KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

IDM-Auftakt: Aufwind, aber kein Grund zum Jubeln

Kolumne von Günther Wiesinger
Mangelhafte Vermarktung, kein Fernsehen, dürre Teilnehmerfelder, die falschen Klassen – die IDM ist weit von ihrer Genesung entfernt. Immerhin freute man sich in Oschersleben über reges Zuschauer-Interesse.

Die Internationale Deutsche Motorrad-Meisterschaft (IDM) hat ihr erstes Gastspiel 2018 in Oschersleben hinter sich gebracht. Die Beteiligten sind froh, dass der im Herbst 2017 vom Industrieverband Motorrad IVM und den finanziell maßgeblich an der Serie beteiligten Herstellern selbst angekündigte Tod nicht eingetreten ist.

Aber man kommt als Beobachter zur Überzeugung, dass das langfristige Wohlergeben nicht das Hauptanliegen der Beteiligten ist. DMSB und ADAC lassen die deutsche Rennserie weitgehend links liegen. Wie gesagt: Der ADAC hat seinen verunglückten Moto3-Northern Europe Cup zuerst ausgelagert und dann beerdigt. Und der einst sportliche wertvoll gewesene ADAC Junior-Cup ist auch nicht mehr Bestandteil der IDM.

Wo sitzen also die wahren IDM-Totengräber, wenn nicht beim DMSB und beim ADAC?

Funktionäre wie Dr. Robert Kreutz, die sowohl beim Trägerverband DMV als auch beim DMSB hohe Posten bekleiden, können aus einem klaren Interessenskonflikt heraus nicht handeln, sondern nur leise die Faust ballen.

Industrie: Vertrag für 3 Jahre, aber nur 1 Jahr Geduld

Die fragwürdige und stillose Kündigung des auf drei Jahre angelegten Vertrags seitens der Industrie mit dem DMSB hat im Herbst 2017 bei vielen Experten Kopfschütteln ausgelöst. So geht's halt, wenn man sich in beispielhafter Ahnungslosigkeit den falschen Partner aussucht und sich über den Tisch ziehen lässt.

Dass diese Aktion und die erneut späte Einigung zwischen Industrie und Promoter für das Weiterexistieren der IDM in 2018 für viel Kritik gesorgt und bei vielen namhaften Firmen (wie Öhlins) zu Verunsicherung und Rückzügen geführt hat, ist nicht verwunderlich.

An der Tatsache, dass die IDM seit vielen Jahren die falschen Klassen promotet, hat sich auch nichts geändert. Der DMSB läuft blind ins Verderben, er wird sich im Zweiradsport eines Tages erübrigen, denn in der Superbike-WM ist kein deutscher Teilnehmer vertreten und im GP-Sport ist seit fünf Jahren (Philipp Öttl) kein neuer Stammfahrer nachgerückt.

Klar, es gibt internationale Einzelerfolge wie durch Luca Grünwald in der Supersport-WM 300, aber auch hier geht es um Privatinitiativen des Teams Freudenberg und von KTM. Und der 17-jährige Lukas Tulovic kann nur deshalb am kommenden Wochenende in Jerez als Ersatz für Domi Aegerter bei Kiefer Racing in der Moto2-WM debütieren, weil er schon mit 15 Jahren nach Platz 3 im Yamaha-R6-Cup aus der IDM Richtung Moto2-EM in Spanien geflüchtet und dort geblieben ist.

Viele Teams und Sponsoren von Kiefer über Intact bis zu Prüstel und Freudenberg halten Ausschau nach deutschen Talenten, aber von Florian Alt über Max Kappler, Dirk Geiger und Tim Georgi bis zu Matthias Meggle hat bisher keiner wahrhaftig GP-Format bewiesen.

Auch Toni Finsterbusch und Grünwald waren in der Moto3-WM überfordert. Es reicht bei manchen Talenten nicht einmal für ansehnliche Erfolge im Red Bull Rookies-Cup, den Florian Alt 2012 gewonnen und in dem auch Philipp Öttl 2012 für respektable internationale Erfolge gesorgt hat.

In der IDM sind jetzt die Klassen Superbike, Supersport 600 und Supersport 300 am Start. Besonders auf die Gründung der 300er-IDM sind alle Macher stolz, beim Auftakt in Oschersleben standen 28 Fahrer am Start. Aber leider befinden sich darunter nur sechs Deutsche!

