Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Der wahre Mehrwert

Kolumne von Marcus Lacroix
Die neue «Kurzanbindung» in Hockenheim

Die neue «Kurzanbindung» in Hockenheim

DTM: Der Streckenumbau in Hockenheim droht zum Schuss in den Ofen zu werden.

Am 22. September werden Mercedes und Audi mit je zwei Autos erstmals die neue, kürzere Streckenvariante des Grand-Prix-Kurses in Hockenheim unter die Räder nehmen – zumindest testhalber. Dann werden wir auch eine bessere Vorstellung davon bekommen, ob das Kappen der langen Geraden zur und von der Spitzkehre weg den propagierten Mehrwert für die Zuschauer ergibt oder ein Schuss in den Ofen wird.

Im Moment befürchte nicht nur ich eher Zweiteres.

Mehr Runden und damit häufigere Vorbeifahrten an den Tribünen sind grundsätzlich mal etwas Erstrebenswertes. 20 Prozent kürzere Strecke heisst 20 Prozent mehr Runden (das wären acht). Wahrscheinlich werden’s sogar ein paar mehr, weil der Volllastanteil und damit auch der Spritverbrauch sinken und bis zur angestrebten Renndauer von 1:10 Stunden beim Saisonauftakt im April noch rund sieben Minuten Luft geblieben waren.

Aber: Zehn Runden mehr können auch zehn Runden mehr Langeweile bedeuten – siehe Brands Hatch. Dort konnte jeder Zuschauer von seinem Platz aus die komplette Action über 98 Umläufe verfolgen, sofern er nicht vorher eingeschlafen war.

Die Leistungsdichte im DTM-Feld ist 2010 brutaler denn je. Alle fahren praktisch gleich schnell, Fahrfehler sind Einzelfälle. Die einzige Stelle auf dem Indy Circuit, wo man mit viel Risiko überholen könnte, ist die Druids-Haarnadel. Die Kurve davor, die Paddock Hill Bend, ist vermutlich eine der geilsten Passagen im gesamten DTM-Kalender. Die Boliden von Mercedes und Audi knallen mit annähernd 200 Sachen rechts um die Ecke, runter in die Senke und dann wieder rauf in Richtung Druids. Das muss man aus der Nähe mal gesehen haben, ein Oberhammer, wirklich!

Um einen Angriff vor Druids vorzubereiten, ist Paddock Hill aber nix. Bei diesem Tempo dort dicht am Vordermann dran zu bleiben, ist ein halbes Himmelfahrtskommando, weil der Abtrieb an der Vorderachse zu einem wesentlichen Teil flöten geht. Und bis man die Fuhre wieder stabilisiert hat, ist schon der Bremspunkt für die Haarnadel da.

Also: Überholen mit dem DTM-Auto auf dem Indy Circuit von Brands Hatch geht unter normalen Umständen nicht. Und es wird auch mit den neuen DTM-Boliden ab 2012 nicht gehen, obwohl die mehr Windschatten produzieren und eine geringere aerodynamische Effizient aufweisen werden als die aktuellen. Da ist man wirklich auf einem guten Weg, wir alle dürfen uns drauf freuen!

Um aber in Brands Überholmanöver zu sehen, müsste man auf dem grossen Kurs fahren. Dass die Apparate dafür zu schnell sind und Sicherheitsexperten angesichts der kümmerlichen Auslaufzonen sofort Alarm schlagen – komplett einverstanden. Dann darf man aber gar nicht mehr in Brands Hatch fahren, sondern sollte es lieber mal in Donington oder Silverstone probieren.

Das DTM-Kochbuch schreibt für packende Positionskämpfe folgende Zutaten vor: enge, schwierige Kurve, lange Gerade, hartes Anbremsen, langsame Kehre. Wie am Norisring. Oder wie bis bisher in Hockenheim. Und dann hat man schon mal eine Überholpassage, wie sie sein soll – und radiert sie einfach weg. Das muss man wirklich nicht verstehen.

Der beste Mehrwert für den Zuschauer ist immer noch eine gute Show!

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