50. Todestag des ältesten Motorrad-Weltmeisters «HaPe» Müller
Am 30. Dezember jährt sich der Todestag von Hermann-Paul Müller zum 50. Mal. Er ging mit einem für Motorrad-Rennfahrer biblischen Alter von 45 Jahren als ältester Weltmeister in die Geschichte ein.
Am 21. November 1909 wurde in Bielefeld als Sohn eines Kochs ein Knabe geboren, der als Rennfahrer mit zwei, drei und vier Rädern erfolgreich war und der als ältester Weltmeister in die Geschichte einging – Hermann-Paul Müller. Später wurde er meist nur kurz H.-P. oder HaPe Müller genannt bzw. alternativ dazu «Renntiger».
Während seines Volontariats beim Nähmaschinen- und Fahrzeug-Hersteller Dürkopp in Bielefeld und seiner Zeit auf der Fliegerschule Münster galt sein motorsportliches Interesse ab 1929 zunächst Motorrädern mit Seitenwagen. 1932, im Alter von gerade einmal 22 Jahren, wurde er hierbei erstmals Deutscher Meister, und zwar in der Klasse der 600er-Gespanne mit einer in Nürnberg produzierten Victoria.
Nachdem Victoria seine Rennambitionen einstellte, versuchte sich HaPe Müller wieder als Privatfahrer und wurde Ende 1935 in die DKW-Werksrennabteilung aufgenommen. 1936 wurde er in die Königsklasse bis 500 ccm geschickt, mit dem Ergebnis Vize-Europameister sowie Deutscher Straßen- wie auch Bergmeister.
Nicht unüblich war es damals, dass die Werksrennfahrer parallel auch Geländefahrten bestritten. Diese Disziplin war dem Westfalen aus früheren privaten Versuchen nicht unbekannt, was im Gewinnen einer Goldmedaille bei den Six Days 1936 im baden-württembergischen Freudenstadt mündete.
Am Ende dieses Jahres testete die Auto Union auf dem Nürburgring Nachwuchsrennfahrer für ihre Rennwagenabteilung, auch talentierte Motorradrennfahrer. Einer von ihnen war HaPe Müller, der dabei derart überzeugte, dass er 1937 im 3-Liter-16-Zylinder-Boliden neben Hans Stuck, dem ebenfalls von den Rennmotorrädern gekommenen Bernd Rosemeyer und Ernst von Delius als Nachwuchsfahrer verpflichtet wurde. Sein erster großer internationaler Erfolg war in jenem Jahr ein dritter Platz bei der Coppa Acerbo im italienischen Pescara.
Nach dem tragischen Unfalltod von Bernd Rosemeyer bei Geschwindigkeits-Weltrekordfahrten auf der Autobahn zwischen Frankfurt und Darmstadt (A5) am 28. Januar 1938 wurde HaPe die Nummer 2 im Auto-Union-Rennstall hinter der neuen Nummer 1 Tazio Nuvolari.
In jenem Jahr hatte er beim Großen Preis von Frankreich in Reims einen schweren Unfall und ein Jahr später feierte er ausgerechnet dort seinen einzigen Grand-Prix-Sieg auf vier Rädern. Weitere Heldentaten vereitelte der Anfang September 1939 ausgebrochene Zweite Weltkrieg.
Nach dem Irrsinn baute er sich aus den Resten einer Renn-DKW und einer Kompressor-NSU eine 250er-Rennmaschine, um wieder an Zweirad-Wettbewerben teilnehmen zu können. Mit dieser errang er bei der ersten wieder ausgetragenen Deutschen Motorradmeisterschaft 1947 auf Anhieb den Titel und verteidigte diesen 1948 erfolgreich.
1950 baute das nun in Ingolstadt ansässige neue DKW-Werk eine Rennabteilung auf und verpflichtete zunächst seine Helden der Vorkriegszeit Ewald Kluge, H.-P. Müller und Siegfried Wünsche. Für die größten Erfolge sorgte HaPe, indem er 1950 und 1951 Deutscher Meister der 125-ccm-Klasse wurde.
Danach trat DKW vorübergehend etwas kürzer, sodass HaPe als Halb-Privatfahrer auf einer 125er Mondial und einer 350er Horex recht erfolgreich war. Im Spätsommer 1953 bekam er vom Grafen Agusta das Angebot, beim Großen Preis der Nationen in Monza eine 500er MV-Agusta-Werksrennmaschine zu pilotieren. HaPe bedankte sich mit Platz 6 und einem WM-Punkt.
Trotz seiner mittlerweile 44 Jahre wurde er ab 1954 von NSU als Werksrennfahrer neben Werner Haas, Rupert Hollaus und Hans Baltisberger verpflichtet. Werner Haas wiederholte seine Vorjahreserfolge als Deutscher Meister der Klassen bis 125 und 250 ccm und Hermann-Paul Müller erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen mit dem Gewinn des Deutschen Meistertitels in der 350-ccm-Klasse. Ebenso gewann der Augsburger Werner Haas die WM-Titel in der Achtel- sowie Viertelliter-Kategorie. HaPe Müller steuerte in beiden Klassen zwei dritte WM-Endränge bei.
Ende 1954 zog sich NSU werkseitig vom Rennsport zurück, nicht so jedoch der rüstige HaPe Müller. Wie einige andere Piloten versuchte er sein Glück mit einer 250er Einzylinder-NSU-Sportmax (in Kleinserie gebaute Motorräder für Privatfahrer). Diese erwies sich, wenn überhaupt, nur marginal schlechter als seine Rennmax des Vorjahres.
Mit dieser sorgte er vor allem in der Motorrad-Weltmeisterschaft für Furore. Der erste WM-Lauf der Saison stand für die Viertelliterklasse auf der Isel of Man an. Dabei fuhr HaPe als Dritter aufs Podest. Die anschließende deutsche WM-Runde auf dem Nürburgring konnte er für sich entscheiden und danach in Assen wurde er wieder Dritter. Bei der Vorschlussrunde, dem Ulster Grand Prix bei Belfast in Nordirland, musste er sich mit Rang 6 und nur einem WM-Punkt begnügen. Dieser war auch sein Streichergebnis, denn beim Finale in Monza schob er einen vierten Platz nach, sodass er auf bereinigte 19 WM-Punkte kam.
Damit hatte er zwar weniger als der vermeintliche Weltmeister Bill Lomas aus Großbritannien, doch wirklich entschieden war noch nichts. Erst beim FIM-Herbstkongress wurde über das Vergehen von Bill Lomas bei der Dutch TT in Assen am 30. Juli (Nachtanken bei laufendem Motor) entschieden und der MV-Agusta-Pilot dann erst, ein viertel Jahr später, disqualifiziert.
Damit hieß der 250er-Weltmeister 1955 Hermann-Paul Müller, der somit im rückwirkend betrachtet biblischen Rennfahreralter von 45 Jahren und 287 Tagen der älteste Motorrad-(Straßen-)Weltmeister der Geschichte wurde.
Danach beendete er seine Rennkarriere, bestritt aber 1956 für NSU zusammen mit Wilhelm Herz noch die Weltrekordfahrten auf dem Bonneville Salt Flats im US-Bundesstaat Utah. Mit dem «Baum‘schen Liegestuhl» holte er dabei drei Weltrekorde.
Am 30. Dezember 1975 verstarb Hermann-Paul Müller in seiner neuen Heimat Ingolstadt nach einer Krankheit im Alter von nur 66 Jahren.
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