Ein Plädoyer für die Formel Deutschland

Kolumne von Elmar Brümmer
Was wäre Deutschland ohne ein Formel-1-Rennen?

Was wäre Deutschland ohne ein Formel-1-Rennen?

Nach dem Grand Prix in Deutschland am Nürburgring steht die Zukunft der Strecke in der Eifel in den Sternen.

Der Kollege aus Japan hat allergrößtes Interesse an der Sanierung des Nürburgrings. Er will alles wissen, alle Zahlen, alle Probleme – allerdings beschränkt sich dieser Wissensdurst ausgerechnet auf die niemals richtig in Betrieb genommene Achterbahn direkt neben der Grand-Prix-Strecke: «Wir Japaner können nicht verstehen, dass ausgerechnet die Deutschen das nicht hinbekommen.» Nun, er scheint nichts vom Berliner Großflughafen, von Stuttgart 21 oder der Hamburger Elbphilharmonie zu ahnen. Aber richtig ins Zweifeln gerät er, als er die Zuschauerzahl vom Großen Preis von Deutschland erfährt: «Wirklich? Mehr nicht? Seid Ihr denn nicht stolz darauf, das Rennen zu haben? Was ist mit Vettel, mit Rosberg, mit Hülkenberg, Sutil und Mercedes...» Vielleicht braucht es diesen – im Übrigen sehr höflichen – Weckruf, gerade auch nach Vettels erstem Triumph zuhause, für den er sich angeblich ein Kreuz in den Kalender machen wird: Was ist den Deutschen Ihr Grand Prix wert?

Lassen wir den Steuerzahler außen vor, der finanziert die Wirrungen der Politik und die gnadenlose Preispolitik von Bernie Ecclestone mehr oder weniger geduldig mit – solange es nur weitergeht. Deutschland ohne Formel 1, da würde einem trotz kurzfristigem Fräuleinwunder in Wimbledon oder allgemeiner Champions-League-Euphorie etwas fehlen. Wollen wir wirklich darauf reduziert werden, ein Land der Biathleten oder Kugelstoßer zu sein? Eben. Egal, wie die zu erwartende Bieterschlacht um die Investitionsruine des Erlebnisparks Nürburgring (der still gelegte «Ring Racer» ist nur ein Beispiel für den nicht finanzierten Größenwahn) ausgeht – immerhin will das Land Rheinland-Pfalz festschreiben, dass die neuen Betreiber Motorsportveranstaltungen durchführen MÜSSEN. Ob das immer mit einem Großen Preis von Deutschland gleichzusetzen ist, sei dahingestellt. Aber mehr Herzblut als in der Eifel gibt es auch in Silverstone oder Monza kaum. Und wer einmal in Mockpo war, der würde vermutlich dem Nürburgring das Austragungsrecht für immer verleihen.

Die Zurückhaltung der Zuschauer hat viele Gründe, die Unsicherheit beim Ticketvorverkauf im Herbst und noch zu Weihnachten, als noch ein politischer Ringkampf tobte, war sicher einer. Die Leute haben es auch Leid, Spielball von Verbands- und Finanzinteressen zu sein. Der Verwöhneffekt nach den vielen Schumi-Jahren und mitten in der Vettel-Ära mag auch zu einer gewissen Müdigkeit geführt haben. Und die spontanen Spätbucher wurden vermutlich vom Reifen-Drama und dem Freibadwetter abgehalten. Ihnen sei verraten: Eifel-Krimis sind nicht nur ein Hit in Buchhandlungen.

So, wie sich die Formel 1 bei diesem Großen Preis von Deutschland präsentiert hat, war das eine Werbekolonne in eigener Sache (nimmt man den Zwischenfall in der Boxengasse einmal aus) – und das hat nicht nur mit dem ersten Vettel-Sieg zuhause zu tun. Ein dramatisches Qualifying gefolgt von einem noch dramatischeren Rennen. Und wenn man durch einen den Abhang hinunter rollenden Marussia noch lernt, dass Formel-1-Autos keine Handbremse haben, dann fällt so ein Grand Prix ja fast in den Zuständigkeitsbereich der Volkshochschule.

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