KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Pit Beirer (KTM): «Wir müssen einige Dinge verändern»

Von Günther Wiesinger
«Johann Zarco hat sich den Umstieg definitiv einfacher vorgestellt», sagt KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer nach Platz 17 von Johann Zarco beim Jerez-Test. «Deshalb haben wir noch viel Arbeit bis Februar.»

Red Bull KTM erlebte mit den Siegen von Can Öncü und Miguel Oliveira sowie den Plätzen 3 und 8 in der MotoGP in Valencia ein grandioses WM-Finale. Aber bei den Tests in Valencia und Jerez taten sich besonders die KTM-Neulinge Zarco, Oliveira und Syahrin mit der RC16 schwer.

Pit Beirer, Motorsport-Direktor von KTM, hat natürlich mitbekommen, dass die Rookies bei Yamaha, Honda und Ducati (Pecco Bagnaia war in Jerez Gesamt-Neunter) bei der Konkurrenz ein leichteres Spiel haben wie mit dem 280 PS starken 1000-ccm-V4-Gerät aus Österreich.

Selbst der WM-Sechste und zweifache Moto2-Weltmeister Johann Zarco tat sich schwer. Dabei hat er im Mai auf der Yamaha beim Jerez-GP Platz 2 erobert. Jetzt verlor er mit der KTM 1,919 Sekunden auf die Bestzeit von Takaaki Nakagami (Honda).

Pit, die November-Tests sind nicht so ausgefallen, dass man beruhigt in die Winterpause gehen konnte. Siehst du das auch so? Pol Espargaró brachte die beste KTM in Jerez auf Platz 17. Es gibt also noch Spielraum für Verbesserungen.

Es ist immer schön, wenn es Projekt gibt, bei denen du noch wachsen kannst, bei denen Luft nach oben ist. (Er schmunzelt).

Es war dann viel die Rede davon, man habe viele neue Teile probiert, weil Testfahrer Mika Kallio seit Juli verletzt ist, man habe nicht auf die Rundenzeiten geachtet. Aber Pol Espargaró ist oft genug mit frischen Reifen rausgefahren. Denn kein Topfahrer will als 17. in die Winterpause gehen.

Das stimmt nicht unbedingt. Um wirklich schnelle Rundenzeiten herauszuquetschen, musst du mal einen Satz neue Reifen reinstecken und nur vier Liter Benzin tanken. Und dafür haben wir uns keine Zeit genommen, weil wir wirklich mal in Ruhe richtig viel Material testen wollten, denn wir haben durch das Verletzungspech in diesem Jahr einen Materialstau gehabt.

Wenn du dann rausfährst und mit jedem neuen Teil sofort wieder versuchst, eine Rundenzeit hinzubringen, bist du wieder nicht ehrlich.
Du musst dir irgendwann die Zeit nehmen und in Ruhe ein paar Sachen zu probieren und Teile auszusortieren. denn du hast bei jedem Grand Prix so viel Druck; du musst am Freitag rausfahren und Rundenzeiten vorlegen. Denn es könnte am Samstag regnen und du könntest die Position für den Samstag brauchen. Ein Werksteam ist deshalb ewig unter Druck. Und diesen Druck haben wir uns bei diesen ganzen Tests definitiv nicht aufhalsen lassen.
?Aber Johann Zarco hat nach dem zweiten KTM-Testtag bin Valencia gesagt: Es ist schlimmer als befürchtet. Er wirkte zerknirscht.
!Ja, aber ich gehe stark davon aus, dass er das Wetter gemeint hat. Das Motorrad kann er nicht gemeint haben. Das Wetter war schlimmer als befürchtet… (Er lacht).

Naja, er war nach zwei Tagen auf der KTM auf Platz 21 mit 1,752 sec inklusive zwei Stürzen. Er ist also nicht spazieren gefahren. Und beim Grand Prix war er im FP3 Fünfter – vor den beiden Yamaha-Werkspiloten Viñales und Rossi. Und im Rennen war er Siebter.

Johann war im GP-Qualifying als Elfter auf jeden Fall hinter uns… Im Rennen auch.

Aber wenn man es kritisch betrachtet, erlebt Zarco jetzt eine Situation wie Rossi vor sieben Jahren beim Umstieg von Yamaha zu Ducati.

Ja, Yamaha scheint ein Paket zu haben, das einfach angenehm zu fahren ist. Ich mache kein Hehl daraus, dass sich Johann den Umstieg definitiv einfacher vorgestellt hat.

Die RC16 ist ein anderes Motorrad. Du kannst eine KTM nicht fahren wie eine Yamaha. Du musst gewisse Dinge anders machen.

Aber es war für uns trotz allem wichtig und erfrischend zu hören, was er jetzt sagt. Denn unsere bisherigen Fahrer sind inzwischen schon zu stark im Projekt drinnen, sie kennen jeden Rahmen, jede Schwinge, jeden Motor. Sie interpretieren in ihre Aussagen schon viel rein, bevor sie das Teil probiert haben, weil sie ja unsere Entwicklungsschritte kennen.

Außerdem haben unsere bisherigen Fahrer ihre Fahrweise schon an die KTM angepasst, der Pol ganz extrem. Er fährt unser Gerät schon aggressiv und sportlich.

Es war für uns jetzt wirklich wichtig, die ersten Aussagen und das Gefühl von Johann aufzunehmen. Er ist ein Spitzenfahrer, er ist bisher Spitzenresultate gefahren, deshalb wollten wir wissen, wie er unser Motorrad beurteilt.

