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Großer Krach: Wie Ducati & Bautista Friede schlossen

Alvaro Bautista (Mitte) mit den Ducati-Topmanagern Paolo Ciabatti und Gigi Dall’Igna

Alvaro Bautista (Mitte) mit den Ducati-Topmanagern Paolo Ciabatti und Gigi Dall’Igna

Als sich Alvaro Bautista während der Saison 2019 entschloss, die nächsten zwei Jahre für Honda zu fahren, äußerte sich Ducati-CEO Claudio Domenicali herablassend und respektlos. Heute ist alles vergessen und vergeben.

Ducati und Alvaro Bautista waren 2019 ein Dreamteam. Der Spanier wechselte nach 16 Jahren im GP-Sport in die seriennahe Superbike-WM und kam mit der Panigale VR4 auf Anhieb hervorragend zurecht. Sie ist das erste Superbike des italienischen Herstellers mit einem V4-Motor, viel MotoGP-Erfahrung ist in ihre Entwicklung eingeflossen.

Bautista gewann die ersten elf Rennen mit bis zu 15,1 sec Vorsprung, im ersten Saisondrittel war der 125er-Weltmeister von 2006 unbesiegbar. Doch dann leistete er sich im Titelkampf gegen den wie immer extrem konstanten Jonathan Rea (Kawasaki) mehrere Stürze, zum Teil in Führung liegend.

«Ich habe mich selbst zu stark unter Druck gesetzt und wollte jedes Rennen mit großem Vorsprung gewinnen, auch wenn es das Motorrad nicht hergab», sagte Alvaro später. «Dabei ist ein Sieg ein Sieg, egal mit welchem Vorsprung.»

Obwohl Bautista 2019 insgesamt 16 Rennen gewann und 24 Mal auf dem Podium stand, verlor er die Weltmeisterschaft gegen Rea um 165 Punkte!

Als ihm Honda ein Angebot für die Jahre 2020 und 2021 machte, mit einer kolportierten Jahresgage von eine Million Euro, konnte Bautista nicht nein sagen.

Claudio Domenicali, der nicht unumstrittene CEO von Ducati Motor, hat sich in diesem Zusammenhang nicht gerade Gentleman-like verhalten. Er warf Bautista im Nachhinein Geldgier vor und setzte einzelne Twitter-Meldungen ab, die nicht von Loyalität zeugen und die bei einem Top-Manager bei Audi und VW in Deutschland nicht ohne Konsequenzen geblieben wären.

In Italien regiert die Emotion, trotzdem haben diese merkwürdigen Tweets in der Szene viel Kopfschütteln hervorgerufen. So bezeichnete Domenicali Bautista am 27. September 2019 als «Bau Bau». Wer Italienisch versteht weiß: «bau bau» steht für einen bellenden Hund. Ob die Anspielung auf einen Hund eine gelungene Bemerkung für einen abtrünnig gewordenen Ducati-Publikumsliebling war, mögen die Fans beurteilen.

Domenicali mimte nach dem Weggang von Bautista die beleidigte Leberwurst und zog dessen Ruf als untadeligen Sportsmann in den Dreck.

Bautista hat sich bei diesem Zwist nobel zurückgehalten. Er konnte sich ausmalen: Sein Nachfolger Scott Redding würde auf der Panigale V4R keine 16 Rennen in einem Jahr gewinnen. Tatsächlich eroberte der Engländer, der 2022 im BMW-Werksteam fährt und die Weltmeisterschaft 2020 und 2021 auf den Plätzen 2 und 3 beendete, in 61 Rennen für Ducati 12 Siege und 37 Podestplätze.

Für 2022 kam Bautista zurück zu Aruba.it Ducati, seit vergangenen Sonntag sind sie Weltmeister. Der Spanier bescherte Ducati den ersten Titel in der seriennahen Weltmeisterschaft seit Carlos Checa 2011 und hat seinen Vertrag bereits für 2023 verlängert.

«Im Team gab es nie ein Problem mit Alvaro», betonte Aruba-Chef Stefano Cecconi, der nie ein schlechtes Wort über seinen Star fallen ließ, im persönlichen Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Nicht während der guten Zeiten, und auch nicht während der harten. Es gab keine persönlichen Schwierigkeiten, aber es herrschte Enttäuschung. Wenn ein Fahrer und ein Hersteller nach langer Zeit ohne einen Titel das Gefühl haben, dass es hinhauen kann, dann ist es normal, dass jeder etwas verärgert ist, wenn es nicht mehr läuft. Das war aber kein permanentes Problem, sondern nur ein schlechtes Gefühl in diesem Moment. Sobald wir akzeptiert hatten, dass wir die Meisterschaft verloren hatten, war das vergessen. Wir haben uns damals zusammen einen großen Vorsprung herausgearbeitet – und haben diesen dann zusammen verloren.»

Mit Honda machte Bautista zwei harte Jahre durch, drei dritte Plätze waren seine magere Ausbeute. Deshalb sprang er im Frühjahr 2021 über seinen Schatten.

«Ich traf mich mit Stefano Cecconi und Serafino Foti, ohne Manager», erzählte Bautista nach seinem Titelgewinn auf Lombok. «Ich sagte ihnen, dass ich jetzt ein besserer Fahrer bin, und dass ich weiterhin um Siege kämpfen kann. Ich brauchte ein siegfähiges Motorrad und war damals nicht im richtigen Umfeld. Also fragte ich sie, was sie davon halten, wenn wir erneut zusammenspannen und die Arbeit fortsetzen, die wir 2019 gemeinsam begonnen hatten. Sie sagten, dass es ihnen gleich ginge. Sie brauchten einen Fahrer, der gewinnen kann und glücklich mit dem Team ist, und nicht ständig Bullshit über das Team und das Motorrad sagt. Alles im Leben geschieht aus einem Grund. Nach 2019 gingen wir getrennte Wege – um später zu realisieren, dass wir einander brauchen.»

«Als wir begannen, wieder miteinander zu arbeiten, war von Anfang an alles perfekt», unterstrich der 37-Jährige. «Das ist eines der besten Teams, in dem ich während meiner gesamten Karriere fuhr. Und das Motorrad ist besser als 2019, es ist unglaublich. Als ich im November 2021 in Jerez meine erste Runde fuhr, auf Regenreifen, dachte ich mir: ‚Das ist mein Motorrad‘. Ich genoss es. Dann hatten wir eine erstaunliche Saison, das Bike war während aller Rennen perfekt und das Team arbeitete bestmöglich. Ich fühle mich körperlich und mental stärker als jemals und habe viel aus der Vergangenheit gelernt. Ducati unterstützt uns 100-prozentig. Der Titelgewinn ist die Konsequenz aller Arbeit im Hintergrund. Das Niveau der Meisterschaft in diesem Jahr ist höher als je zuvor, wir haben auf quasi jeder Strecke die Rekorde gebrochen. In so einer Saison zu gewinnen, macht es noch spezieller.»

«Wir sind nicht hier, um das beste Motorrad zu bauen oder das beste Team zu haben», ergänzte Gigi Dall’Igna, General Manager Ducati Corse. «Wir sind hier, um die Meisterschaft zu gewinnen. Alvaro war die beste Wahl, um zu versuchen, die WM zu gewinnen.»


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