Tost: «Wir stehen vor grosser Herausforderung»
Franz Tost, Steuermann der Scuderia Toro Rosso.
Die Scuderia Toro Rosso steht vor grossen Aufgaben: Mit dem Sieg von Sebastian Vettel im vergangenen September in Monza, dem sechsten Gesamtrang im Konstrukteurs-Pokal und der stattlichen Bilanz von 39 WM-Punkte hat sich die sympathische Truppe aus Faenza die Latte für die Weltmeisterschaft 2009 ziemlich hoch gelegt. Wir haben uns mit Teamchef Franz Tost unterhalten.
Was war angesichts der neuen Regeln die grösste Herausforderung für Toro Rosso in der Winterpause?
Franz Tost: Die neue Saison wird uns in vielerlei Hinsicht vor einigen Herausforderungen stellen. All die technischen Neuerungen wie Slick-Reifen, KERS sowie das neue Aerodynamik-Paket führen zu einem dickgefüllten Aufgabenkatalog. Ziele kann man erst definieren, nachdem das neue Auto richtig getestet wurde und man einen Überblick über die Performance gewonnen hat. Darauf müssen wir noch warten.
Was hat sich seit Gerhard Bergers Abgang für das Team verändert und was für Sie persönlich?
Franz Tost: Ein Mann wie Gerhard Berger, der so tief mit der Formel 1 verwurzelt ist, hat natürlich dem Team, aufgrund seiner Verbindungen und Beziehungen, immer wieder wertvolle Unterstützung geleistet. Im operativen Geschäft war Gerhard nie involviert, aber er stand den Fahrern und dem Team mit Rat und Tat zur Seite. Er wird uns sicherlich bei einigen Rennen besuchen. Abgesehen davon, dass ich mich immer freute, wenn er zu den Rennen kam, verrichtete er 80 Prozent der Pressearbeit. Ich denke, ich werde ihn manchmal schmerzlich vermissen.
Designer Adrian Newey sagte, dass der Einsatz von KERS gefährlich sei. Stimmen Sie ihm zu?
Franz Tost: Die Formel 1 ist prinzipiell gefährlich. Das Unangenehme an KERS ist die nicht vorhandene Sichtbarkeit des Stroms. Wenn ein Motor kaputt geht, sieht man ein paar Flammen oder zumindest eine Rauchwolke. Beim Strom sieht man gar nichts, dafür spürt man ihn. Meistens ist es dann zu spät.
Was sagen Sie zu Neweys Ausstiegs- beziehungsweise Umstiegsplänen? Können Sie sich Newey als eine Art Teamberater vorstellen?
Franz Tost: Newey hat sowohl letztes als auch dieses Jahr ein extrem konkurrenzfähiges Auto konstruiert. Newey ist wahrscheinlich der kreativste Designer der Formel 1. Ich denke nicht, dass er als Berater den von ihm gewünschten Input einbringen könnte. Da muss jemand das Konzept verstehen, sonst nützt die ganze Beratung nichts. Bevor er alles breit und ausführlich erklärt, macht er das am besten gleich selbst.
Einige erwarten, dass die neuen Regeln das Feld auseinanderziehen, andere dass es zusammenrückt. Wie lautet Ihre Prognose?
Franz Tost: Das hängt unter anderem auch von der Strecke ab. In Barcelona zum Beispiel bringt KERS aufgrund der langen Geraden Vorteile, in Monaco kaum. Das heisst, auf einer schnellen Strecke werden die mit KERS ausgestatteten Fahrzeuge schneller sein. Dadurch ergibt sich ein grösserer Zeitabstand zu den Fahrzeugen ohne KERS. Dies gilt zumindest für das Qualifying. Im Rennen wird ein mit KERS betriebenes Fahrzeug nach dem Start bei einer entsprechend langen Geraden einen Vorteil haben. Jedoch könnte der Fall eintreten, dass durch die unvorteilhafte Gewichtsverteilung, die das Energie-Rückgewinnungssystem mit sich bringt, die Hinterreifen so stark beansprucht werden, dass der Vorteil verloren geht.
Wird das Überholen leichter?
Franz Tost: Die Arbeitsgruppe Überholen hat nach umfangreichen Studien ein Konzept entwickelt, das Überholvorgänge erleichtern soll. Der schmale, aber um 15 cm höher gestellte Heckflügel wird das Sich-an-einen-Gegner-Ansaugen sicher erleichtern. Wie das aber dann in der Praxis alles funktioniert, werden die Rennen zeigen.
Was Franz Tost über die Beschlüsse der Formel-1-Teamvereinigung FOTA und zur Zukunft des Grand-Prix-Sports zu sagen hat, lesen Sie in einem Exklusiv-Interview in der neuen Wochenzeitung SPEEDWEEK 12/2009, erhältlich ab morgen im Zeitschriftenhandel.