Schumi zog das Krankenhaus vor
Esther Babel auf Kuschelkurs mit «Waldi»
Nicht die schlechteste Idee, wenn man das momentan miese Wetter in den deutschen Längengraden bedenkt. Eine schlechte Idee, wenn man bedenkt, wie ungern ich in ein Flugzeug steige. Wenig erheiternd die Radio-Nachrichten am Abflugtag morgens um vier Uhr. Wegen Orkan waren alle Flughäfen in Paris geschlossen worden. Okay, ich wollte nicht nach Paris, sondern nach Alicante. Besonders motivierend war die Nachricht dennoch nicht. Aber heldenhaft wie immer, habe ich alles überstanden. Irgendeiner muss ja den Job der Drama-Queen übernehmen.
Ein paar Stunden später wurde ich mit strahlender Sonne für die Strapazen, die man für seinen Chef so auf sich nimmt, entschädigt. Ein eher trauriges Bild gab mein Koffer ab, als er so über das Band rollte. Die psychedelischen Muster aus der Hippie-Ära auf meinem orangefarbenen Gepäckstück waren nach einer kurzen Geruchsprobe eindeutig als Maggi identifiziert worden. Warum reisen Menschen nach Spanien, nur um ihr Essen dann mit heimischem Maggi in den üblichen Einheitsgeschmack zu verwandeln? Gruss an meinen Mitreisenden. Ich hoffe, deine ganzen Klamotten hat es eingesaut, als es die Flasche im Koffer zerrissen hat. Gott sei Dank gab es im Hotel Manolo einen Nebenraum, wo mein Koffer alleine vor sich hinstinken konnte.
Am Mittwochnachmittag kam gleich Martin Bauer mit einem ausführlichen Interview dran, bevor er sich in Richtung Almeria aus dem Staub machte. Anschliessend lungerten wir noch in der Box rum. Da stand Martin, sein Teamchef Jens Holzhauer und Michael Schumacher. Was mich dann geritten hat, ist mir bis heute nicht klar. Hatten mir die Maggi-Düfte gar das Hirn vernebelt?
Seit einem Jahr fährt Schumacher IDM. Die Ansage war immer klar: Keine Interviews, ausser man stellt bei seiner Pressechefin Sabine Kehm einen Antrag. Bei einer der allabendlichen IDM-Grillereien in der Holzhauer-Box wurde mir Michael Schumacher im letzten Jahr vorgesellt, als ich mal wieder auf der Suche nach Martin war. Mehr als «Hallo» ist seit dem nicht passiert. Brav wie ich bin, habe ich mir alle Arten von Fragen ein Jahr lang verkniffen.
Als Schumacher da nun in Spanien in der Holzhauer-Box stand, überkam es mich und ich klopfte ihm wie einem alten Theken-Kumpel herzhaft auf die Schulter und fragte: «Na, nicht auch mal Lust auf ein paar Fragen?» Und er hatte. Geplant war unser Date für Donnerstagnachmittag.
Lieber Michael, ist doch okay, wenn du keine Lust auf Interviews hast. Aber musstest du dich meiner lästigen Fragerei am Donnerstagmittag gleich mit einem gehörigen Abflug und einer Visite im Krankenhaus entziehen? Das hättest du auch einfacher haben können. Ich glaube, beim nächsten Treffen muss ich mal ein ernstes Wörtchen mit dir reden. So geht’s nicht.
Am Freitag trat ich ohne Schumacher-Interview und mittelmässig frustriert die Heimreise an. Kurz vor dem Abflug wurde ich durch einen Blick ins Internet noch extra motiviert. In New York war ein Flugzeug abgestürzt. Ich fühlte mich gleich besser.
In Stuttgart war es mir gegönnt, gemeinsam mit meinen Mitreisenden kurz vor Mitternacht zirka eine Stunde auf das ruhende Förderband zu starren. «Behördliche Massnahmen», hiess das Zauberwort der Flughafen-Angestellten. Eine weitere Stunde später stand ich immer noch am Förderband, das sich inzwischen sogar bewegte. Als ich irgendwann alleine da stand, war klar, der Koffer ist weg. Vielleicht hatte bei der behördlichen Massnahme einer der Drogenhunde zu intensiv an meinem Maggi-Koffer geschnüffelt und war nach der Überdosis tot umgefallen?
Einen Tag später wurde der Koffer geliefert und sah aus wie nach einer dreiwöchigen Trekking-Tour durch Nepal. Da der Kofferträger ein wenig blass um die Nase war, entschuldigte ich mich dafür, dass mein Koffer sein ganzes Auto voll gemuffelt hatte.
Der Koffer ist inzwischen wieder wohl duftend und einsatzbereit für den nächsten Ausflug. Maggi kauf ich erst mal keins mehr und das Ding mit dem Schumacher-Interview klär ich beim nächsten SPEEDWEEK-Einsatz.