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Niki Lauda-Analyse: Vettel, Ferrari, Hamilton, Bottas

Von Gerhard Kuntschik
Lewis Hamilton und Niki Lauda

Lewis Hamilton und Niki Lauda

​Die Formel 1 ist aus der Pause zurück, in Spa-Francorchamps steht der erste Trainingstag an. Niki Lauda (68), Aufsichtsrats-Chef des Mercedes-Rennstalls, erwartet ein Wettrüsten mit Ferrari bis zum Finale.
Niki, Mercedes wird 2019 in die Formel E einsteigen. Wirst du dann zu deinem 70er der grosse Elektro-Boss?

(Sehr bestimmt) Nein! Ich bin Formel 1 und ich bleibe Formel 1! Der Motorsport ist bei Mercedes die Formel 1. Wenn die Formel E es einmal schafft, ohne Autowechsel ein Rennen zu fahren, wird sie interessant werden – jetzt ist sie für mich uninteressant. Aber der Weg dorthin dauert noch zwei Jahre. Dass sich Mercedes für die Teilnahme an der Formel E entschied, hat nichts mit der Formel 1 zu tun. Dafür wird das DTM-Engagement bekanntlich beendet. Ich finde das richtig, denn für die Entwicklung elektrischer Strassenautos gibt es in der Formel E etwas zu lernen. Da wird es Synergien geben.

Zurück zur Formel 1. Waren eure 800 Mitarbeiter in England in den vergangenen Wochen wirklich alle am Strand?

Sie durften 14 Tage lang nicht arbeiten, die Fabrik war geschlossen. Aber ich besprach am Dienstag in Brackley mit Teamchef Toto Wolff die zweite Saisonhälfte in Sachen Entwicklung und Strategie.

Wie geht Mercedes die zweite Saisonhälfte an?

Mit noch mehr Kontrolle aller Details, drei Mal draufschauen statt zwei Mal. Um technische Probleme möglichst auszuschliessen – wir hatten ja davon schon genug, zwei Mal Getriebe, einmal Motor. Die Standfestigkeit hat absoluten Vorrang. Das zweite Kriterium ist die Weiterentwicklung des Autos. In der Aerodynamik kann immer noch nachgelegt werden. Der Entwicklungswettlauf wird die WM entscheiden. Und zwar zu unseren Gunsten, wenn uns die Standfestigkeit keinen Strich durch die Rechnung macht.

Wie lang dürfen Hamilton und Bottas frei fahren?

Früher war es für uns leicht, dies umzusetzen, weil wir intern die WM ausfuhren und es uns letztlich egal sein konnte, wer gewinnt. Jetzt haben wir Vettel als Gegner und müssen Extremfälle und Unvorhergesehenes berücksichtigen. Ferrari fährt nur für Vettel. Wir werden etwaige kritische Situationen genau abwägen und entscheiden. Aber ich rede jetzt nicht von Stallorder.

Wird sich Hamiltons Korrektheit, Bottas den dritten Platz in Ungarn zurückzugeben, noch auswirken?

Ich gebe zu bedenken: Ich habe eine WM um einen halben Punkt gewonnen und eine andere um einen Zähler verloren! Ich weiss, wovon ich spreche, und hoffe nicht, dass sich Ungarn negativ auswirkt.

Wen begünstigen die kommenden Strecken?

Bis Singapur kommen für Mercedes gute Strecken, sowohl was das Chassis als auch den Motor betrifft. Singapur wird für Red Bull Racing die beste Chance auf einen Erfolg sein. Die entwickeln sich nach vorn, können aber noch nicht überall gewinnen. Da habe ich andere Sorgen. Ferrari wird in Singapur stark sein. Wir arbeiten daran, unsere Probleme auf langsamen Kursen zu lösen. Ferrari hat in langsamen Kurven mehr Abtrieb als wir.

Wird es eng für Mercedes?

Die Frage ist, wie viele Schritte Ferrari nach vorn machen kann. Wenn wir einen machen und die Italiener zwei, wird es schwierig. Wenn es weiter ein Kopf-an-Kopf-Rennen gibt, haben wir gute Chancen.

Was tut sich auf dem Fahrermarkt? Wenig für 2018, einiges für 2019?

2019 ist noch weit weg, das kümmert mich nicht. Wir könnten bald etwas zu 2018 sagen. Ich persönlich bin mit Bottas sehr zufrieden. Ich halte unsere Fahrerkombination für die stärkste, weil Vettel und Räikkönen schwächer sind und Verstappen und Ricciardo zu instabil. Unsere Fahrer sind konstant und bringen Leistung.

Erfüllten die neuen Formel-1-Grossaktionäre von Liberty Media bisher deine Erwartungen?

Ja, man kann bis jetzt nichts kritisieren. Interessant wird, wie es ab 2021 weitergehen wird, mit den Antrieben, mit neuen Teamverträgen. Da werden wir dann wissen, ob Liberty die DNA der Formel 1 verstanden hat und wie die Leute mit uns, den Veranstaltern und Medien weiter kooperieren.

Ist Mercedes-DTM-Pilot Lucas Auer, der kürzlich erstmals für Force India testete, schon Formel-1-tauglich?

Sein Test war nicht schlecht. Die Frage ist, ob er irgendwo eine Chance bekommt. Aber es ist wunderbar, dass wieder ein Österreicher in die Nähe der Formel 1 kommt. Er ist jedenfalls ein grosses Talent.

Sein Onkel Gerhard Berger muss jetzt wegen des Mercedes-Ausstiegs das DTM retten.

Ja, das stimmt. Aber ich halte von Gerhard sehr viel, er wird sich etwas einfallen lassen, damit es positiv weitergeht. Aber seine Situation ist sicher schwierig.

Wärst du der Manager von Alonso, Vettel, Verstappen und Wehrlein, was würdest du ihnen raten?

Gar nix. Alonso hat sich selbst dorthin gebracht, wo er ist. Er verdient bei McLaren viel Geld, woanders konnte er nicht mehr hingehen. Jetzt über den Motor zu jammern ist zu einfach. Verstappen hat ein Topauto erwartet und ist jetzt enttäuscht. Aber auch wenn es Rückschläge ohne seine Schuld gibt, soll er den Vertrag erfüllen. Vettel wird bei Ferrari bleiben. Daher ist er für uns kein Thema. Wehrlein versuchen wir unterzubringen.

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