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Zanardi zu Schumacher: «Man fühlt sich völlig kaputt»

Von Petra Wiesmayer
Alex Zanardi und Michael Schumacher kennen sich schon seit Jahrzehnten

Alex Zanardi und Michael Schumacher kennen sich schon seit Jahrzehnten

Alex Zanardi lag nach seinem schweren Unfall 2001 beim ChampCar-Rennen auf dem Lausitzring, bei dem er beide Beine verlor, im Koma und weiß, was Michael Schumacher nun erwartet.

Nach 169 Tagen im Krankenhaus in Grenoble ist Formel-1-Champion Michael Schumacher vor zwei Wochen nach Lausanne in die Reha verlegt worden. Nun soll sich der 45-Jährige von seinem schweren Skiunfall am 29. Dezember 2013 und dem anschließenden monatelangem Koma erholen.

«Ich kenne Michael aus der Kindheit, wir fuhren gemeinsam Kart: er war schon immer ein Mensch, der nicht aufgibt, ich war mir sicher, dass sich sein Zustand bessern würde, dass er auch das Koma besiegen würde.» Das sagt ein anderer großer Rennfahrer, Alex Zanardi, Ex-Formel-1-Pilot, der am 15. September 2001 bei einem Unfall auf dem Lausitzring in Deutschland beide Beine verlor.

Auch Zanardi hat, genau wie Schumacher, aufgrund dieses Unfalls erfahren müssen, was es heißt, im Koma zu liegen. Auch er schwebte tagelang zwischen Leben und Tod. Als er ins Krankenhaus kam, hatte er nur noch einen einzigen Liter Blut im Körper. Er lag acht Tage lang im Koma lag und wurde währenddessen 15 Mal operiert.

In der italienischen Zeitschrift Dipiù erzählt der 47-Jährige, was bei seinem Erwachen aus dem Koma passierte und was jetzt auch Michael Schumacher erlebt. «An das, was vor dem Aufwachen aus dem Koma passierte, kann ich mich so gut wie nicht erinnern: ich sah kein Licht, hörte keine Musik», erklärt Zanardi. «Ich hatte nur einmal so ein Gefühl, als hörte ich drei meiner Freunde am Krankenbett, die mir auf Rat der Ärzte zuriefen: ‘Wach auf, Sandro!‘ Der Moment des Aufwachens hingegen war wunderschön…»

Alex Zanardi, erzählen Sie: was für eine Erinnerung haben Sie? Was fühlt man, wenn man aus dem Koma erwacht?

Was die körperliche Verfassung betrifft, fühlt man sich völlig kaputt. Obwohl das Koma in der Tat so etwas wie ein langer Schlaf ist, ist das Gefühl nicht so, als wäre man ausgeruht. Ich erinnere mich gut daran. Als man mich aufweckte, saß meine Frau neben mir. Ich hatte nur die Kraft, sie zu fragen: ‘Muss ich sterben?‘ 'Nein, Alex, du bist außer Lebensgefahr‘, antwortete sie mir und ich schloss wieder die Augen. 'Dann schlafe ich noch ein bisschen, ich bin so müde‘, und ich fiel in einen tiefen Schlaf.

Um zu verstehen, was auch mit Michael Schumacher geschehen könnte, erzählen Sie uns, was dann passierte?

Als ich erwachte, begriff ich sofort, was Sache war. Ich sah, dass ich keine Beine mehr hatte. Aber es war wundervoll mir bewusst zu werden, dass der Rest meines Körpers funktionierte. Ich hatte «nur» die Beine verloren und das schien mir ein überwindbares Problem. In den folgenden Tagen stellten die Ärzte dann eine nach der anderen Maschine ab, die mich bis dahin am Leben gehalten hatten.

Welche Maschine war die erste, die die Ärzte abgestellt haben?

Wenn die klinische Situation stabil ist, wird als Erstes das Beatmungsgerät abgestellt. Es handelt sich um einen Schlauch, der in den Hals eingeführt wird und der es zulässt, dass Sauerstoff in die Lungen hinein-und herauskommt. Als mir der Schlauch entfernt wurde, dachte ich ersticken zu müssen. Ich war nicht mehr in der Lage, alleine zu atmen, während des Komas hatte ich es verlernt. Ich erinnere mich, dass sie sich mit den Händen an meinem Hals zu schaffen machten, dann den Schlauch entfernten und ich glaubte zu ersticken. Ich schrie: ‘Ich sterbe, ich sterbe…‘ und war minutenlang in Panik. Ich brauchte eine halbe Stunde, um in den Rhythmus zu kommen, mich daran zu gewöhnen, Luft einzuatmen und sie wieder auszuatmen.