Jetzt haben wir definitiv Dinge, die wir verändern müssen und die wir mittlerweile schon relativ schnell verändert haben.
Wir wollen natürlich schon, dass ein Fahrer unser Motorräder so fährt, dass er die Stärken ausnützt. Wir wollen aber nicht, Dass ein Fahrer für uns seinen Fahrstil komplett ändern muss.

Es ist unser Anspruch, dass wir das Gerät so verfeinern und verändern, dass der Johann mit seinem Fahrstil schnell fahren kann. Deshalb haben wir zwischen Valencia und Jerez sicher einiges zu arbeiten gehabt.

Diese Arbeit geht jetzt auch nahtlos weiter bis zum Sepang-Test im Februar.

Es wäre Blödsinn, jetzt zu behaupten, es ist alles super und einfach, die Rundenzeiten sind grad so rausgeschnalzt.

Selbst wenn du nicht auf Zeitenjagd bist, möchte der Fahrer irgendwann einmal eine gute Rundenzeit fahren. Auch mit gebrauchten Reifen.

Und das war bei den November-Tests nicht so einfach.

Braucht KTM für die MotoGP-Klasse irgendwann einen technischen General Manager, so wie ihn Ducati seit Oktober 2013 in Person von Gigi Dall’Igna hat? Einen Techniker, der beim Chassis, beim Motor, bei der Elektronik, bei der Suspension und sportpolitisch den Durchblick hat? Einen Wunderwuzzy, der dich auf der Technikseite entlastet?

(Er seufzt). Ich weiß nicht ganz genau, welche Aufgaben Gigi hat. Aber ich glaube, dass wir diese Aufgaben in Munderfing zwischen den verschiedenen Abteilungen alle abgedeckt haben. Wir haben mit Mike Leitner einen sehr guten Teamchef, wir haben mit Kurt Trieb einen sehr guten Verantwortlichen auf der Technikseite, die führen die Fäden schon gut zusammen.

Ich glaube nicht, dass in den ersten zwei Jahren so viel schiefgegangen ist,d ass man jetzt über Personal diskutieren muss.
Wenn wir nicht eine so hervorragende Truppe hätten, und da möchte ich das Wort hervorragend dreimal unterstreichen, dann fährst du dein ganzes Leben lang in der MotoGP kein Podium heraus. Und wir haben eins.

Und darauf bin ich stolz, vor allem für meine Mannschaft. Nicht darauf, wie ich die Fäden ziehe, sondern wie die arbeiten.

 

 
 
Kombinierte Zeitenliste Jerez-Test, 28./29. November 2018:

1. Takaaki Nakagami (J), Honda, 1:37,945 min
2. Danilo Petrucci (I), Ducati, 1:37,968
3. Marc Márquez (E), Honda, 1:37,970
4. Maverick Viñales (E), Yamaha, 1:38,066
5. Jorge Lorenzo (E), Honda, 1:38,105
6. Franco Morbidelli (I), Yamaha, 1:38,118
7. Andrea Dovizioso (I), Ducati, 1:38,185
8. Jack Miller (AUS), Ducati, 1:38,207
9. Francesco Bagnaia (I), Ducati, 1:38,333
10. Alex Rins (E), Suzuki, 1:38,522
11. Valentino Rossi (I), Yamaha, 1:38,596
12. Fabio Quartararo (F), Yamaha, 1:38,761
13. Álvaro Bautista, (E), Ducati, 1:38,830
14. Tito Rabat (E), Ducati, 1:38,876
15. Joan Mir (E), Suzuki, 1:38,931
16. Andrea Iannone (I), Aprilia, 1:39,008
17. Pol Espargaró (E), KTM, 1:39,144
18. Karel Abraham (CZ), Ducati, 1:39,744
19. Johann Zarco (F), KTM, 1:39,864
20. Aleix Espargaró (E), Aprilia, 1:40,156
21. Bradley Smith (GB), Aprilia, 1:40,174
22. Sylvain Guintoli (F), Suzuki, 1:40,498
23. Hafizh Syahrin (MAL), KTM, 1:40,520
24. Miguel Oliveira (P), KTM, 1:40,577
25. Matteo Baiocco (I), Aprilia, 1:41,907

Kombinierte Zeitenliste Valencia, 20./21. November 2018

1. Maverick Viñales (E), Yamaha, 1:30,757 min
2. Andrea Dovizioso (I), Ducati, +0,133 sec
3. Marc Márquez (E), Honda, +0,154
4. Jack Miller (AUS), Ducati, +0,182
5. Danilo Petrucci (I), Ducati, +0,202
6. Franco Morbidelli (I), Yamaha, +0,217
7. Alex Rins (E), Suzuki, +0,497
8. Takaaki Nakagami (J), Honda, +0,547
9. Valentino Rossi (I), Yamaha, +0,614
10. Aleix Espargaró (E), Aprilia, +0,643
11. Francesco Bagnaia (I), Ducati, +0,648
12. Jorge Lorenzo (E), Honda, +0,827
13. Pol Espargaró (E), KTM, +0,871
14. Joan Mir (E), Suzuki, +0,957
15. Tito Rabat (E), Ducati, +1,183
16. Stefan Bradl (D), Honda, +1,258
17. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +1,334
18. Andrea Iannone (I), Aprilia, +1,367
19. Michele Pirro (I), Ducati, +1,463
20. Jonas Folger (D), Yamaha, +1,508
21. Johann Zarco (F), KTM, +1,752
22. Karel Abraham (CZ), Ducati, +2,149
23. Hafizh Syahrin (MAL), KTM, +2,251
24. Bradley Smith (GB), Aprilia, +2,271
25. Miguel Oliveira (P), KTM, +3,041

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