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Zwei Serien braucht kein Mensch!

Kolumne von Guido Quirmbach
Ferrari und FIA passt derzeit nicht zusammen.

Ferrari und FIA passt derzeit nicht zusammen.

Wird es wirklich eine neue Serie geben? Eigentlich spricht alles dagegen!

Nun machen die Hersteller also ernst, aus der Drohung der neuen Rennserie ist eine Ankündigung geworden. Die besten Marken mit den besten Fahrern der Welt sollen um einen neuen Titel fahren, der weit mehr Wert haben soll, als der des Formel 1-Weltmeisters im kommenden Jahr.

Damit geht aber das Problem schon los. Formel 1 darf sich die neue Serie nicht nennen, Formel 1+ sicher auch nicht. Auch der Begriff «Weltmeisterschaft» darf nicht verwendet werden, da hat die FIA die klare Hoheit im Motorsport. Also muss ein neuer Name her. Den Marketing-Strategen wird sicher noch ein einprägsamer Name einfallen, der nicht geschützt ist, solange nennen wir die Serie mal «TBA-Masters». (TBA = to be announced= wird noch bekanntgegeben)

Nun müssen die Hersteller, die ja den Sport nicht als Sport, sondern als Marketing-Instrument betrachten, dem Otto Normalverbraucher klar machen, dass nicht mehr die Formel 1 das höchste der Gefühle im Motorsport ist, sondern die «TBA-Masters». Einem Markennamen, der für die Spitze im Motorsport genauso steht wie «Tempo» im deutschen Sprachgebrauch für Papiertaschentücher. Denn sonst ist es witzlos, der Aufwand rechtfertigt sich nicht, wenn der einfache Bürger auf der Strasse nicht versteht, dass dieser Titel mehr Wert hat als der eines Formel 1-Weltmeisters. Das geht, aber dieser Prozess dauert weit mehr als nur ein Jahr und kostet unglaublich viel Geld. Fast 60 Jahre Geschichte der Formel 1 müssten im Bekanntheitsgrad durch die «TBA-Masters» kompensiert werden. Und zwar kurzfristig!

Gleichzeitig gibt es ja die Formel 1 weiter. Williams wird wohl keine Toyota-Motoren mehr erhalten, aber Cosworth wird schon liefern. Und wenn nicht Cosworth, dann jemand anders. Gleiches gilt für Force-India. Und dann ist da noch Prodrive, die derzeit noch auf der Warteliste stehen, aber, sollte es wirklich zur Abspaltung kommen, sicher einen Formel 1-Platz bekommen. Und wird das Team um David Richards dann wirklich als Prodrive auftreten, oder nennt man sich einfach „Aston Martin?“ Denn die Partnerschaft mit dem Traditionshersteller gibt es schon sehr lange, zuletzt in Le Mans.

Dann könnte Ende 2010 die Situation entstehen, dass plötzlich Aston Martin die Formel 1-WM gewonnen hat und deren klassischer Wettbewerber bei den Strassen-Sportwagen Ferrari die «TBA-Masters». Die FIAT- und Ferrari-Verantwortlichen würden sich schütteln vor Wut. Denn Aston Martin hätte ziemlich billig einen Titel gewonnen, den selbst in einem peruanischen Bergdorf jedes Kind kennt. Ferrari hätte etwas gewonnen, was bis auf die Rennsport-Insider bis dahin kaum jemand kennt und sich kaum gleichwertig vermarkten lässt. Zumindest noch nicht 2010 und auch noch nicht in den ersten Folgejahren.

Wo soll denn die «TBA-Masters» fahren? Auf den ersten Blick kein Problem, Rennstrecken mit entsprechendem Standard gibt es genug. Beim zweiten Hinsehen wird es schon komplizierter. Denn die FIA hat Abtrünnige in der Vergangenheit nie gut behandelt, deren Unterstützer auch nicht. Eine Rennstrecke, welche die «TBA-Masters» beherbergt, wird so schnell kein Prädikatsrennen mehr erhalten, zumindest einmal kein internationales. Eine zukunftsorientierte Strecke, wo Rennsport auch langfristig der Mittelpunkt sein soll, sollte es sich also gut überlegen, was sie tut.

