KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Bis zu 366,1 km/h: Die zehn höchsten Top-Speed-Werte

Von Nora Lantschner
Brad Binder auf dem Weg in neue Top-Speed-Höhen in Mugello

Brad Binder auf dem Weg in neue Top-Speed-Höhen in Mugello

Seit dem Mugello-GP 2023 hält Red Bull-KTM-Werksfahrer Brad Binder den Rekord für den höchsten MotoGP-Top-Speed. Ein Blick auf die rasante Entwicklung der Höchstgeschwindigkeiten in der Königsklasse auf zwei Rädern.

Am 10. Juni 2023 erreichte Brad Binder im Sprintrennen des Italien-GP auf der 1,141 km langen Start-Ziel-Geraden von Mugello sagenhafte 366,1 km/h und holte damit den Top-Speed-Rekord zum zweiten Mal zu Red Bull KTM Factory Racing.

«Mein Bike ist eine Rakete, das Team hat einen unglaublichen Job gemacht», grinste der Südafrikaner. «Ich konnte am Ende der Geraden jedes Mal die anderen Fahrer überholen. Es ist so gut, wenn man ein paar km/h extra in der Tasche hat. Es ist aufregend und macht das Überholen ein wenig einfacher.»

Aus den vergangenen Jahren waren wir gewohnt, dass neben dem «Autodromo Internazionale del Mugello» auch der Lusail International Circuit bei Doha regelmäßig für einen absoluten Top-Speed-Rekord gut war. Im November fiel die 360-km/h-Marke beim vorletzten Grand Prix der Saison allerdings nicht, was auch damit zu tun hatte, dass der Messpunkt für die Höchstgeschwindigkeit auf der Start-Ziel-Geraden im Vergleich zu den Vorjahren um rund 30 Meter verlegt worden war. Der Spitzenwert aus dem Katar-GP 2023 lag bei 356,4 km/h (gemessen bei Enea Bastianini, Marco Bezzecchi und Johann Zarco; jeweils auf Ducati).

Auch die Indien-Premiere auf dem schnellen und flüssigen Buddh International Circuit in Greater Noida in der Nähe von Delhi hatte entgegen der Hoffnungen der lokalen Veranstalter keinen Top-Speed-Rekord für die Königsklasse hervorgebracht – und das trotz 1006 m langer Gegengeraden. Aprilia-Werksfahrer Aleix Espargaró wurde auf seiner RS-GP im Tissot-Sprint aber immerhin mit 356,4 km/h geblitzt.

Die Top-Speed-Entwicklung in der MotoGP-Klasse

Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt: 2002, im ersten Jahr der MotoGP-Ära, hielt Tohru Ukawa (Honda) mit seinen 324,5 km/h den Geschwindigkeitsrekord. 2003 schaffte Loris Capirossi (Ducati) 332,4 km/h, 2004 Alex Barros (Honda) dann schon 343,0 km/h – jeweils in Mugello.

Die nächste Verbesserung gab es erst 2006 in Shanghai: Makoto Tamada erreichte im Qualifying noch auf der 990-ccm-Honda 343,7 km/h, ehe der Hubraum 2007 auf 800 ccm reduziert wurde.

Bei Dani Pedrosa wurden 2009 in Mugello dennoch 349,3 km/h gemessen. Damit hielt der damalige Honda-Pilot eine ganze Weile den Top-Speed-Rekord in der Königsklasse der Motorrad-WM. Erst 2014 löste ihn Andrea Iannone (Ducati) auf derselben Strecke mit 349,6 km/h an der Spitze dieser Bestenliste ab. Es war übrigens der erste Rekord aus der 1000-ccm-Ära, die 2012 begonnen hatte.

Schließlich war es aber 2015 der langjährige Honda-Star Marc Márquez, der in Doha erstmals die 350-km/h-Marke knackte. Sein Geschwindigkeitsrekord hatte aber nur bis zum Mugello-GP desselben Jahres Bestand: Von da an schraubte wieder Iannone die Bestmarke nach und nach bis auf 354,9 km/h nach oben.

Danach führte Andrea Dovizioso die Serie für Ducati beim Italien-GP 2018 (356,5 km/h) und 2019 (356,7 km/h) fort.

2021 sorgte Johann Zarco für einen weiteren Meilenstein: Auf der Pramac-Ducati passierte er die Geschwindigkeitsmessung in Doha mit 362,4 km/h. Im selben Jahr egalisierte Red-Bull-KTM-Werksfahrer Brad Binder in Mugello diese Marke.

Danach riss mit Jorge Martin wieder ein Pramac-Ducati-Ass den Rekord an sich: Der Spanier erreichte in der zweiten Runde des Italien-GP 2022 auf der 1,141 km langen Start-Ziel-Geraden von Mugello im Windschatten satte 363,6 km/h.

«Das ist sehr riskant. Wenn du in die erste Kurve kommst, ist es der Wahnsinn, wie der Wind das Motorrad bewegt. Dennoch ist es ein schönes Gefühl, so schnell zu fahren», schilderte Martin.

Brad Binder (KTM) setzte sich dann 2023 in Mugello mit 366,1 km/h wieder an die Spitze der Top-Speed-Bestenliste. Mit 364,8 km/h war übrigens auch Bastianini (Ducati) schneller als Martins Bestmarke aus dem Vorjahr. Bemerkenswert: Insgesamt zwölf Fahrer knackten im Laufe des Italien-GP 2023 die 360 km/h!

Geht es nach Jack Miller, ist noch kein Ende dieser Entwicklung in Sicht: «Jedes Jahr wird die Technologie in der MotoGP besser, es wird weitere Verbesserungen geben. Die Schallmauer bei 300 km/h war früher eine ganz große Sache. Danach kamen 360 km/h – und der Unterschied zwischen 360 und 370 km/h ist nicht massiv.»

Die zehn höchsten Top-Speed-Werte der MotoGP:

1. Brad Binder (KTM): 366,1 km/h – Sprint, Mugello 2023
2. Enea Bastianini (Ducati): 364,8 km/h – Sprint, Mugello 2023
3. Jorge Martin (Ducati): 363,6 km/h – Rennen, Mugello 2022
4. Maverick Viñales (Aprilia): 363,6 km/h – Sprint, Mugello 2023
5. Fabio Di Giannantonio (Ducati): 363,6 km/h – Rennen, Mugello 2023
6. Johann Zarco (Ducati): 362,4 km/h – FP4, Doha 2021
7. Brad Binder (KTM): 362,4 km/h – FP3, Mugello 2021
8. Jack Miller (KTM): 362,4 km/h – Sprint, Mugello 2023
9. Johann Zarco (Ducati): 362,4 km/h – Sprint, Mugello 2023
10. Michele Pirro (Ducati): 361,2 km/h – Sprint, Mugello 2023

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