Doping oder Dummheit?
Per Olov Serenius: Nur Bluthochdruck?
Am 4. März wurde Per Olov Serenius wegen Einnahme von unerlaubten Mitteln während oder vor dem Team-WM-Finale in Inzell disqualifiziert (samt des schwedischen Teams) und für die verbleibenden Grands Prix in Berlin und Assen gesperrt.
Serenius gab an, dass er das in seinem Urin gefundene Mittel Hydrochlorothiazid einnehme, weil er an Bluthochdruck leide.
Hydrochlorothiazide sind Diuretika (Blutdruckmittel), die über die verstärkte Ausleitung von Wasser den Blutdruck senken. Sie gelten als maskierende Substanzen, das heisst, Wirkstoffe, die die Anwendung von Dopingmitteln verschleiern, in dem sie dafür sorgen, dass echte Dopingmittel schneller über den Urin ausgeschieden werden, bzw. die Konzentration des echten Dopingmittels im Urin sehr gering wird und bei der Kontrolle kaum mehr nachzuweisen ist.
Hätte Serenius das Mittel im Vorfeld bei der FIM angegeben und den Antrag zur Medizinischen Ausnahmegenehmigung eingereicht, wäre die Einnahme legal gewesen. Die Nationale Doping Agentur (NADA) sagt dazu: «Jeder Sportler ist selbst dafür verantwortlich, dass er seinem Körper nicht unbeabsichtigt eine Substanz zuführt, mit der er positiv getestet werden kann. Er muss sich informieren, wo möglicherweise Dopingfallen lauern.»
Jetzt stellt sich die Frage, ob der Schwede nur nachlässig war und das Mittel tatsächlich gegen Bluthochdruck nimmt, oder ob mehr dahinter steckt. Klären lässt sich das im Nachhinein nicht mehr. Im Zweifel wird für den Angeklagten entschieden.
Im Anti Doping Code der FIM wird grundsätzlich unterschieden zwischen echten Dopingmitteln (sind verboten) und anmeldepflichtigen Substanzen (sind erlaubt, wenn angegeben).
Zahlreiche Fahrer wurden schon gesperrt, weil ihnen Marihuana-Konsum nachgewiesen wurde. Kanabis ist kein leistungsförderndes Mittel, jedoch werden Hemmschwellen herabgesetzt, die im Motorsport entscheidend sein können.
Matten Kröger wurde vor Jahren beim Grand Prix in Marmande disqualifiziert, weil er sein Asthma-Mittel im Vorfeld nicht angegeben hatte. Der Norddeutsche konnte glaubhaft nachweisen, dass er den Spray schon viele Jahre gegen sein Asthma nimmt, seit dieser Angabe bei der FIM darf er ihn auch weiter benutzen.
Viele Rad-Profis leiden, zumindest auf dem Papier, an Asthma, um entsprechende Mittel einnehmen zu dürfen.
Die Auswirkungen von Serenius’ Disqualifikation sind weitreichend: die ganze schwedische Mannschaft wurde disqualifiziert. Aufgrund eines Gentlemen’s Agreements innerhalb der FIM-Bahnsport-Kommission CCP muss der Letzte der Team-WM im darauffolgenden Jahr aussetzen. Anstatt der eigentlich letztplatzierten Niederländer trifft es nun also die Schweden, die 2010 der Schweiz Platz machen müssen. Deutschland bleibt trotz der Disqualifikation von Günther Bauer in der Wertung vor den Schweden, weil nur Bauer, nicht aber das deutsche Team disqualifiziert wurde. Die fünf Punkte von Stefan Pletschacher reichen, um die Deutschen im Bewerb 2010 zu halten.
Im Reglement festgeschrieben ist übrigens nicht, dass der Letztplatzierte ein Jahr zuschauen muss. Darin steht nur, dass die austragende Föderation, 2010 ist das Russland, einen garantierten Platz hat. Gäbe es 2010 mehr als sieben Nationen, die an der Team-WM teilnehmen wollen, müsste das jetzige System geändert werden.