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Montreal-GP: Auch 2019 ausverkauft, das Erfolgsrezept

Von Mathias Brunner
​​Der kanadische Renn-Promoter François Dumontier darf Früchte seiner Arbeit ernten. Sein Kanada-GP ist bis 2029 gesichert, das Rennen wird erneut ausverkauft sein. Was machen die Québecois richtig?

Es ist schon merkwürdig: Trotz Ferrari haben die Organisatoren des Grossen Preises von Italien in Monza Mühe, die Tribünen zu füllen. Deutschland kann Weltmeister Mercedes-Benz vorweisen, Ferrari-Star Sebastian Vettel und Renault-Ass Nico Hülkenberg, dennoch sind die Zeiten vorbei, als den Hockenheimern die Eintrittskarten fast aus den Händen gerissen wurden. Wieso kommen in Montreal jedes Jahr scharenweise Fans zum Rennen, und in Europa beklagen sich viele Veranstalter über stagnierendes Interesse?

Vielleicht hilft uns ein Blick in die Statistik: Basierend auf Umfragen der letzten Jahre teilt sich die Besuchermasse (beim Rennen rund 110.000 Fans) wie folgt auf: Fast die Hälfte der Fans kommt aus der Provinz Québec (die Hälfte davon wiederum aus dem Grossraum Montreal). Gut 20 Prozent aus dem restlichen Kanada. Weitere 20 Prozent reisen aus den USA an. Nur knapp jeder zehnte Besucher stammt von ausserhalb Nordamerikas.

Ich reise seit 1982 zum kanadischen Grand Prix, und was sich nie geändert hat: Montreal umarmt förmlich die Formel 1. Überall in der Stadt stolpert ein Besucher über Rennsport, ganze Strassenzüge werden gesperrt, um Feste zu feiern und Renn- oder Supersportwagen auszustellen, die Partys in der Rue Crescent sind legendär, laut und lang. Wer in Montreal nicht bemerkt, dass der Formel-1-Zirkus in der Stadt ist, der sollte vielleicht sicherheitshalber seinen Puls fühlen.

Zum Vergleich: Wer in Shanghai weiss schon davon, dass der GP-Tross da ist? Wo sind Rennwagen in den Ramblas von Barcelona? François Dumontier als Promoter hat begriffen: Werbung ist alles. Und Mund-zu-Mund-Propaganda ist die beste Werbung. Die Infrastruktur am Circuit Gilles Villeneuve ist bewährt, die meisten Fans verlassen die Strecke happy – und kommen in den folgenden Jahren zurück.

2016 beschritt François Dumontier einen neuen Weg: Um noch mehr Fans anzulocken, senkte er die Preise, im Schnitt um 15 Euro pro Eintrittskarte. Der Kartenverkauf für 2016 begann extrem früh, wer sich für für ein Ticket entschied, erhielt später ein Rennprogramm gratis hinzu.

François Dumontier hat ebenfalls verstanden: Die Formel 1 hat ein Nachwuchsproblem. Also sind Familienzonen eingerichtet worden, die besonders auf Paare mit Kindern zugeschnitten sind. François Dumontier: «Ich dachte mir – wir müssen es schaffen, unser Produkt den Kindern und Jugendlichen vorzustellen. Denn sie sind die Kunden von morgen.» Damit liegt er genau auf der Wellenlänge von Formel-1-CEO Chase Carey und –Geschäftsleiter Sean Bratches.

Nach dem Formel-1-Abschied von Jacques Villeneuve war Kanada jahrelang ohne GP-Piloten. Dumontier wurde erfinderisch: So organisierte er einen Formel-Ford-Einsatz von Jacques Villeneuve senior, dem Bruder des 1982 tödlich verunglückten Ferrari-Idols Gilles Villeneuve und Onkel des 1997er Formel-1-Champions Jacques Villeneuve. Jacques, der Ältere, bedankte sich als rüstiger Ü60 mit zwei Siegen in der Seniorenklasse und balgte sich zur Gaudi der Fans mit Piloten, die seine Enkel sein könnten.

Lance Stroll, so hofft Dumontier, wird für den Kanada-GP auf Jahre hinaus zum Fan-Magneten. Der Racing-Point-Fahrer hat in den Nachwuchsklassen bewiesen, dass er Rennen und Titel gewinnen kann. Ein GP-Sieger namens Stroll beim Heimrennen in Montreal, das wäre für Dumontier die Krönung seiner Arbeit.

François Dumontier meint: «Klar sind die Fans nicht ganz so verrückt wie damals zur Ära von Gilles und Jacques Villeneuve, aber wir spüren stark, dass Kanada mit Lance Stroll wieder einen Formel-1-Piloten hat.» Zumal einen Jungen aus der Stadt, denn der 20-Jährige stammt aus Montreal.

Dumontier wählt den Vergleich mit Villeneuve vorsichtig: Von der übernatürlichen Fahrzeugbeherrschung Gilles Villeneuves und dem Charisma des früheren Ferrari-Stars ist Stroll meilenweit entfernt. Dumontier weiter: «Ein Kanadier in der Formel 1, das hat das Interesse der Fans frisch angefacht. Leute, den Kontakt zum Sport ein wenig verloren hatten, kehrten ab 2017 zurück. Zudem erschliesst Stroll eine neue Kundschaft, weil er noch so jung ist.»

Beim ersten Heimrennen fuhr Stroll zu einem feinen neunten Platz, 2018 kam er nicht ins Ziel.

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