20 Teilnehmer kommen aus den Niederlanden, ein Schweizer ist dabei, ein Fahrer aus der Ukraine. Zwei Deutsche (Kappler/Jähnig) werden in der IDM nur fallweise auftreten, sie konzentrieren sich auf die WM. Also vier deutsche Fixstarter. Ein Grund zum Feiern?
Und die Jungs bekommen noch nicht mal eine gescheite Startaufstellung: keine Fotos möglich, ähnlich wie bei einer Quickstart-Prozedur.

Wo bleibt die Vermarktung?

Den Verantwortlichen der deutschen Motorradimporteure und der Zubehörfirmen scheint die IDM nicht sonderlich am Herzen zu liegen. Sie begleiten die IDM weder marketingmäßig noch widmen sie ihr Platz auf ihren Firmen-Webseiten. Sie bezahlen ihren Pool-Beitrag – und widmen sich dem Kerngeschäft. Laut Promoter soll jeder der beteiligten Hersteller einmal während der Saison Probefahrten mit seinen neuesten Modellen anbieten. In Oschersleben waren es BMW und KTM.

Bei BMW Motorrad Motorsport befasste sich die letzte IDM-Meldung vor dem IDM Auftakt mit der IDM 2017, Vorschau oder Terminkalender 2018 ist nicht zu finden.

Dabei haben wir mehrmals gehört, es werde im Vorfeld der IDM Aktionen der Beteiligten geben mit massiver Einbindung der Hersteller in punkto Vermarktung. Leider Fehlanzeige.

Honda.de verlinkt lediglich auf die Motorrad-Online-Seite mit der alten IDM-Website. Immerhin gab es nach dem Podestplatz von Jan Halbich eine Pressemitteilung. Genauso bei Suzuki nach Platz 3 von Dominic Schmitter, vorher herrschte auf der Website bis zum Auftakt in Oschersleben seit dem Finale 2017 digitale Funkstille. Lediglich beim Suzuki-Club gibt es ein Info über IDM-Ausflüge.

Am Samstag hatte der IDM-Promoter in der IDM-Paddock-Sendung den O-Ton vom Streckensprecher via Live-Stream-Kanal «wie beim Radio» angekündigt. Ein Angebot, welches im Vorjahr gelegentlich mit Erfolg praktiziert wurde. Aber es war kein Mucks zu hören. Ein Hinweis auf der neuen IDM-Website in Sachen streikender Technik in Richtung Fans wäre da hilfreich gewesen. Bewegtbilder gibt es inzwischen mehr, zu sehen in der Paddock-Show im Netz am Samstagabend und ab Dienstag per Internet in der Zusammenfassung.

Auf der IVM-Seite war im Februar 2018 unter den Top-News vom Oktober 2017 zu lesen: «IDM findet nicht statt.» Ein Trauerspiel. Aber wer diese üblen und unverständlichen Missstände anprangert, wird als Nestbeschmutzer verteufelt.

Ralph Bohnhorst, Hausherr in Oschersleben, FIM-Funktionär und ehemaliger Seitenwagen-GP-Sieger: «Wir sind eine große Nation und müssten 7, 8, 9 oder 10 Fahrer in der WM haben. Wenn die IDM steht, kriegen wir das in 3, 4 Jahren hin.»

Der niederländische IDM-Fahrer Danny De Boer: «Wir haben in Holland vor einigen Jahren Geld in die Hand genommen, um den Nachwuchs zu fördern. Und das zahlt sich jetzt aus.»

In Deutschland hingegen wird das Siechtum der IDM bejubelt – oder einfach nicht wahrgenommen. Vier deutsche Fixstarter in der angeblich aufstrebenden Supersport 300-IDM, plus zwei gelegentliche Gäste aus der WM. Die Supersport-600-Klasse ist nur voll, weil elf Teilnehmer aus dem nach 40 Jahren aufgelassenen Yamaha-Cup mitfahren. In der IDM Superbike starteten 2017 beim Auftakt 35 Teilnehmer, in diesem Jahr 22.

Daneben existieren der Suzuki GSX-R1000-Cup und der Twin-Cup, in dem nur Suzuki mitfahren (neben zwei Kawasaki). Im Juli soll der BMW-Cup starten, aber nur wenn sich mindestens zehn Teilnehmer anmelden. Bisher ist das Limit noch nicht erreicht. Ach ja, und die Sidecar-Teams wussten eine Woche vor dem Saisonstart noch nicht, ob sie 2018 Bestandteil der IDM sein würden – haben aber dann doch unterschrieben.

Also alles in Butter?

Wir lassen uns gern als Nestbeschmutzer bezeichnen. Das halten wir aus.

Aber womöglich wird das IDM-Nest bald leer sein, zu viele Teams und Fahrer sind schon ausgeflogen.

Das kann nur an den kritischen Medien liegen.

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