Rückwärts, Herr Doktor, wir fahren voran

Kolumne von Yörn Pugmeister
Abenteuer über Abenteuer für Matthias Kahle bei der Dakar

Abenteuer über Abenteuer für Matthias Kahle bei der Dakar

Die unglaublichen Abenteuer des Dakar-Piloten Mathias Kahle und seines Beifahrers

Dakar- Geschehnisse folgen rasant aufeinander - es scheint immer unwichtiger fest zu halten, an welchem Tag des Raid sie abliefen..Sie sind irgendwie zeitlos, wurden längst Geschichte, obwohl sie sich durchgängig in der Zeitentabelle, in den Platzierungen spiegeln.

Da gibt es den mehrfachen deutschen Rallyemeister, Matthias Kahle. Und seinen Co Dr.Schünemann aus dem Hamburger Software-team. Sie fahren einen Buggy mit Honda- Treibsatz. Sie fahren ihre Nummer 328 gut und wären weiter vorne, als sie nach der 9. Etappe tatsächlich platziert sind: 29. nur, weit hinter ihren Möglichkeiten, wenn man so sagen darf. Entschädigt wurden sie durch Menschliches und Allzumenschliches.

Es war in den Dünen, irgendwo im Sand, der Abend der 5. Etappe hatte begonnen. Die beiden rollten , schlitterten und schlichen durch den Sand, fanden bei Kilometer 392 einen Motorradfahrer auf der Piste. Der glaubte, er müsse sterben dort, glaubte, dass er ein gebrochenes Bein habe und weinte und wollte nicht sterben wie Pascal Terry am 5. Januar. Matthias: „ Wir hielten an, kümmerten uns um ihn. Er sagte, es seien schon viele Autos und Motorradler vorbei gefahren und keiner habe gehalten“. Der Zweiradler war völlig unterkühlt, Wind war nämlich aufgekommen. Schünemann begann zu telefonieren, mit der ASO vor Ort. Der berühmte IRITRACK- Retter funktionierte nicht. Mit dem Hauptquartier in Paris, mit allen Nummern, von denen er sich Hilfe erwarten konnte. Thomas: „ Da habe ich gleich mal 37 Minuten am Satellitentelefon verbraten. Keiner rührte sich.“ Zwar versicherte man ihm, dass der Arztwagen Tango 4 nur sieben Kilometer entfernt stünde, aber es tat sich nichts und die Nacht brach herein.

Heran rodelte ein zweiter Buggy, Carlo Gavardo und Jean Brucy, bewährte Dakar- Füchse. Da keine Hilfe von außen zu erwarten war und sich eine mögliche Weiterfahrt in der Nacht immer kritischer gestaltete, packte man den Verletzten in den Beifahrersitz des Buggy. Brucy meinte, er könne die Maschine des Töff- Piloten fahren, versuchte zu starten und stellte fest, dass der Tank völlig leer war. Also klammerte er sich auf die Türschwelle des Buggy. Zu zweit schaufelten sich die beiden nur Heckgetriebenen über eine Stunde lang durch den Sand – um kurz vor Mitternacht am Ziel festzustellen, dass keiner dort ihre Karte stempeln wollte. Der Raid war abgebrochen worden, weil zu viele Autos in den Dünen steckten. Ergebnis: Das Kahle- Duo und de Gavardo fassten je 200 Strafstunden aus. Die wurden irgendwann gestrichen, stattdessen gab es eine Gutschrift von 10 Minuten für die so menschliche Hilfeleistung. Matthias: „ Wir haben gut zweieinhalb Stunden verloren – wer der Motorradfahrer war, wissen wir nicht. Er hat sich nicht mehr gerührt“. Schünemann empört : „ Verarschen lassen wir uns nicht – da müssen wir noch mit der ASO plaudern“.

Nächste Episode: Kahle & Co unterwegs in der 7. Etappe,Die Strecke war an diesem tag wieder einmal verkürzt worden-wie schon so oft. Die Buggy-Piloten überholten fünf Autos , zogen Alister McRae raus und wechselten einen Reifen. Dann, 68 Kilometer vor dem Ziel, blockierte der Rückwärtsgang. Die Kumpane beschlossen, sich dem Ziel rückwärts zu nähern – meist mit 18 km/ h. Matthias: „ Ich hing auf der Buggy-Kante, der Doc las das Roadbook vor, ich gab Gas mit dem ganz langen Bein.“ Die beiden versuchten, den Spuren der Vorausgefahrenen zu folgen. Thomas: „ In den Serpentinen war es besonders schlimm, wir wollten ja nicht abstürzen“. 18 Kilometer legten sie so zurück. Matthias. „ Ich fürchtete, der zarte Rückwärtsgang würde verrecken, der ist ja für so was nicht ausgelegt. Ich fuhr supervorsichtig, erfuhr aber am Abend , dass ich streckenweise 45 km/ h drauf gehabt hatte“. Irgendwann ließ sich auch wieder ein Vorwärtsgang einlegen – das wackere Duo erreichte das Biwak.

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