fünften Titel holt, Hamilton oder Vettel. Nun ist Lewis vollauf verdient fünffacher Weltmeister.»
«Für mich hat sich das Titelrennen im ersten Teil des Jahres entschieden, als Ferrari noch auf Augenhöhe mit Mercedes lag. Da wurden einige Gelegenheiten vergeben. Ich denke an den Verbremser von Vettel in Baku. Hätte Sebastian in Aserbaidschan gewonnen, wäre der Vorsprung auf Lewis stark gewachsen, stattdessen passierte das Gegenteil, Lewis siegte in einem Rennen, das er nicht hätte gewinnen dürfen. Und das ist dann noch ein paar Mal passiert, etwa in Hockenheim. Das war der grosse Unterschied in diesem Jahr.»
«Hätten Vettel und Ferrari alles richtiggemacht, so wäre diese WM in eine neue Richtung gelaufen. Das hätte einen ganz anderen Druck auf Mercedes erzeugt. Aber es gab zu viele Fehler, und der Druck baute sich vielmehr für Ferrari auf. Dazu wissen wir, dass der Rennstall aus Maranello ohnehin schon genug unter Dampf steht.»
«Noch vor einigen Jahren hatte ich den Eindruck, es gibt keine bestimmte Richtung in der Karriere des Lewis Hamilton. Wir erlebten Rennen, in welchen er abwesend wirkte. Dann aber wechselte er zu Mercedes, seine Persönlichkeit hat sich gefestigt. Er hat zu sich gefunden, er wirkte in der Öffentlichkeit gereifter, er wurde intern bei Mercedes zur Führungsperson. Heute halte ich ihn für den perfekten Grand-Prix-Piloten, er hat so gut wie keine Schwächen, er geniesst den kompletten Rückhalt seines Teams. Er hat 2018 seine stärkste Saison gezeigt. Ich habe keinen Fehler gesehen. Er hat mitgeholfen, einen Rennstall so zu formen, dass er noch viele weitere Jahre gewinnen kann.»
«Der Schlüssel zum Erfolg ist die Konstanz. Es gab einige herausragende Rennen, in welchen er in Anführungszeichen nur Vierter geworden ist. Es ist manchen vielleicht verborgen geblieben, welche Leistungen das gewesen sind. Aber solche Ergebnisse sind für mich wertvoller als mühelos herausgefahrene Siege. Hamilton war klar: Gegen ein im ersten Saisonteil ganz starkes Ferrari kann er nur mit regelmässigen Spitzenergebnissen etwas ausrichten.«
Die ursprünglichen Helmfarben von Lewis Hamilton gehen auf Ayrton Senna zurück. Erkennt Prost in Hamilton etwas, das ihn an seinen alten Pistenrivalen aus Brasilien erinnert? Prost schmunzelt: «Vergleiche sind immer schwierig. Ich würde früher an Clark oder Fangio gemssen, aber wie soll das gehen? Die Fahrer sind nicht zur gleichen Zeit im gleichen Auto gesessen, also ist der Vergleich unmöglich. Ich habe einen alten Film mit Fangio gesehen. Da ist sein Auto stehengeblieben. Also hat er im Rennen den Wagen eines Stallgefährten übernommen. Und er hat zwischendurch noch ein Sandwich gegessen! Zum Thema Vergleich kann ich nur sagen: Fangio war der Beste seiner Epoche; so wie Hamilton der Beste unserer Epoche ist.»