Toto Wolff (Mercedes) ahnt: «Ferrari ist schneller»
Toto Wolff
Toto, wie schätzt du den Abstand zwischen euch und Ferrari ein, und was bedeutet das fürs Rennen?
Der Abstand war grösser als erwartet. Mich hat auch die Strategie von Ferrari ein wenig erstaunt. Wir haben uns dafür entschlossen, die Reifen über zwei Runden aufzuwärmen, Ferrari ist sofort auf eine schnelle Runde gegangen. Ich kann jetzt aber nicht sagen, ob das die Begründung für den Abstand ist. Doch keiner bei uns macht sich eine Illusion darüber: Ferrari ist in den Dauerläufen gestern und heute schneller gewesen. Und die sind aussagekräftiger fürs Rennen.
Im vergangenen Jahr habt ihr euch hier im Qualifying schwer getan. Warum?
Die Strecke betont nicht eben die Stärken unseres Autos. Diese Strecke hat ihre Eigenheiten. Die Geraden sind nicht besonders lang, aber gleichzeitig haben wir keine solche Stop-and-go-Charakteristik wie in Kanada. Die Strecke ist zudem spiegelglatt. Wir haben im vergangenen Jahr nicht alles auf die Reihe bekommen. Und ich muss zugeben – ich bin nicht so zuversichtlich wie vor den vergangenen Grands Prix.
Nach dem Kanada-GP wurde sehr viel über «lift and coast» gesprochen sowie über das Bremsen und Reifen schonen, wir haben eine anhaltende Kritik von Red Bull an Renault, Bernie Ecclestone bezeichnet die Formel 1 in einem Interview als Mist. Was muss in der Formel 1 geschehen?
(Mit ironischem Unterton.) Eine gute Verkaufskampagne. Aber zur Formel 1 gehört auch die Kontroverse, auf und neben der Bahn. Wenn ich die Mercedes-Kappe mal abnehme und mir die die Formel 1 ansehe, dann sehe ich eine gute Show. Ist es gut, dass ein Rennstall regelmässig und teilweise vorhersehbar gewinnt? Nein, vermutlich nicht. Aber das hatten wir in der Formel 1 früher auch.
Wir haben eine Verpflichtung der Formel 1 gegenüber, sie nicht schlecht zu reden. Wir alle hier sind Botschafter des Sports. Indem wir ständig über Negatives reden oder berichten, geraten wir in eine Abwärtsspirale, und das ist nicht gut für die Formel 1. Wir sollten die positiven Aspekte hervorheben.
Was bedeutet der Österreich-GP für dich als Österreicher?
Besonders viel. Anfangs der 90er Jahre beschloss ich, ein Formel-1-Star zu werden. Ich habe mich bei einer Rennfahrerschule eingetragen und arbeitete auf dem früheren Österreichring als Fahrlehrer, um mein Brot zu verdienen. Ich lebte auf einem Bauernhof gleich gegenüber der Strecke, zum Frühstück gab es ein Ei und Glas Milch. Ich habe zwei Jahre hier verbracht. Manchmal muss ich mich wirklich in den Arm zwicken, wenn ich sehe, was für eine Rennanlage hier entstanden ist und dass ich nun als Motorsportdirektor arbeite. Ich liebe diesen Ort.