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Exklusiv: Fährt die MotoGP 2018 auf dem Nürburgring?

Von Günther Wiesinger
Ist es nach 20 Jahren mit der Motorrad-GP-Herrlichkeit auf dem Sachsenring vorbei? Noch im August soll Safety Officer Franco Uncini den Nürburgring inspizieren.

Nachdem am Wochenende vom 1./2. Juli beim Motorrad-GP von Deutschland rund 67.000 Besucher weniger Eintritt bezahlt haben als im Vorjahr, die Dorna-Gebühr aber von 3 auf 4 Millionen Euro gestiegen ist, rechnet Wolfgang Streubel, Geschäftsführer der Sachsenring Rennstrecken GmbH (SRM), mit einem Verlust im «hohen sechsstelligen Bereich»; er könnte auch die Millionengrenze übersteigen.

Das Gesicht von SRM-Partner Jürgen Fritzsche am Sonntagabend nach dem jüngsten WM-Lauf in Hohenstein-Ernstthal sprach Bände.
Er sah wohl das Ende des Sachsenring-GP heraufdämmern.

Wie SPEEDWEEK.com mehrmals ausführlich beleuchtet hat, sind einige Probleme der SRM hausgemacht.

Jetzt wollen ADAC-Sportpräsident Hermann Tomczyk und Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta den Vorkommnissen in Sachsen nicht mehr länger zuschauen.

ADAC und Dorna Sports haben zwar vor einem Jahr einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag vereinbart, der Schauplatz des deutschen Grand Prix wurde jedoch offen gelassen. ADAC-Sportpräsident Tomczyk und Sachsens Ministerpräsident Stanislav Tillich blieben dem deutschen Grand Prix bereits 2017 fern. Kein gutes Omen.

Inzwischen wird schon konkret und aktiv an einem Wechsel des Motorrad-GP in die Eifel gearbeitet; erstmals seit 1997 könnte dort nächstes Jahr der deutsche Grand Prix stattfinden.

Safety-Officer Franco Uncini, 500-ccm-Weltmeister 1982, soll den Nürburgring noch im August inspizieren und feststellen, ob er den aktuellen Sicherheitsanforderungen entspricht.

Die Entscheidung über den Schauplatz des deutschen Motorrad-GP liegt vorläufig beim ADAC München. Die Dorna wird zu einem Rennen in der Eifel sofort «Ja» sagen, wenn der Nürburgring für einen Grand Prix homologiert werden kann, was niemand in Zweifel zieht. Und wenn ein Promoter wie zum Beispiel der ADAC Nordrhein einsteigt, der für die 4-Mio-Euro-Gebühr der Dorna den Kopf hinhält.

«Vom Streckenverlauf und von der Sicherheit her gibt es auf dem Nürburgring wahrscheinlich wenig zu beanstanden. Ich bin zwar seit der IDM-Lauf 2005, den ich gewonnen habe, nicht mehr dort gefahren. Aber ich war 2014 beim 24h-Autorennen dort», erklärte Stefan Bradl.

ADAC und Dorna haben längst zum Management des neuen Nürburgring-Eigentümers Wiktor Charitonin Kontakt aufgenommen und sind dort auf großes Interesse gestoßen.

Denn die Formel 1 hat seit 2013 nicht mehr in der Eifel gastiert und lässt sich wohl auch künftig dort nicht mehr finanzieren. Für die Formel 1 werden Austragungsgebühren bis zu 20 und 30 Millionen gefordert. Die MotoGP wäre eine Riesenattraktion und ein Aushängeschild neben den vielen Breitensport-Veranstaltungen der neuen Betreiber.

Klar, 1997 erschienen nur rund 17.000 Zuschauer beim Nürburgring-GP. Aber damals ließ die Qualität des Produkts «MotoGP» weltweit zu wünschen übrig. Die neue Viertakt-Ära begann erst 2002, der Rossi-Hype hatte noch nicht begonnen, es gab nicht sechs namhafte Hersteller in der Königsklasse wie heute und keinen deutschen Topfahrer in der «premier class». Es gab keine deutschsprachigen Moto2-Hersteller wie Kalex, KTM und Suter, keine namhaften Teams wie Garage Plus Interwetten, Kiefer, Intact, Saxoprint und Südmetall Schedl und keine Werksteams von KTM.