Ähnliches gilt für die Fernseh-Rechte. Wer die «TBA-Masters» überträgt, kann sich abschminken, je noch mal eine FIA-Serie übertragen zu dürfen, selbst wenn sie noch so viel Geld bieten. Allerdings kommen und gehen auch genug Sender, dies dürfte eher ein zweitrangiges Problem sein. Es wird sich eher die Frage stellen, welcher Normalverbraucher für die «TBA-Masters» einschaltet.

Kein Problem sind die Zuschauer. Das ganze wird ähnlich wie in der DTM laufen, neben den Hardcore-Fans bieten die Hersteller Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern günstige oder kostenlose Tickets an. Die Hütte wird anfangs schon voll werden. Ob diese Besucher verstehen, worum es geht, oder sogar wiederkommen, sei allerdings dahingestellt.

Reifen braucht es auch noch. Wer wird sie liefern? Bridgestone sicher nicht, solange sie vertraglich an die Formel 1 gebunden sind. Michelin hat an Einheitsserien auf diesem Niveau kein Interesse. Bei Avon hat Ecclestone die Finger drin. Bleibt Goodyear/Dunlop oder eine der Firmen, die erst versuchen, im Motorsport Fuss zu fassen wie zum Beispiel Hankook.

Machbar ist das alles schon, wie gesagt, allerdings mit wahnsinnig hohen Summen verbunden. Und auch nur, solange niemand nachrechnet, welchen Aufwand und Nutzen die «TBA-Masters» bringt. Dann ist der Spuk nämlich schnell vorbei. Denn wenn die Formel 1 so schlecht gewesen ist, wären nicht die Budgets in den letzten Jahren so explodiert. Irgendwie muss sich dieses ungehemmte Geldausgeben ja gerechnet haben, sonst hätten es Ferrari, Mercedes, Toyota, BMW usw. ja nicht getan. Allerdings waren diese Budgets immer an einen der hochwertigsten Markennamen schlechthin gekoppelt, nämlich Formel 1. Es ist sehr zu bezweifeln, ob sich dies bei einer «TBA-Masters» auf absehbare Zeit rechnet.

Und die Formel 1? Sie wird vielleicht im nächsten Jahr kleinere Brötchen backen. Wahrscheinlich gibt es weniger Teams, Ecclestone wird Zugeständnisse an die Strecken machen müssen. Es werden weniger Zuschauer vor Ort sein. Doch wie lange? Wenn Ecclestone etwas trickst, sitzt eine Mexikaner in einem Auto und sie fahren vor 200.000 Zuschauern in Mexico-City. Was ist, wenn Epsilon-Euskadi oder Campos plötzlich Partnerschaften mit Peugeot oder Subaru (Namen rein zufällig) eingehen? Es gibt noch ausserhalb der in der FOTA engagierten Hersteller weitere Marken, die dann so billig wie nie auf den Formel 1-Zug aufspringen können. Und die Saison kostet noch nicht mal mehr als (immer noch wahnsinnige) 45 Mio. $. Spätestens wenn der erste Markt-Wettbewerber eines FOTA-Mitgliedes anfängt, aus der Formel1 Kapital zu schlagen, ist die Eintracht dort vorbei.
 
Vielleicht braucht die Formel 1 nur ein bis zwei Jahre Geduld. Und könnte die Zeit zusätzlich nutzen, auf halbwegs vernünftige Budgets herunter zu schrumpfen.

Apropos FOTA: Noch nicht einmal diesen Namen könnte die Hersteller-Vereinigung behalten, denn mit der Formula One hat die Team Association ja dann nichts mehr zu tun.

Eigentlich gibt es nicht Unlogischeres als eine neue, alternative Serie zur Formel 1. Dies wissen auch die Verantwortlichen. Wahrscheinlich ist alles nur eine Sache persönlicher Egos. Auf beiden Seiten. Aber ähnliche Egos haben die Welt auch in eine Wirtschaftskrise gestürzt, deshalb bräuchte man sich auch nicht wundern, wenn es doch so kommen wird.

Dennoch mag ich noch nicht so recht an zwei Serien 2010 glauben. Denn das braucht wirklich kein Mensch!

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