MotoGP: Marc Marquez ist nicht beispiellos

Von wegen banal: MotoGP-Verkleidungsscheiben von WRS

Von Thomas Kuttruf
Man könnte MotoGP-Weltmeister Jorge Martin durchaus als Marken-Ambassador von Rennsport-Zulieferer WRS bezeichnen. Mehr als einmal setzte der Spanier ein Kernprodukt der Italiener in Szene – mit der Faust.

Als eine Art Markenzeichen lässt sich der Martin-Faustschlag nach einem Rennsieg bezeichnen. Der traf nicht einen der Konkurrenten, sondern unmittelbar nach der Zieldurchfahrt die Verkleidungsscheibe der MotoGP-Ducati. Ob der Noch-Champion seine Emotionen an dem dünnen Kunststoffschild ebenfalls auslassen würde, wenn er wüsste, wie viel Aufwand in einer Rennscheibe steckt?

In jedem Fall wäre es falsch, die durchsichtige Kuppel auf einem MotoGP-Renner als banales Bauteil zu bezeichnen. Sicher gibt es weitaus komplexere Komponenten – doch auch die Verkleidungsscheibe ist Teil des Gesamtkunstwerks eines Grand-Prix-Motorrads.

Die Firma WRS, beheimatet in unmittelbarer Nähe des Misano World Circuit Marco Simoncelli in Cattolica, hat sich in den vergangenen Jahren durch die Spezialisierung auf die Verkleidungsscheiben einen Namen gemacht. Unternehmenschef Nicolas Zavoli war im Handel von Motorradzubehör aktiv – und ist es immer noch –, doch um sich ein Stück weit vom harten Geschäft mit Zulieferern und kleinsten Gewinnspannen zu befreien, fiel die Entscheidung zur Herstellung eigener Produkte.

Los ging es 2008 mit den ersten Windschildern für den speziell in Italien in Massen verkauften Großroller Yamaha T-Max. Zeitgleich entstand in Cattolica ein erster Prototyp für das neue BMW-Superbike S 1000 RR. Eine Verbindung, die bis heute hält – Toprak Razgatlioglu blickt als Superbike-Champion durch ein Schild von WRS.

Sämtliche Schilder, ob für Serien- oder Rennsportmaschinen, wurden damals wie heute in Cattolica entwickelt und gefertigt. Laut CEO Zavoli ein unschlagbarer Vorteil, wenn es um schnelle Reaktionszeiten und Spezialanfertigungen geht.

Im Bereich der MotoGP wäre der Begriff von Stangenware gänzlich unangebracht. Denn jeder MotoGP-Pilot setzt eine individuelle Scheibe ein. Das Schild ist Teil der Aerodynamik-Pakete und wird nach Vorgaben der Werksteams im Windkanal mit den Piloten einzeln herausgefahren – und wenn nötig mit jedem Aero-Update modifiziert.

Als Ausrüster der Ducati- und KTM-Mannschaft kommen so pro Jahr pro Athlet zwischen 80 und 100 Scheiben zum Einsatz. Das beinhaltet ja auch spezielle Scheiben für nasse Strecken und Varianten nach Streckentyp. In Mugello wird eine andere Kanzel eingesetzt als etwa auf dem langsamen Sachsenring. Bei jedem Rennen wird grundsätzlich eine neue Scheibe verwendet. Selbst feine Schlieren oder Kratzer sind die Feinde der Aerodynamiker.

Neben einer perfekten Oberfläche und hoher Grundfestigkeit, steht das Gewicht der aus PMMA (Polymethylmethacrylat) und in Handarbeit gefertigten Kanzeln im Fokus der Entwicklung. Nicolas Zavoli: «Zur Saison 2024 haben wir Ducati eine geänderte Version für das Bike von Pecco Bagnaia vorgestellt, die 40 Gamm leichter war. Das wurde wie ein Sieg gefeiert. Es geht um jedes Gramm.»

Aus diesem Grund werden die Schilder auch nicht beschichtet. Tönungen oder selbsttönende Materialien gegen Lichteffekte wären schlicht zu schwer, verriet der WRS-Chef beim Besuch von SPEEDWEEK.com.

Dass sich WRS mit viel Einsatz und Know-how dem nur scheinbar nebensächlichen Thema angenommen hat, hat sich bereits ausgezahlt. Nach dem sportlichen Rekordjahr 2024 – WRS kam auf den Siegerbikes aller drei GP-Klassen sowie in der Superbike-WM zum Einsatz – brummt der Spezialbetrieb an der Adria. Nicht mehr für, aber auch dank Jorge Martin.

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