Und es traten nur zwei deutsche Stammfahrer in der Weltmeisterschaft an. Dirk Raudies wurde WM-25., seine Laufbahn neigte sich dem Ende zu; daneben fuhren Tex Geissler (WM-16.) und Steve Jenkner (WM-19.). In der 250er-WM trat nur Ralf Waldmann als deutscher Teilnehmer an.

Nürburgring freut sich auf neue Attraktion

Auf dem Nürburgring wurde die Phase der finanziellen Ungewissheit letztes Jahr beendet. Es besteht wieder Klarheit über die Besitzverhältnisse und den Fortbestand der Traditionsrennstrecke.

Die NR Holding hat 2016 alle Bedingungen des Kaufvertrages erfüllt und den Kaufpreis bezahlt. Die Holding des russischen Pharma-Milliardärs Wiktor Charitonin hält jetzt mehr als 99 Prozent an der capricorn Nürburgring Besitzgesellschaft mbH (CNBG), an der das Unternehmen GetSpeed nur noch einen Anteil von weniger als einem Prozent besitzt. Experten sagen, Charitonin habe in zwei Tranchen insgesamt 77 Millionen Euro überwiesen.

Die SRM GmbH hat die Ticketpreise für 2017 um rund 30 Prozent angehoben, die Qualität des Produkts blieb unverändert – die Zuschauer präsentierten die Quittung und blieben in großen Scharen daheim. Die SRM musste die drittschlechtesten Zuschauerzahlen in diesem Jahrtausend hinnehmen.

Denn sie bekommen in Barcelona, Assen und anderswo reizvolle Tribünenplätze für die Preise von Stehplatztickets in Sachsen.
Die Ausrede, die Terminverschiebung vom 16. auf den 2. Juli sei schuld an der Misere, lassen ADAC und Dorna nur bedingt gelten.

Insider meinen, das habe im schlimmsten Fall 1000 bis 2000 Besucher ferngehalten. Wegen einer Terminverschiebung blieben auch in der Vergangenheit an drei Tagen nicht 67.000 Zuschauer weg.

Und die Mehrheit der Fans wetterte ganz klar über die unverschämten Preise.

Dorna, die Teamvereinigung IRTA, die Fahrer und Teams haben zum Sachsenring gemischte Meinungen.

Eine Parade-MotoGP-Rennstrecke ist der Sachsenring mit seinen vielen Linkskurven und dem geringen Top-Speed beileibe nicht. Das Problem des gefährlichen Turn 11 (erste Rechtskurven nach 31 Fahrsekunden auf der linken Reifenkante) bleibt ungelöst, die Beschwerden der Fahrer waren auch in diesem Jahr wieder zahlreich. Die Situation mit den zwei getrennten Paddock ist nicht ideal.

Das alles wäre erträglich, wenn wenigstens die finanziellen Perspektiven stimmen würden.

Aber es mischen zu viele Parteien mit, die SRM GmbH wird finanziell nie auf einen grünen Zweig kommen, die Dorna erblickt zu viel Dilettantismus.

«Ich verstehe zum Beispiel nicht, wie ein GP-Promoter erlauben kann, dass ein Hausbesitzer auf seinem Grundstück beim deutschen Grand Prix eine Tribüne errichtet und Tickets verkauft», wundert sich Carmelo Ezpeleta.

Übrigens: Die Betreiber dieser erwähnten Besico-Tribüne kaufen bei der SRM Stehplatz-Tickets und verkaufen sie mit einem saftigen Aufschlag. Einmalig auf der ganzen Welt und alles andere als finanziell förderlich für die SRM. Hänel und Motorrad Unger kaufen bei der SRM für ihre Tribünen ebenfalls Stehplatz-Weeekend-Tickets...

«Wenn ich beim SRM etwas zu reden hätte, würde ich als GP-Veranstalter vor diesen Tribünen der privaten Grundstückbesitzer einfach riesige undurchsichtige Stoffwände hochziehen», betonte ein hochrangiger Dorna-Manager.

Das Zuschauerdebakel für 2017 zeichnete sich wegen der hohen Preise bereits im Januar ab. Trotzdem liess die SRM fröhlich Tribünen in einem Ausmass errichten, als sei mit einem ausverkauften Haus zu rechnen.

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