War dies das einzige Problem, das Sie nach dem Aufwachen aus dem Koma hatten?

Ganz sicher nicht. Wenn man im Koma liegt, bekommt man einen Schlauch in die Blase, um Pipi zu machen. Wenn man dann aus dem Koma aufwacht, wird dieser Schlauch entfernt und die Ärzte sagen dir, jetzt mach mal alleine. Auch in diesem Falle hat dein Körper einfach vergessen, wie das geht. Und wenn du dann spürst, dass deine Blase voll ist, dann bist du nicht in der Lage zu entscheiden, wann der richtige Moment gekommen ist, sie zu leeren. Man glaubt, explodieren zu müssen. Wenn es dir dann gelingt, die Blase zu leeren, ist wieder alles normal und man ist einfach glücklich.

Noch einmal, um den Zustand von Schumacher zu verstehen, auch wenn jedes Koma anders ist, können Sie mir sagen, gab es da noch etwas anderes, ungewöhnliches, das Sie beim Aufwachen gespürt haben?

Ich erinnere mich, dass ich tagelang keinen Hunger hatte. Ich fand nichts, das mir schmeckte, so wie es mir vor dem Koma geschmeckt hatte. Ich habe erst viel später gemerkt, dass einige meiner Vorlieben sich geändert hatten. Ein Beispiel: schon als Jugendlicher habe ich Bier regelrecht gehasst. Es hat mir nie geschmeckt. Aber nach dem Aufwachen aus dem Koma habe ich begonnen, es mit großer Lust zu trinken. Das erste Mal war in der Krankenhausmensa. Ich war dort mit meiner Frau und meinem Schwager. Ich weiß noch, ich hatte weder Hunger noch Durst, bis mein Schwager sich ein Riesenglas eiskaltes, schaumiges, duftendes Bier bestellte. Ich fragte ihn: ‘Darf ich mal probieren?‘ Meine Frau erstarrte, sie hatte mich nie Bier trinken sehen. Seit jenem Tag bin ich ein begeisterter Biertrinker.

Als Sie Aus dem Koma erwachten, hatten Sie keine Beine mehr. Haben Sie sich von einem Psychologen helfen lassen?

Nein, mir reichte die Unterstützung meiner Frau, meines Sohnes, meiner Verwandten und meiner Freunde. Ich bin halt so. Glauben Sie mir, als ich aus dem Koma aufwachte, da war ich dermaßen glücklich am Leben zu sein, dass mir die Beine vollkommen egal waren. Es gab nur einen einzigen Moment in dem ich sehr erregt war.

Wann war das?

Etwa einen Monat nach dem Aufwachen aus dem Koma, da fragte man mich, ob ich den Unfall sehen wollte, bei dem ich beide Beine verloren hatte. Ich sagte ja, ich wollte ihn sehen. Sie brachten mir also eine Videokassette, einen Videorekorder und die Vorführung begann. Es war nicht einfach. Auch deshalb, weil alle Leute, die bei mir waren, nicht auf den Film guckten, sondern auf mich, um zu sehen, welche Reaktion ich hatte. Es gelang mir, mich nicht zu sehr aufzuregen, ich dachte ganz fest daran, dass diese Sache ja bereits geschehen war und mir nicht wieder wehtun konnte.

Alex, Sie sind nicht nur aus dem Koma aufgewacht, mit Hilfe der Prothesen können Sie wieder laufen, Autofahren, und haben bei den Paralympics, auf einem Fahrrad, dass sich mit der Kraft Ihrer Arme fortbewegt, eine Goldmedaille gewonnen: welchen Rat können Sie Schumacher geben, um die Zügel seines Lebens wieder in die Hand zu nehmen, so wie es Ihnen gelungen ist?

Jedes Koma ist anders, so wie jedes Erwachen anders ist. Wenn er jedoch in diesem Moment Dipiù läse, würde ich Schumi gerne an eine Begebenheit erinnern: als ich nach dem Unfall zum allerersten Mal auf den Beinen gestanden bin, war das während einer Veranstaltung, an der er auch teilnahm. Ich erinnere mich, wie gerührt Schumi da war. Ja, ich möchte ihm sagen, dass ich es kaum erwarten kann, ihn vor mir stehend wiederzusehen, um gerührt zu sein, so wie er damals gerührt war, als ich vor ihm aufstand.

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