Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Pat Symonds: Michael Schumacher, der geborene Leader

Kolumne von Mathias Brunner
Pat Symonds mit Michael Schumacher anfangs der 90er Jahre

Pat Symonds mit Michael Schumacher anfangs der 90er Jahre

Williams-Technikchef Pat Symonds hat bei Benetton und Renault mit den beiden Formel-1-Champions Michael Schumacher und Fernando Alonso gearbeitet. Er vergleicht die Weltmeister.

Patrick Bruce Reith «Pat» Symonds ist mit seinen 62 Jahren ein Formel-1-Urgestein – zusammen mit Teambesitzer Ted Toleman stieg er anfangs der 80er Jahre von der Formel 2 in den Grand-Prix-Sport hoch, aus Toleman wurde Benetton, bei Benetton war Pat bei den ersten zwei WM-Titeln von Michael Schumacher dabei. Aus Benetton wurde Renault, hier, nunmehr als leitender Ingenieur, betreute Symonds Fernando Alonso bei dessen beiden Titeln. Heute arbeitet der Engländer als Technikchef bei Williams und erinnert sich so an die beiden Ausnahmekönner Schumacher und Alonso.

Pat, wo siehst du Gemeinsamkeiten zwischen dem Deutschen und dem Spanier?

Beide hatten eine vorbildliche Arbeitsethik, einen ausgeprägten Sinne für Details, ein überaus grosses Selbstbewusstsein. Beide arbeiteten mit ihren Technikern unheimlich eng zusammen. Aber für mich sticht das Selbstwertgefühl heraus. Sie wussten genau, dass sie Siegertypen sind, es wäre ihnen überhaupt nicht in den Sinn gekommen, eine Niederlage in Betracht zu ziehen. Diesen tiefen Glauben an die eigenen Fähigkeiten, das ist für mich ein Zeichen aller grossen Fahrer.

Wo hatte Fernando gemessen an Michael Defizite?

Michael konnte einfach unglaublich gut mit Menschen umgehen. Er ist einer der nettesten Kerle, die ich je in diesem Sport getroffen habe. Ich halte die grössten Stücke auf ihn. Seine Mitarbeiter waren ihm wirklich wichtig, er kannte jeden. Wenn er in meiner Nachbarschaft leben würde, dann wäre das mein besten Freund.

Fernando waren die Menschen nicht ganz so wichtig, er kannte auch nicht alle. Er stand einigen nahe, aber nicht so wie Michael. Schumacher wusste, dass er das ganze Team hinter sich hat. Alonso schätzte ab – wenn ihm jemand zu helfen wusste, dann war er nett ihm ihm. Wenn er nicht helfen konnte, dann war es ihm einerlei.

Was sagt uns das über die Qualitäten als Team-Leader?

Ich habe nur zwei Fahrer erlebt, die ein Team wie ein Mann hinter sich scharen konnten – das waren Michael Schumacher und Mark Webber. Sie hatten einfach diese ganz besondere Persönlichkeit, sie wurden von allen gemocht, also zerrissen sich die Mitarbeiter förmlich, um ihnen zu helfen. Fernando war ein guter Leader, weil ihn alle respektierten, aber so begeisternd wie Michael war er nie.

Wie stand es um die Fähigkeiten als Racer?

Das waren sie sich ziemlich ähnlich. Beide waren in der Lage, immer etwas Besonderes, immer dieses kleine Extra-Mehr aus sich herauszuholen, wenn es um die Wurst ging. Wir waren in der Zeit der Spritrennen zwischen den Tankstopps, und wenn Ross Brawn auf den Funk ging und Michael sagte, was er von ihm braucht, dann wussten wir, dass Michael Runde um Runde um Runde genau dies tun würde. Fernando kann das ebenfalls.

Beide sind auch überragend darin, ein Rennen sozusagen zu lesen. Sie können sich gewissermassen vom reinen Fahrern mental abkoppeln und haben Reserven, um über den Rennverlauf nachzudenken. Ich kann mich an ein Rennen in Kanada erinnern, als Fernando fast eine ganze Runde lang über Funk am Reden war – und das war seine schnellste Rennrunde! Also, wenn ich im Auto bin und einen Anruf erhalte, dann fahre ich als erstes mal gewiss langsamer. Ihn schien das nicht weiter zu stören. Dieses Plus an geistiger Kapazität hebt sie von den Gegnern ab. Sie erinnerten sich auch an alles.

Sprechen wir hier von einer Art photographischem Gedächtnis?

Nein, das meine ich nicht. Ein Mensch mit photographischem Gedächtnis kann alles abrufen, was er aufgenommen hat, aber das bedeutet noch nicht, dass er aus diesen Informationen die richtigen Schlüsse zieht. Sowohl Fernando als auch Michael hatten sehr viele Daten zur Verfügung, sie wussten mit diesen Informationen umzugehen, zu sortieren, das ist wichtig, das ist nicht so relevant, und dann zogen sich die korrekten Schlüsse daraus, in welche Richtung zu gehen ist. Das Analysieren ist das Wichtige, nicht das Erinnern.

Ein Mensch mit photographischem Gedächtnis wird später wissen, dass dieser Tisch hier weiss ist und wie die Blumen aussahen, die darauf standen. Fernando und Michael würden dir erklären, warum der Tisch weiss ist und aus welchen Gründen diese Blumen ausgesucht worden waren.

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