Im vergangenen Mai stellte der damalige Dorna-TV-Chef Manel Arroyo den deutschen MotoGP-Fans eine Vertragsverlängerung mit ServusTV für die deutschen Live-Rechte im Free-TV in Aussicht. Doch es verging Monat um Monat ohne die angekündigte Vertragsverlängerung. Dann wurde beim Valencia-GP im November 2022 kolportiert, dass sich der deutsche TV-Sender RTL für den Kauf der MotoGP-Rechte interessiert und sogar eine Abordnung zum MotoGP-WM-Finale in Spanien schickte, nachdem er sich aus der Formel 1 zurückgezogen hat. Zum Jahreswechsel legte Manel Arroyo seinen Posten bei der Dorna zurück. Der Spanier hat seine Aufgabe mehr als 30 Jahre lang mit viel Umsicht und Erfahrung erfüllt. Arroyo bleibt der Dorna zwar als Berater erhalten, inzwischen wurde ein Nachfolger für ihn gesucht. Am Schluss blieben vier Kandidaten in der engeren Auswahl. Nach Informationen von SPEEDWEEK.com soll beim Texas-GP (14. bis 16. April) der Kanadier Daniel Freiman als neuer Dorna-TV-Chef präsentiert werden. Er war bisher in Kanada als Director für Marketing & Fan Engagement in der National Basketball Association verantwortlich. Schon Anfang Februar beim Sepang-Test war zu hören, bei der Dorna hätten sich ursprünglich 24 Experten für den Job als TV-Chef beworben; eine endgültige Entscheidung sollte spätestens im März fallen. Zu Daniel Freimans vorrangigen Aufgaben bei der Dorna wird gehören, einen neuen Sender für die deutschen Live-MotoGP-TV-Rechte zu finden. ServusTV: MotoGP-Rechte nach 2023 nur für Österreich Inzwischen ist durchgesickert, dass sich der österreichische Privatsender ServusTV aus dem Red Bull Media House (er existiert seit Oktober 2008) nach 2023 nicht mehr für die deutschen Live-Übertragungsrechte für MotoGP (und die Superbike-WM) bewirbt, weil die Markanteile in Deutschland bei 0,5 bis 0,8 Prozent verharren und der Aufwand in keiner Relation zum Ertrag steht. ServusTV wird deshalb wie vor 2019 nur die MotoGP-Free-TV-Rechte für den österreichischen Sendebereich erwerben – wie es in der Gegenwart auch in der Formel 1 gehandhabt wird. Bei RTL ist das Interesse an der MotoGP inzwischen erlahmt. Da spielt mit, dass RTL 2006 quotentechnisch mit der MotoGP trotz aufwändiger Berichterstattung keine dicken Bäume ausgerissen hat. Der Marktanteil lag zwischen mageren 5 und 7 Prozent, obwohl 40 Mitarbeitende zu den Grand Prix geschickt wurden. RTL ist nach 2022 aus der Formel 1 ausgestiegen, für die MotoGP fehlt aber das deutsche Zugpferd. Außerdem hat sich die RTL-Gruppe überraschend ein umfangreiches Rechtepaket der amerikanischen Profiliga NFL gesichert und dabei ProSiebenSat.1 ausgestochen. Die Kölner Sendergruppe bietet 2023 rund 80 Liveübertragungen pro Saison. Neben diesem Projekt und den Fußball-Länderspielen gibt es bei RTL offenbar keine Kapazitäten für MotoGP, obwohl die Gruppe bei Bedarf auch auf den Nachrichtensender ntv ausweichen könnte. Fakt ist: Die meisten TV-Sender fokussieren sich inzwischen auf Live-Events, weil es die einzige Möglichkeit ist, beim Kampf um Marktanteile noch einigermaßen erfolgreich gegen neue Konkurrenten wie YouTube, Netflix und alle möglichen Streaming-Dienste zu bestehen. ServusTV hat sich im Sommer 2018 bei der Dorna für fünf Jahre (inklusive 2023) die deutschsprachigen Free-TV-Live Übertragungsrechte gesichert. Bis Ende 2018 war Eurosport in Deutschland im Besitz der exklusiven Live-Rechte für Free- und Pay-TV, Eurosport 1 über Kabel, Satellit und Digital-Terrestrisch. Über viele Jahre hinweg gab es im Motorrad-GP-Sport immer wieder Wechsel bei den TV-Verträgen. Die Dorna bietet das deutsche Rechte-Paket zurzeit einigen deutschen Premium-TV-Sendern an. Die spanischen TV-Manager haben sich letzte Woche bei deutschen Agenturen und Sendern wie ARD und ZDF gemeldet. Bisher liegt zum Beispiel ein Angebot eines Pay-TV-Senders vor, es handelt sich mutmaßlich um SKY, die auch die Live-Rechte für Italien erworben haben und in Deutschland auch die Formel-1-Rechte besitzen. Deutsche TV-Rechte: 8 bis 10 Millionen im Jahr Die Dorna liebäugelt mit einem renommierten Premium-Partner wie zum Beispiel ProSiebenSat.1 für die deutschen MotoGP-Free-TV-Rechte. Die ProSiebenSat.1-Gruppe besitzt seit 2018 die DTM-Live-TV-Rechte in Deutschland. 2022 wurde die Sportwagen-Rennserie erstmals auf ProSieben gezeigt. Das wird auch 2023 der Fall sein. Die deutschen Live-TV-Rechte für die Formel E sind innerhalb der Sendergruppe ebenfalls zu ProSiebenSat.1 gewandert. Die Dorna hat die deutschen Rechte 2011 noch für 3,5 Millionen US-Dollar pro Jahr verkauft. ProSiebenSat.1-Gruppe hat die lukrativen Rechte für die National Football League (NFL) an RTL verloren und könnte sich die MotoGP-Rechte finanziell leisten, die mittlerweile zwischen 8 bis 10 Millionen Euro pro Jahr kosten. Um so ein Projekt wirtschaftlich rechtfertigen zu können, müsste der reichweitenstarke Premium-Privatsender das MotoGP-Programm natürlich mit umfangreichen Werbeblocks umzingeln.