KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Danny Kent: «MotoGP-WM 2016 wäre ein Traum»

Von Günther Wiesinger
Danny Kent liegt schon 51 Punkte vor Bastianini. Doch der Leopard-Honda-Pilot brennt auf weitere Erfolge. Und er möchte 2016 in die MotoGP-WM.

Danny Kent (21) ist kein Grossmaul. Aber er hat in den ersten Moto3-WM-Rennen 2015 viel Selbstvertrauen getankt.

Das äussert sich mitunter in Gesprächen mit den Journalisten, in denen sein gestärktes Selbstbewusstsein zum Vorschein kommt.

Nach der Pressekonferenz beim Barcelona-GP, bei der die ersten drei wie üblich ein paar belanglose Floskeln absonderten, stapfte der englische Leopard-Honda-Pilot auf eine Handvoll wartender Journalisten zu, allesamt englischer Muttersprache – mit Ausnahme des SPEEDWEEK.com-Reporters.

«Ich war auf dem Podium und kann mich hinstellen, wo ich will», grinste der Sieger und WM-Leader – und lachte über seinen vorlauten Spruch. Die Kollegen hatten ihm im Gedränge einen bestimmten Platz zugewiesen, der ihm nicht passte.

In Mugello hatte Kent vor dem Rennen gesagt: «Ich werde mich bemühen, alleine wegzufahren. Denn wenn ich vorne bin, scheinen meine Gegner aufzugeben.»

61 Punkte Vorsprung hat Kent in sieben WM-Rennen herausgeholt, da darf er sich eine hübsche Portion Übermütigkeit erlauben.

Der ehemalige Red Bull-Rookie ist 2015 zur stärksten Figur geworden, die die seit 2012 existierende Moto3-WM je gesehen hat.

Und Grossbritannien erlebt seit den Zeiten von Barry Sheene Mitte der 1970er-Jahre endlich wieder einen dominanten GP-Fahrer, nachdem Scott Redding 2013 beim Gewinn der Moto2-WM gescheitert ist.

Im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com sprach Danny Kent über seine starke Saison 2015 und seine Zukunftspläne.

Danny, du bist jetzt relaxter als zu Beginn der Saison, denn du zermürbst deine Gegner mit Schnelligkeit und Beständigkeit. Du wirkst locker und entspannt?

Ja, 51 Punkte bedeuten einen schönen Vorsprung. Aber ich glaube, du darfst besonders in der Moto3-Klasse nie relaxt sein. Es sind noch elf Rennen zu fahren, wir müssen unablässig weiterarbeiten.

In den letzten 20 Jahren hat kein Fahrer in der kleinsten Klasse nach sechs Rennen so viele Punkte Vorsprung gehabt wie du, es waren bei dir 46.

Ja, wirklich? Wer war mein Vorgänger?

Haruchika Aoki lag 1995 nach sechs Rennen 52 Punkte vor den Verfolgern.

Hm, eine gute Leistung.

Du wirkst auf und neben der Piste mit deinen 21 Jahren sehr erwachsen, Und du stellst klare Ansprüche. Schon nach Platz 3 in Katar hast du gesagt: Ich will Jacks Vertrag für die nächste Saison. Kannst du dir wirklich einen direkten Aufstieg in die MotoGP-WM vorstellen?

Ja, es ist immer ein Traum, in die MotoGP-WM einzusteigen. Wenn ich die Wahl habe, mache ich es. Jack war bisher der erste Moto3-Fahrer, der das gewagt hat. Er hat gezeigt, dass es machbar ist.
Aber natürlich ist der Plan für 2016, in der Moto2 mitzufahren. Oder in der MotoGP...
Aber zuerst konzentrieren wir uns auf die Saison 2015.

Wäre die Aufgabe für dich leichter als für Jack Miller, weil du 2013 bei Tech3 schon eine WM-Saison in der Moto2 absolviert hast?

Vielleicht, ja, Aber ich denke, es wäre sicher nett, ein weiteres Jahr in der Moto2 zu absolvieren. Mit einem guten Bike und mit einem guten Team. Ich habe das Gefühl, wir könnten in der Moto2 sehr stark sein.

Wenn man sich deine Ergebnisse 2012 und 2014 im Red Bull Ajo-Team anschaut, dann warst du in der zweiten Saisonhälfte immer deutlich stärker als in der ersten. 2012 hast du in dieser Phase die Chance auf den Nr.-1-Platz im Red Bull-KTM-Team gegen Cortese verspielt – und somit wohl die Titelchance.

Ja, und nicht nur das. Bisher war es immer so, dass meine stärksten Strecken immer in der zweiten Saisonhälfte auf dem Kalender standen. Deshalb bin ich froh, in diesem Jahr so stark begonnen zu haben. ?Auf meinen schlimmsten Strecken wird immer am Beginn der Saison gefahren.
Sobald wir nach Assen kommen, gehen meine Lieblingsstrecken los. Auch den Sachsenring liebe ich, Brünn ebenfalls, dazu Motegi und Valencia.

Bisher liessen deine Gegner viel an Konstanz vermissen. Wird Enea Bastianini dein gefährlichster WM-Rivale sein?

Ja, denn er ist sehr stark. Ausserdem stürzt er nicht so oft, was für die Meisterschaft natürlich wichtig ist. Aber wir dürfen auch meinen Teamkollegen Efren Vazquez nicht vergessen, dazu Oliveira und Fenati.

Nach deinen erfolgreichen Rennen zeigst du kaum Emotionen, du bist ein stiller Geniesser. Nach ein paar schwierigen WM-Jahren willst du die Bodenhaftung nicht verlieren?

Richtig, ja. Wir müssen mit den Füssen auf dem Boden bleiben. Wir haben noch elf Rennen vor uns, wie gesagt. Es ist schön, in der WM 51 Punkte voran zu sein. Aber wir müssen fleissig weiterarbeiten und alles tun, um den Vorsprung weiter auszubauen.

Wenn du in diesem Tempo weitermachst, wirst du nach 14 Rennen schon 102 Punkte vorne sein...

Ja, genau. Das ist der Plan. Wir wollen die Weltmeisterschaft so früh wie möglich gewinnen.

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