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Ferrari-Star Gilles Villeneuve: Der Mann ohne Grenzen

Von Mathias Brunner
​Am 8. Mai 1982 hörte ein grosses Kämpferherz auf zu schlagen: Gilles Villeneuve kam bei einem Unfall im Training zum Grossen Preis von Belgien ums Leben. Die Faszination für den Kanadier ist ungebrochen.

Vor genau 38 Jahren verglühte der Rennkomet Gilles Villeneuve: Der Kanadier wollte die Qualifikationszeit seines verhassten Ferrari-Stallgefährten Didier Pironi unterbieten, Gilles lief auf den March von Jochen Mass auf, der Deutsche zackte zur Seite, um Platz zu machen, aber diese Linie hatte bereits Villeneuve gewählt. Das Unvermeidliche geschah. Ein grosses Kämpferherz hörte auf zu schlagen.

Der langjährige Ferrari-Präsident Luca Cordero di Montezemolo sagt: «Gilles Villeneuve war einer der ganz Grossen. Was er auf der Rennstrecke gezeigt und wie er sich abseits der Pisten verhalten hat, dafür haben ihn nicht nur Ferraristi geliebt. Er war mit unerschöpflichem Mut ausgerüstet, ein Mann ohne Grenzen.»

Die Faszination für den kleinen grossen Mann ist bis heute ungebrochen. Grand-Prix-Sieger Johnny Herbert sagte mir: «Für mich war er der Grösste. Ihn interessierte nur eines – auf die Rennbahn hinausfahren und von allen der Schnellste sein. In jeder Runde. Ich hatte immer den Eindruck, Siege oder gar ein WM-Titel waren für ihn zweitrangig. Er wollte einfach nur die Gegner in Grund und Boden fahren.»

Kurios: Als McLaren und Ferrari auf das Talent von Villeneuve aufmerksam wurden, war Gilles schon 27 Jahre alt – in dem Alter sind einige Fahrer der GP-Moderne schon längst aussortiert worden! Also machte sich Villeneuve einfach zwei Jahre jünger und schummelte mit seinem wahren Geburtsdatum. Die Sorge von Villeneuve, vielleicht aufgrund seines Alters keinen Platz zu finden, war unbegründet: Seine Begabung war so atemraubend, dass sich niemand für das wahre Alter von Gilles interessierte.

In Italien wird er bis heute verehrt wie vor ihm nur Tazio Nuvolari, auch der Italiener ein Derwisch hinter dem Lenkrad.

Vielleicht gründet die Faszination der Fans auch darin, dass sie verstanden haben, was Johnny Herbert so formuliert: «Unvergessen, wie Villeneuve nach einem seiner zahlreichen Abflüge mit ramponiertem Ferrari weiterfuhr, ständig fielen Teile von seinem Ferrari ab, an die Box kam er mit einem veritablen Dreirad, die Mechaniker schlugen die Hände über dem Kopf zusammen. Gilles hat derweil gefordert, man möge ihm gefälligst frische Reifen geben, damit er weiterfahren könne. Er wusste überhaupt nicht, dass sein Auto so kaputt war. Gewiss gibt es erfolgreichere Rennfahrer, aber es hat bestimmt nie einen grösseren Racer gegeben als Gilles Villeneuve.»

Jacques Villeneuve hat vollendet, was seinem Vater verwehrt blieb: Er wurde Formel-1-Weltmeister. Der jüngere Villeneuve zeigte 2018 einen der emotionalsten Momente jener GP-Saison: Er durfte auf der Montreal-Rennstrecke, die den Namen seines Vaters trägt, den 1978er Ferrari fahren, jenen Ferrari 312T3 also, mit dem sein Papa 40 Jahre zuvor zum Sieg beim Grossen Preis von Kanada gefahren war. Als das Ferrari-Idol damals die Ziellinie des Kanada-GP kreuzte, flippten die Zuschauer komplett aus: Der kleine Ferrari-Pilot war über sich hinausgewachsen – ganz untypisch für ihn hatte er Geduld bewiesen. Eigentlich hätte Jean-Pierre Jarier im Lotus gewinnen müssen, doch der französische Ersatzfahrer des im September 1978 verstorbenen Ronnie Peterson wurde von der Technik seines Renners im Stich gelassen. Gilles Villeneuve ging in Führung und behielt die Nerven. Es passte zu diesem verrückten Grand Prix, dass bei seiner Zieldurchfahrt Flocken fielen!

Gilles Villeneuve sagt: «Mit den Jahren haben die Leistungen meines Vaters für mich eine neue, tiefere Bedeutung erhalten. Denn ich konnte immer wieder sehen, wie sehr er die Menschen durch seine Fahrweise und seinen Charakter berührt hat.»

Auf die Frage, wie sich der Ferrari anfühlte, lachte der elffache GP-Sieger: «Als würdest du in einer Sardinenbüchse sitzen! Es ist ein wenig beunruhigend – wenn die Karosserie abgenommen wird, dann sitzt du so gut wie im Freien. Du hast als Schutz nur etwas Plastik. Und doch bin ich vom damaligen Stand der Technik beeindruckt.»

«Ich bin Linksbremsen gewohnt. Aber im T3 geht das nicht, weil die Lenksäule zwischen den beiden Füssen verläuft. Es war eine tolle Erfahrung und ein schöner Knicks vor dem Erbe meines Vaters. Ich habe im Laufe der Jahre schätzen gelernt, was er den Menschen bedeutet. Es erfüllt mich mit Stolz, wie warmherzig sich die Fans an ihn erinnern.»

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