Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Kanada-GP: Jedes Jahr Aufregung wegen Tieren

Von Mathias Brunner
​Wenn auf dem Circuit Gilles Villeneuve das Training zum Grossen Preis von Kanada beginnt, wissen Kanada-Kenner: Begegnungen mit Murmeltieren, Eichhörnchen oder Möwen sind nur eine Frage der Zeit.

Tiere sind in der Formel 1 eine ständige Gefahr, ganz besonders auf der kanadischen Rennstrecke «Circuit Gilles Villeneuve». Die Murmeltiere von Montreal sind legendär, sie nisten unter den zahlreichen Mauern im Park Jean Drapeau. 2012 lief hier ein junger Fuchs über die Bahn, und auch der Anblick eines Bibers ist keine Seltenheit. Ab und an verirrt sich auch ein verschrecktes Eichhörnchen auf die Fahrban.

Aber die wahren Hausherren sind die «Marmottes», die Murmeltiere. Nicht immer geht das glimpflich aus: Haas-Fahrer Romain Grosjean konnte einem der possierlichen Nager nicht ausweichen, das Tier überlebte nicht, die Fahrzeugnase des US-amerikanischen Renners wurde zerschlagen.

Typisch Montreal, dass bei diesem Rennwochenende immer eine schöne Prise Verrücktheit in der Luft liegt. Oder besser: durch die Luft fliegt und dann landet. Noch Stunden nach dem Grossen Preis von Kanada 2016 konnte sich Sebastian Vettel nicht erholen, was er in der ersten Runde des Montreal-Rennens in Kurve 1 erblickt hatte: «Da sassen mitten im Scheitelpunkt diese beiden Möwen, und sie machten null Anstalten, ihren Platz preiszugeben. Ich fliege da im vollem Karacho heran, die hocken völlig relaxed dort.»

Lewis Hamilton damals schlagfertig: «Nun, Seb, du weisst ja, dass ich ein grosser Tierfreund bin. Also habe ich einige meiner Freunde bestellt und ihnen gesagt, wo sie sich hinhocken sollen.»

Vettel: «Vielleicht sollte jemand versuchen, dieses Pärchen einzufangen. Sie könnten alles widerlegen, was wir über diese Tiere wissen. Es war unglaublich.»

Seb zeigte ein Herz für Tiere und fuhr einen Bogen um die unerschütterlichen Vögel herum, das kostete Zeit.

Romain Grosjean fuhr mal an einem ganzen Schwarm vorbei, ebenfalls in der ersten Kurve, die Tiere liessen sich nur bedingt aufscheuchen.

In freier Wildbahn trifft der Grand-Prix-Rennfahrer immer wieder auf allerlei Getier: Hasen in Silverstone, Echsen in Singapur (und zwar richtig grosse), Murmeltiere in Montreal, Käuzchen in Interlagos.

Ein Bahrain-Test musste mal wegen streunender Hunde unterbrochen werden. Das ist brandgefährlich. Unvergessen, wie Bruno Senna in der Türkei einem Streuner nicht mehr ausweichen konnte, die Mechaniker mussten die sterblichen Überreste aus den Kühleinlässen des GP2-Renners kratzen. Auch beim Grossen Preis von Indien waren streunende Hund ein grosses Problem. In Interlagos sind Wildhüter angestellt, welche in der Woche vor dem Rennen nichts anderes tun, als auf Hundejagd zu gehen.

Was haben wir nicht schon alles auf der Rennstrecke von Sepang gesehen: Eine Kobra, die sich den Renngeräten mutig, aber aussichtslos entgegenstellte, eine junge Wildkatze, die anmutig über die Bahn sprintete.

Aber solche eine Begegnung der tierischen Art kann übel enden. ChampCar-Meister Cristiano da Matta konnte von Glück reden, dass er nach einer Kollision mit einem Hirsch mit dem Leben davonkam.

Gegen Vögel gibt es keinen Schutz: Alan Stacey starb 1960 in Spa-Francorchamps, nachdem er von einem Vogel am Kopf getroffen worden war.

Der alte Österreichring war eine wunderbare Freiluftrennbahn, Stefan Johansson war 1987 im freien Morgentraining unterwegs, am Lenkrad seines McLaren MP4/3-TAG Porsche. Als er über eine Kuppe vor der Jochen-Rindt-Kurve schoss, traute Stefan seinen Augen nicht – ein Rotwild!

Johansson: «Wegen der Kuppe musstest du blind einlenken, du hast auf den Verschlag der Streckenposten ausserhalb der Kurve gezielt, dann wusstest du, dass die Linie in die folgende Kurve halbwegs stimmt. Auf dem höchsten Punkt der Kuppe wurde der Wagen jeweils ganz leicht, und dann sah ich das Vieh – ein Rotwild traf eben Anstalten, sich gemütlich auf den Asphalt zu setzen!»

Eines dieser eleganten Tiere kann leicht mal 100 Kilo wiegen, Johansson wusste genau: Ausweichen war längst keine Option mehr, es ging nur noch darum, wie die Kollision verlaufen würde.

Stefan weiter: «Ich hatte nicht einmal Zeit, um zu bremsen. Ich traf das Reh mit der linken Fahrzeugseite, dieses Geräusch werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Der Aufprall war unfassbar, die Aufhängungspunkte wurden glatt aus dem Chassis gerissen, das Monocoque mussten wir wegwerfen. Mein Glück im Unglück war: Hätte ich das arme Reh nur dreissig Zentimeter weiter zur Mitte des Wagens erfasst, so wäre ich bestimmt am Kopf getroffen worden. Das hätte ich nicht überlebt.»

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