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Helmut Zwickl und die digitalen Kinderschuhe

Kolumne von Günther Wiesinger
​Zum 80. Geburtstag von Helmut Zwickl: In Sachen Renntechnik hatte der Journalist seine Hand am Puls der Zeit. Was ihn nicht daran hinderte, seiner Schreibmaschine die Treue zu halten, weit über ihr Verfalldatum hinaus.

Es gibt sicher schlimmere Schicksale. Jubiliar Helmut Zwickl, von Geburt an beängstigend gutaussehend und von stattlicher Figur, kam als Fabrikantensohn zur Welt und wuchs in einer der nobelsten und hippsten Gegenden Wiens auf, im Herzen von Simmering, einer Arnbeitersiedlung... Mit 19 Jahren brauste er bereits mit einem Porsche Roadster ins Unternehmen, den Begriff «zur Arbeit» vermeiden wir wohlweislich.

Alsbald machte er den Pilotenschein und genoss die Freiheit über den Wolken, kein Wunder, wenn ihm sehr früh die Frauenherzen zuflogen und er bald in der Formel 1 bei allen Stars aus- und einging, sich mit Rennfahrern und Champions von Rindt über Mansell bis zu Lauda und Berger anfreundete, dass Monte Carlo bald eine jährliche Pflicht-Destination wurde.

Den Schmäh und die Formulierkunst erbte Helmut vom Papa, der die eine Hälfte des genialen Kabarettistenduos «Zwickl & Wondrak» bildete. Für seine schriftstellerischen Darbietungen heimste der aufstrebende Motorsport-Berichterstatter Helmut Zwickl schon in den 1960er-Jahren exorbitante Honorare ein, mit deren Hilfe es ihm ein Leichtes war, unter anderem eine in ganz Simmering und Umgebung einmalige Ansammlung von Oldtimer-Kostbarkeiten anzulegen, was sich erst viele Jahre später wirklich herumsprach.

Wie alle wahrhaft wohlhabenden Menschen hängte HZ den unermesslichen Reichtum nicht an die große Glocke. Doch das in diesen elitären Kreisen zum guten Ton gehörende Luxus-Feriendomizil ließ nicht lange auf sich warten.

Die Karibik befand sich lange in der engeren Auswahl, viele Jahre vor den «Panama Papers», aber statt irgendeiner Steueroase kam dann eine aufstrebende Destination samt Privatflughafen nahe Gröbming im Ennstal zum Zug.

«Ennstal Classic» hört sich ja auch viel bodenständiger an als «Carribean Oldtimer Festival», und ob es in dieser fernen Gegend einen Stoderzinken und Schnee zu den Heiligen Drei Königen wie bei der «Planai Classic» gibt, das bezweifeln wir.

Ich habe Helmut Zwickl persönlich 1974 beim Nürburgring-Formel-1-GP kennen gelernt, wenn mich die Erinnerung nicht trügt.

Als Chefredakteur der Wochenzeitschrift «Motorsport aktuell» in Zürich/Schweiz verpflichtete ich ihn 1982 als Formel-1-Berichterstatter, das war eine Wohltat für die Verkaufszahlen, verursachte aber eine langjährige Honorar-Budgetkrise, denn von nun an war ich für die Finanzierung des Luxuslebens von Helmut mit Hauptwohnsitz im noblen Simmering, der kostspieligen Luftfahrt-Abenteuer und der feudalen Ferien-Destination im paradiesischen Ennstal mitverantwortlich.

Die Herzenswünsche diverser attraktiver Frauen jeglichen Alters, vorrangig Ehegattinnen und Töchter, mussten ebenfalls erfüllt werden. Von den Oldtimern will ich gar nicht reden.

Als dann zu Beginn der 1990er-Jahre die digitale Welt im Journalismus Einzug hielt, machte sich bei Helmut Zwickl ein Beharrungsvermögen breit. Fax statt Telex, das ging noch, aber Laptop und Übertragung per externem Modem, davon wollte er vorerst nichts wissen.

Am liebsten hätte Helmut die Texte wie in den 1960er-Jahren telefonisch übermittelt, dann hätte man ja auch etwaige orthografische Mängel vertuschen können.

Weihnachten 1992 führte ich Helmut einen modernen Compaq-Laptop vor, bestückt mit Euroscript-Software, dieses Gerät war seiner Zeit um Jahre voraus.

Helmut schob es nach einer einstündigen Einweisung angewidert zurück über den Tisch. Technischer Schnickschnack war ihm damals ein Gräuel.

Zum Glück saß die damals schon atemberaubende Tochter Jenny (zum Glück ganz die Mama) am Tisch. Helmut wollte in ihren Augen nicht als «Loser» dastehen, er biss in den sauren Apfel, zog die digitalen Kinderschuhe aus – und wurde zum frühen Steve Jobs von Simmering.

Als KURIER-Motor-Redakteur verfügte Helmut oft über attraktive Testfahrzeuge. Ich erinnere mich an die Geschichte mit einen Renault-Testwagen in den 1970er-Jahren. Eine weibliche Stimme faselte dauernd etwas von technischen Problemen, die nach Helmuts oberflächlicher Prüfung nicht den Tatsachen entsprachen; das war lange, bevor wir brauchbare Bordsystem kennenlernten. Der Zwickl schnitt mit dem Seitenschneider die verdächtigen Kabel durch – und hatte fortan seine Ruhe.

Als KURIER-Kollege Michael Stirner mit diesem kastrierten Renault zur Tourist Trophy fuhr, blieb er auf halber Strecke mit einem kapitalen Motorschaden liegen. Helmut erinnert sich noch heute mit einem spitzbübischen Lächeln an diese Eskapade.

Helmut hat die eindringlichen Warnungen der Onboard-Elektronik einfach entzweigeschnitten. Man darf ja sein Schicksal nicht der Elektronik anvertrauen.

Mit einer ähnlichen Leichtigkeit hat Helmut vor mehr als zwei Jahrzehnten mit Michael Glöckner die «Ennstal» gegründet, die Zehntausenden Menschen unvergessliche Stunden, Abenteuer und Erlebnisse beschert hat. «Das Fahren im letzten Paradies», lautet das Thema.

Lieber Helmut, du weißt, mir kommen die lobenden Worte nur schwer über die Lippen. Denn du hast Lob meistens mit neuen Honorarforderungen verknüpft.

Aber du bist ein vorbildlich entspannter Herr geworden.

Du schaust auch wirklich nicht aus wie 80.

Denn das hast du schon vor 30 Jahren getan.


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