Exklusiv: Ronald ten Kate über die Honda-Behandlung

Von Ivo Schützbach
Honda bestreitet die Superbike-WM 2019 seit 17 Jahren wieder mit einem Werksteam, ist aber so schlecht wie noch nie. «Das jetzige Projekt ist nicht sehr gut durchdacht», meint der langjährige Teamchef Ronald ten Kate.

Nach über 20 Jahren Zusammenarbeit ging es zwischen Honda und dem niederländischen Ten-Kate-Team vergangenen Spätherbst mit Krach auseinander; ab dem sechsten Event in Jerez am zweiten Juni-Wochenende startet Ten Kate unter Yamaha-Flagge mit dem Franzosen Loris Baz.

Ein halbes Jahr nach der Trennung von Honda sagen Teamprinzipal Ronald ten Kate und Teammanager Kervin Bos auf Anraten ihrer Rechtsanwälte zwar noch immer nichts über eventuelle rechtliche oder finanzielle Folgen. Ansonsten sprechen die beiden Niederländer aber sehr offen darüber, wie sie von Honda Japan behandelt wurden und was sie von deren eingeschlagenem Weg halten.

Während beim letzten Superbike-WM-Event 2018 in Katar beim italienischen Althea-Team bereits Moriwaki-Techniker in der Box saßen und der Umstieg von BMW auf Honda vorbereitet wurde, ging Kervin Bos immer noch davon aus, dass es auch 2019 gemeinsam mit Honda weitergehen würde. Als ihn SPEEDWEEK.com darauf aufmerksam machte, telefonierte der 32-Jährige die ganze folgende Nacht – und fiel aus allen Wolken.

«Wir waren sehr beschäftigt mit den Vorbereitungen für 2019 und hatten bereits von Honda abgesegnetes neues Personal», erinnerte sich Bos an das schlimmste Wochenende seiner jungen Managerkarriere. «Honda hatte auch dem Entwicklungsprogramm für die Motoren zugestimmt und wir hatten mit Promoter Dorna den Vorvertrag unterschrieben, welchem Honda ebenfalls zugestimmt hat. Alle Zeichen deuteten darauf hin, dass es weitergeht. Im April 2018 waren Manager von HRC bei uns und versprachen, dass sie Geduld und Vertrauen in unser Projekt haben. Sie versicherten uns, dass Unterstützung von ihrer Seite kommen würde. Unklar war nur, welche Art von Unterstützung. Für uns gab es nichts, das uns signalisierte, dass es in die falsche Richtung geht. Es gab jedes Jahr Gerüchte, dass Honda das Team wechseln würde, für uns waren diese Gerüchte schon Gewohnheit. Es war auch normal für uns, dass wir ein, zwei oder drei Monate ohne Vertrag mit Honda dastanden. Unsere Zusammenarbeit beruhte auf Vertrauen, welches wir über 20 Jahre aufgebaut hatten.»

Die Führung bei Ten Kate war über die Entscheidung von Honda Japan ebenso überrascht wie die verantwortlichen Manager bei Honda Motor Europe, welche sich seit 2003 um den Auftritt des weltgrößten Motorrad-Herstellers in der Superbike-WM kümmerten.

«Wir haben uns an die Vertragsbedingungen gehalten», unterstrich Soichi Yamana von Honda Motor Ende Februar gegenüber SPEEDWEEK.com. «Wir danken Ten Kate für ihr Engagement und den Titelgewinn sowie viele Siege. Es ist aber lange her, dass sie die Meisterschaft gewannen. Deshalb hatten wir das Gefühl, etwas ändern zu müssen. Wenn wir effizienter arbeiten, dann gewinnen wir auch mehr.»

«Sie wollten einfach etwas anderes machen», meinte Ronald ten Kate. «Jeder kann sehen, dass das jetzige Projekt nicht sehr gut durchdacht ist, sie waren auch dort mit allem spät dran. Für das neue Team war es ein Wechsel in letzter Minute, alles war nur halb organisiert. Wie viele andere waren wir neugierig, was Honda mit HRC im Rücken zu leisten im Stande ist, mit den ganzen japanischen Technikern. Ob sie in der Lage sein würden, dieses Motorrad wieder an die Spitze des Feldes zu bringen.»

Bislang nicht: Leon Camier und Ryuichi Kiyonari gelang 2019 noch kein einstelliges Ergebnis!

Der 48-Jährige weiter: «Ich lese in ihren Pressemitteilungen, dass sie bei Null beginnen müssen, weil sie das Motorrad nicht kennen. Nicht kennen? Mit dem fast identischen Bike fuhren sie in Suzuka mehr Runden als jedes andere Team der Welt. Sie müssen nicht bei Null beginnen, sie sind der Hersteller! Außerdem kommt es nicht nur auf das Motorrad an, sondern auch auf das Team dahinter und den Fahrer. Jedem muss klar sein, dass es einen großen Unterschied zwischen der Endurance- und der Superbike-WM gibt. Andere Hersteller entwickeln ein Superbike und machen daraus dann eine Endurance-Maschine, Honda macht es anders herum. Es ist einfacher, wenn du ein viel schnelleres Motorrad für die Superbike-WM baust und dann schaust, dass es die acht Stunden in Suzuka durchhält. Acht Stunden sind keine 24 Stunden. Wenn du eine Maschine für Suzuka entwickelst und dann damit Superbike-WM fährst, wirst du den nötigen Level nicht erreichen.»

Muss Honda ein neues Motorrad bauen, um in der Superbike-WM wieder Erfolg zu haben? Seit James Toseland 2007 wurde kein Fahrertitel gewonnen. «Wir haben die letzten Jahre alles gegeben, um das volle Potenzial des Motorrads zu nützen», ist ten Kate überzeugt. «Das war gut genug, um es Anfang 2018 beinahe aufs Podium zu schaffen. Deshalb glaube ich, dass es mit dem aktuellen Motorrad nach wie vor möglich ist, dem Podium nahe zu kommen und in die Top-5 zu fahren. Der Wettbewerb wurde gegenüber letztem Jahr härter, Yamaha hat einen Schritt nach vorne gemacht. Und Ducati hat mit Bautista ein sehr schnelles Paket. Honda macht weiter eine schwierige Zeit durch. Sie realisieren jetzt vielleicht, dass sie den Level in der Superbike-WM die letzten Jahre unterschätzt haben.»

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