MotoGP: Marc Marquez außerirdisch

Ducatis Evolution: Kontrolle statt Kampf

Von Sebastian Fränzschky
Ducati galt lange als Marke für hartgesottene Racer – rohe Power und kräftezehrendes Handling. Dieses Image legt der Hersteller aus Borgo Panigale immer mehr ab, ohne dabei seine Identität aufs Spiel zu setzen.

Ducati war über Jahrzehnte Synonym für kompromisslose Rennmaschinen – faszinierend für Könner, oft einschüchternd für Hobbyfahrer. Brutale V2-Motoren, aggressive Leistungsentfaltung und forderndes Handling machten die Superbikes aus Bologna zu exklusiven Werkzeugen für die Rennstrecke. Doch das Bild hat sich grundlegend gewandelt.

«Auf diesen Bereich hat Ducati in den vergangenen Jahren den Fokus gelegt», erklärte Francesco Milicia, Vizepräsident für den weltweiten Vertrieb von Ducati, beim exklusiven Interview mit SPEEDWEEK.com. Gemeint ist: bessere Fahrbarkeit, mehr Vertrauen, weniger Erschöpfung – auch für nicht-professionelle Piloten.

Sowohl die seriennahen Ableger aus der Superbike-WM als auch die Prototypen aus der MotoGP hatten in der Vergangenheit den Ruf, kompromisslose und schwer zu kontrollierende Motorräder zu sein. Das hat sich in den vergangenen zehn Jahren grundlegend geändert.

Erinnerungen an die Anfangsjahre in der MotoGP mit Casey Stoner

Milicia erinnert: «Unseren ersten MotoGP-Titel holten wir in der Saison 2007. Doch jeder weiß, dass Casey (Stoner) damals zu einem sehr großen Anteil dafür verantwortlich war. Er war der einzige Fahrer, der damals mit der Ducati regelmäßig gewinnen konnte. Dank der tollen Arbeit von Ducati Corse und Testpilot Michele Pirro sind jetzt alle Fahrer in der Lage, Rennen zu gewinnen. Das ist der große Unterschied. Diese Philosophie konnten wir auch auf die Serienmotorräder übertragen.»

Die Transformation zeigt sich deutlich beim Vergleich alter und neuer Superbike-Modelle: «Im Vergleich zu älteren Modellen wie der 998, der 1098 oder 1199 lässt sich feststellen, dass die Panigale V4 sehr sanft ist. Damit eignet sie sich auch für weniger erfahrene Piloten. Unsere Motorräder sind jetzt körperlich weniger anstrengend», vergleicht Milicia.

Ein gutes Beispiel für diese neue Zugänglichkeit: Im Rahmen des V4 Elite Cups in Misano nahm ein 74-jähriger Hobbyfahrer teil – und brachte sein über 220 PS starkes Ducati-Superbike souverän über die Renndistanz.

Ducati-Testfahrer Michele Pirro bestätigt, wie viel Hightech aus der Königsklasse inzwischen in den Serienbikes steckt: «Wir haben die in der MotoGP entwickelten Technologien der vergangenen fünf Jahre in das Serienmotorrad gepackt. Das ist eine unglaubliche Situation, denn die normalen Hobbyfahrer können sehr konstante Rundenzeiten fahren.»

Früher sei das kaum möglich gewesen. «In der Vergangenheit war es schwierig, mit einer Ducati konstant zu sein. Man musste sehr viel Kraft investieren. Es waren körperlich anstrengende Motorräder. Es beeindruckt mich.»

Fortschritt aus Bologna – nicht aus Ingolstadt

Seit 2012 gehört Ducati zur Audi-Gruppe. Doch die Entwicklungsarbeit wird weiterhin von Bologna aus gesteuert. Milicia betont: «Wir hätten in den vergangenen zehn Jahren keinen besseren Inhaber haben können. In der ersten Rede des damaligen Geschäftsführers wurde verkündet, dass das Management in Bologna die Verantwortung trägt und freie Entscheidungen treffen kann. Wir können uns wirklich glücklich schätzen.»

Trotzdem werden Synergien genutzt, etwa beim Testen neuer Entwicklungen: «Wir teilen einige Einrichtungen. Zum Beispiel nutzen wir den Kurs von Porsche in Nardo sehr intensiv, um unsere Motorräder zu testen.»

Dass der Racing-Gedanke zentral bleibt, zeigt sich auch beim Technologietransfer in neue Modelle. «Oft wird vermutet, dass es lediglich einen Austausch zwischen dem Rennsport und dem Panigale-Projekt gibt. Doch das ist nicht so», stellte Milicia klar.

«Das Know-how, das wir in der MotoGP und in der Superbike-WM auf dem Gebiet der Aerodynamik entwickelt haben – jeder weiß, dass Ducati in den vergangenen Jahren im Bereich der Aerodynamik führend war –, konnten wir auch bei Modellen wie der Multistrada V4 anwenden», verweist der Ducati-Manager auf die Entwicklungen beim Windschutz und der zielgerichteten Luftführung um den Fahrer.

Selbst der Einstieg in den Offroad-Bereich kam über den Rennsport: «Wir sind überzeugt, dass der Rennsport die beste Bühne ist, um Motorräder zu entwickeln.» Im kommenden Jahr feiert Ducati sein 100-jähriges Bestehen – mit so viel Rückenwind wie nie zuvor. Milicia bringt es auf den Punkt: «Dem Unternehmen ging es noch nie besser, wir waren noch nie so erfolgreich im Rennsport wie jetzt.»

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