KTM-Chef Stefan Pierer: Zum «Mann des Jahres» gekürt

Von Günther Wiesinger
Stefan Pierer will KTM bis 2020 zum drittgrössten Sportmotorradhersteller der Welt machen. Der Steirer hat die Stückzahlen von 1992 bis heute von 6000 auf 160.000 erhöht.

Das renommierte österreichische Wirtschaftsmagazin «trend» hat den KTM-Vorstandsvorsitzenden Stefan Pierer (58) zum «Mann des Jahres» erkoren.

Pierer hat KTM nach dem Konkurs zu Weihnachten 1991 übernommen, im ersten Jahr wurden 6000 Motorräder verkauft – bei 150 Beschäftigten.

2013 erzeugte KTM 133.000 Motorräder, damit wurde ein Rekordgewinn von 50 Millionen Euro erzielt und ein Umsatz von 750 Millionen erwirtschaftet.

Im Vorjahr stellte KTM 160.000 Motorräder her, der Umsatz kletterte auf 830 Millionen, die Anzahl der KTM-Mitarbeiter stieg auf 2000.

«Für 2015 peilen wir die Milliardengrenze an», lautet die Zielsetzung von Pierer, der gern Klartext redet und zum Beispiel beim Valencia-GP 2013 klarstellte: «In Meisterschaften wie der Moto3-WM müssen sich die Japaner gegen uns warm anziehen.»

KTM belegte in der Moto3-WM 2013 mit Vinales, Rins und Salom die ersten drei Plätze.

Aber Pierers Erfolgsstory in Orange bekam trotz des unbestreitbaren Aufwärtstrends in den letzten Jahren auch ein paar Schrammen. Das 2005 durchgeführte Joint Venture mit dem amerikanischen Quad-Hersteller Polaris scheiterte und wurde 2007 aufgelöst. Der Einstieg ins Vierradgeschäft mit dem X-Bow verschlang rund 50 Millionen an Entwicklungskosten, die Stückzahlen blieben überschaubar. Der «trend» bezeichnet dieses Projekt als «gigantischen Flop». Denn die erhoffte jährliche Stückzahl von 1000 Exemplaren wurde nicht einmal in den sieben Jahren seit 2007 zusammen verkauft.

Pierer hatte aber 2007 triftige Gründe, als er sich dem Vierradbereich zuwandte. «Die Anzahl der Teenager, die einen Motorradfahrerschein machen, sinkt. Deshalb müssen wir unser Angebot und unsere Palette ausweiten», lautete seine Begründung für den Bau des unpraktischen, zweisitzigen X-Bow-Flitzers – ohne Dach und ohne Gepäckraum.

2008: Krise machte KTM zu schaffen

Die weltweite Wirtschaftskrise 2008 führte bei KTM zu einem jähen Verkaufseinbruch in den Jahren 2008 und 2009, es standen Tausende unverkaufte Motorräder herum, nur eine Bürgschaft des Landes Oberösterreich rettete KTM vor dem Untergang. «Landeshauptmann Pühringer und das Land Oberösterreich haben uns mit der Haftung bei der Refinanzierung einer Anleihe das Leben gerettet», ist sich Pierer bewusst.

Stefan Pierer schloss 1982 sein Betriebs- und Energiewirtschaftsstudium als an der Montanuniversität Leoben ab, er stieg dann als Vertriebsassistent bei der Heizkesselfirma Hoval ins Berufsleben ein.

1987 gründete er mit Partnern die Cross-Holding, er galt als Sanierer und hauchte zu Beispiel Firmen wie Eternit und Koflach-Schischuhe neues Leben ein.

In der Krise 2008 bewährte sich Pierer im eigenen Unternehmen als gelernter Sanierer. Er kürzte die Rennbudgets drastisch, er setzte überall den Rotstift an – und schaffte in kurzer Zeit den Turnaround.
Ein wichtiger Grundstein für die rosige Zukunft der orange-farbenen Marke bildete die Partnerschaft mit dem indischen Industriellen und Massenfertigers Rajiv Bajaj, der vier Millionen Zwei- und Dreiräder im Jahr herstellt und über seine Firma «Bajaj Auto» zu 48 Prozent an der KTM AG (Motorräder) beteiligt ist.

Bei Bajaj wurden 2014 bereits 60.000 KTM-Motorräder gefertigt, verschiedene Modelle (Duke und RC) mit 200 und 390 ccm, sie sind für Märkte in Schwellenländern wie Malaysia, Indonesien und Kolumbien vorgesehen und haben die KTM-Palette nach unten erweitert.

1991: Kaufpreis 4 Millionen, Börsenwert jetzt 1,4 Milliarden

Stefan Pierer hat die insolvente Firma KTM 1991 zu einem Preis von knapp 4 Millionen Euro gekauft und daraus in 23 Jahren einen Konzern im Börsenwert von 1,4 Milliarden gemacht. Allein im Jahr 2014 stieg der Börsenkurs der KTM-Aktie um 116 Prozent.

Bei KTM hat der gelernte Sanierer Stefan Pierer seine Bestimmung gefunden, diese Marke liegt ihm am Herzen, im Innviertel hat er sich zum erfolgreichen (aber immer noch rastlosen) Unternehmer gewandelt, während er in seiner «Start-up-Phase» darnieder liegende Unternehmen billig kaufte, umstrukturierte, aufpäppelte und danach teuer wieder verkaufte.

«Ich war eine klassische kleine Heuschrecke», räumte Pierer im trend-Interview selbstkritisch – und leicht amüsiert – ein.

Das Image des Pleitegeiers hat Pierer längst abgeschüttelt, seine strategische Planung kommt heute auch Firmen wie Pankl Racing, WP Suspension, Durmont Teppichbodenfabrik GmbH und Wethje Carbon Composite Bauteile) zugute.

In der Vergangenheit machte sich Stefan Pierer gern über die strategischen Fehler von Aprilia und BMW lustig. Heute verliert er über diese Wettbewerber keine Silbe mehr. Der erfolgreiche Steirer hat längst die Japaner im Visier.

«Je älter ich werde, desto vorsichtiger werde ich», betont Pierer trotzdem. «Die Hälfte meiner Risikofreude ist mir schon verloren gegangen.»

Das hinderte den Visionär Pierer allerdings nicht, sich 2013 (von BMW) die Marke Husqvarna einzuverleiben und für 2017 den Einstieg in die MotoGP-WM anzukündigen.

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